Unter Druck:Schweinehalter in Schockstarre nach Importstopp

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Die neue Koalition will Prüf- und Zulassungsverfahren für Stallsysteme und Betäubungsanlagen einführen. (Foto: Niels P. Joergensen)

Wegen der Folgen der Schweinepest beklagen Landwirte im Landkreis schon jetzt Umsatzeinbußen. Metzger wollen den Betrieben nun helfen

Von Eva Waltl

Dachau Der Importstopp von deutschem Schweinefleisch in Ländern wie China und Südkorea bringt Landwirte im Landkreis in die Bredouille. Hiesige Schweinehalter spüren bereits die Folgen der sogenannten Schweinepest. "Der Preis pro Kilo ist diese Woche um 20 Cent gesunken, weitere Preissenkungen sollen angeblich folgen", beklagt Michael Schweiger, Schweinehalter aus Hilpertsried. Der frühere Preis von 1,47 Euro pro Kilo Schlachtgewicht sei ohnehin "nicht so üppig" gewesen, so Schweiger: "Aber Schweinefleisch für 1,07 Euro pro Kilo kann man nicht produzieren." Diese Meinung teilt auch Veronika Eisenhofer, Schweinehalterin aus Welshofen. Umsatzeinbußen bemerke sie bereits jetzt.

Neben den Preisen geraten auch die Arbeitsprozesse der Landwirte ins Schwanken: "Das Wildschwein in Brandenburg hat bei mir auch Auswirkungen auf den zeitlichen Ablauf", betont Schweiger. Sein Betrieb umfasst etwa 90 Zuchtschweine, insgesamt leben rund 1200 Tiere auf seinem Hof. Ferkel werden geboren, gemästet und dann dem Metzger übergeben. "Alle drei Wochen kommen Ferkel zur Welt, platzmäßig wird es jetzt eng", ergänzt Schweiger. Die Kapazitäten auf dem Hof sind begrenzt. Der Schweineabsatz sinkt, deshalb wisse er nicht, wann "seine Schweine zum Schlachthof kommen".

Das Problem: Schlachtreife Schweine können nicht vermarktet werden und folglich sinkt der Preis. Preisschwankungen von wenigen Cent seien zwar laut Eisenhofer normal, aber nicht in diesem Ausmaß. Darauf habe auch der Landkreis keinerlei Einfluss, so Wolfgang Reichelt vom Landratsamt Dachau. Er appelliert an die Bürger, "beim ortsansässigen Metzger zu kaufen".

Die Unsicherheit der Landwirte ist groß. Die afrikanische Schweinepest ist laut Veterinäramt Dachau für den Menschen ungefährlich, für Wild- und Hausschweine aber tödlich. Es handelt sich um eine "hoch ansteckende Viruserkrankung", die auch über größere Entfernungen hinweg durch kontaminierte Lebensmittel verbreiten werden könne, informiert das Veterinäramt Dachau. Auch die Metzgerinnung Dachau-Freising teilt mit, dass die afrikanische Schweinepest für "Menschen und andere Tiere vollkommen ungefährlich" sei. Simon Sedlmair vom Bayerischen Bauernverband (BBV) äußert sich froh, dass die afrikanische Schweinepest bis jetzt noch nicht in der Nutztierhaltung angekommen sei. Dies sei seine größte Angst, denn dann würde innerhalb einer Woche der ganze Betrieb betroffen sein. "Für die Schweinebetriebe ist es dann ein ganz großes Problem", so Sedlmair.

Das Veterinäramt Dachau empfiehlt zur Vermeidung einer Ausbreitung die "strikte Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen", dies gelte als wichtigste Vorsorge. Beim Familienbetrieb Eisenhofer hält man sich längst an die Vorschriften: Fremde Personen dürften nicht in den Stall, Schutzkleidung werde getragen. "Mehr kann man zum Schutz der Tiere nicht machen", so Veronika Eisenhofer. Die bayrischen Handwerksmetzger versuchen nun, Landwirte zu unterstützen und wollen sich nicht an einer "Preisspirale nach unten" beteiligen. Auch Landwirt Schweiger betont den regionalen Zusammenhalt: "Hier lässt niemand den anderen im Regen stehen." Die Metzgerein hätten aus Loyalität vorerst die Preise eingefroren, so der Schweinehalter. Das scheint aktuell zu funktionieren. Bei der Metzgerei Forche in Markt Indersdorf bemerkt man noch keine Veränderung im Kaufverhalten der Kunden und auch keine Umsatzeinbußen bei Schweinefleisch. Chef Herbert Forche sagte, er beziehe sein Fleisch "ausschließlich regional".

Besonders die Zukunft macht den landwirtschaftlichen Betrieben im Landkreis Angst. BBV-Sprecher Seidlmair betont: "Man ist nie wirklich sicher." Die Landwirte würden sich noch "in einer Schockstarre" befinden, so Michael Schweiger: "Keiner weiß, was Sache ist." Veronika Eisenhofer ist dennoch optimistisch. Sie hoffe, dass sich keine weiteren Tiere infizieren, sagt sie, und dann auch die Sperren wieder aufgehoben werden.

© SZ vom 21.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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