Schwabhausen:Initiative gegen Gewerbegebiet will Stetten retten

Schwabhausen: Christoph Forstner von der Bürgerinitiative "Stetten retten" hält nichts von den Plänen, auf dem Acker hinter ihm ein Gewerbegebiet auszuweisen.

Christoph Forstner von der Bürgerinitiative "Stetten retten" hält nichts von den Plänen, auf dem Acker hinter ihm ein Gewerbegebiet auszuweisen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Im Schwabhausener Ortsteil Stetten protestieren Bürger gegen die Ausweisung eines Gewerbegebiets. Zu viel Verkehr, unnötige Versiegelung lautet ihre Kritik. Der Gemeinderat nimmt sich die zwar zu Herzen, hält aber weiter an den Plänen fest.

Von Jacqueline Lang und Alexandra Vettori, Schwabhausen

Seit im vergangenen Jahr bekannt geworden ist, dass der neue Flächennutzungsplan für Schwabhausen auch ein neues Gewerbegebiet im Ortsteil Stetten vorsieht, regt sich bei Anwohnern Widerstand. Die Initiative "Stetten retten", die sich daraufhin formierte, hat jüngst 378 Unterschriften an Bürgermeister Wolfgang Hörl (Bürgerblock Arnbach) übergeben. Der nahm sich die Kritik zu Herzen und hat in einer mehrstündigen Bau- und Umweltausschusssitzung am Dienstagabend zugesichert, dass ein Gewerbe-Entwicklungskonzept, das gemeinsam mit dem Planungsverband "Äußerer Wirtschaftsraum München" gerade für Schwabhausen erarbeitet wird, zeitnah vorgestellt werden soll. Hörl erhofft sich, die Bedenken dadurch zerstreuen zu können.

Fest stehe, so Hörl, aber schon jetzt: Der verkehrlichen Belastung Stettens sei man sich bewusst. Dass man bei der Ansiedlung von Gewerbe deshalb darauf achten werde, dass die verkehrliche Belastung gering bleibe, "das sollen nicht nur Worte bleiben", versichert Hörl am Tag nach der Sitzung. Denn er weiß, dass die Anwohner genau das befürchten: Dass ein gut acht Hektar großes Gewerbegebiet am südwestlichen Ortsrand von Stetten Lärm, Verkehr und Natursterben verursachen und den Ortscharakter zerstören könnte. Zusammen mit dem in dem Bereich schon bestehenden Agrarhandel und dem Lachner-Gelände, einer früheren Holzfabrik, könnte das Gewerbegebiet gut zehn Hektar umfassen, fast so viel wie der Ort Stetten. Auch im benachbarten Ortsteil Rumeltshofen befürchten viele Menschen negative Auswirkungen.

Christoph Forstner hat deshalb zusammen mit Gleichgesinnten die Initiative "Stetten retten" gegründet. Man habe von dem neuen Flächennutzungsplan eher zufällig erfahren, kritisiert er. Die öffentliche Auslegung habe in den Sommerferien vergangenen Jahres stattgefunden, 95 Prozent der Leute in Stetten und Rumeltshausen hätten nichts davon gewusst. Erst bei der Bürgerversammlung im Herbst sei das Thema dann auf Nachfrage zur Sprache gekommen.

Was den Gegnern eines neuen Gewerbegebiets auf grüner Wiese wichtig ist: Sie sind keine Verhinderer, sondern wünschen sich neue, nachhaltige und bessere Lösungen. "Wir brauchen Gewerbe", sagt Forstner, der selbst einen Modebetrieb hat, "aber es kann doch nicht immer der Weg sein, neue, große Flächen zu versiegeln. Den Fehler macht man jetzt seit 50 Jahren." Forstner verweist auf das Lachner-Gelände, wo viel ungenutzter Platz vorhanden sei, auf leer stehende Höfe oder etwa einen Supermarkt-Parkplatz in Schwabhausen: "Den überbaue ich aufgeständert dreistöckig und schon bringe ich da mehrere Firmen unter."

Schwabhausen erstellt gerade ein Gewerbe-Entwicklungskonzept

Diese Anregungen aus der Bürgerschaft bleiben nicht ungehört. "Ich verstehe die Bedenken zum Großteil", sagt Bürgermeister Hörl, der zudem betont, sich bei der Unterschriftenübergabe lange Zeit für die vorgebrachte Kritik genommen zu haben. Auch in der Sitzung am Dienstag wurde das Thema noch einmal ausführlich behandelt, wenngleich es auch in der knapp fünfstündigen nicht ausschließlich um Stetten ging.

Um vor allem aber die die Bedenken der Stettener entkräften zu können, will Hörl den Planungsprozess allerdings nun noch einmal beschleunigen. Denn das in der Planung befindliche Konzept soll die Stärken und Schwächen des Standorts untersuchen, ein innerörtliches Entwicklungspotenzial könnte da auch zur Sprache kommen und Klarheit schaffen. Schon im Vorfeld der Sitzung hatte Hörl im Gespräch mit der SZ Dachau betont, dass der neue Flächennutzungsplan auf eine Zeit von 15 bis 20 Jahren angelegt sei. "Wir wollen damit lediglich die Möglichkeit geben, dass irgendwann eine wirtschaftliche Entwicklung stattfinden kann."

Forstner indes vermutet, dass man nun das Verfahren vor allem deshalb beschleunigen will, um Tatsachen zu schaffen, bevor die kritischen Stimmen noch lauter werden können. Denn: Vor allem nach der Sitzung hat sich bei ihm und seinen Mitstreitern der Eindruck erhärtet, dass "wenig Vision dahintersteckt". Vieles bleibe trotz langer Diskussionen unklar, zudem gebe es viele Widersprüche. Zum Beispiel die Sache mit der angeblich nötigen guten Anbindung an die S-Bahn. Wenn man wirklich Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung schaffen wolle, wie behauptet werde, wozu brauche man dann eine gute S-Bahn-Anbindung? Und was ist eigentlich, wenn gar nicht alle vorgesehenen Flächen genutzt werden können, weil Besitzer nicht verkaufen wollen?

Schwabhausen: Wolfgang Hörl will zwar auch die Verdichtung der bereits bestehenden Gewerbeflächen prüfen. Das alleine reiche allerdings nicht, auch da ist der Schwabhausener Bürgermeister sich sicher.

Wolfgang Hörl will zwar auch die Verdichtung der bereits bestehenden Gewerbeflächen prüfen. Das alleine reiche allerdings nicht, auch da ist der Schwabhausener Bürgermeister sich sicher.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Dem hält Hörl entgegen, dass es ja nicht allein um Arbeitsplätze für Stettener gehe, Schwabhausen habe schließlich "noch andere Ortsteile als Stetten". Und diese würden eben teils sehr wohl mit der S-Bahn anreisen oder zumindest idealerweise mit dem ÖPNV. Schließlich habe man ja andernfalls das Problem mit dem zunehmenden Verkehr und das gelte es schließlich zu vermeiden. Was den Flächenankauf anbelange, so Hörl, sei es bei einem Projekt dieser Größenordnung normal, dass nicht alles auf einmal, sondern "sukzessive entwickelt" werde. Und in ein, zwei Jahrzehnten könnte sich ja so einiges tun bei den Besitzverhältnissen - im Positiven, wie im Negativen.

Auch den Vorwurf, man würde bestehendes Potenzial nicht ausreichend nutzen, will der Bürgermeister nicht so stehen lassen: Eine Verdichtung bereits bestehender Gebiete, etwa des Lachner-Geländes, so Hörl, "ist ja nicht verkehrt". Es fänden dort auch Gespräche mit den Eigentümern statt, "da könnte vielleicht auch was kommen", formuliert er vorsichtig. Allerdings trage Schwabhausen die "rote Laterne" im Landkreis Dachau mit der höchsten Auspendlerquote und dem schlechtesten Arbeitsplatz-Bewohner-Verhältnis, "da sind Gemeinderat und Bürgermeister gefordert, etwas zu tun".

Es soll kein Industriegebiet werden

Das bestehende Gewerbegebiet am Hauptort Schwabhausen sei quasi voll, es brauche Entwicklungsmöglichkeiten. Die Angst vor Lärm, Schmutz und Verkehrslawinen hält der Bürgermeister für unbegründet: "Wir wollen kein Industriegebiet, sondern eine Gewerbeentwicklung, das ist ganz was anderes. Und wir werden das Thema Nutzung definieren." Nur: Es brauche eben erst einmal einen Flächennutzungsplan, erst in einem weiteren Schritt könne man dann die von Forstner geforderte Vision formulieren. Auch die Frage nach den erwartbaren Gewerbesteuereinnahmen könne man zum jetzigen Zeitpunkt genau aus diesem Grund noch nicht seriös beantworten.

Dass die Vorberatungen für die Flächennutzungsplanänderung im Geheimen abgelaufen seien, dagegen verwehrt sich Hörl ebenfalls: "Das waren öffentliche Sitzungen und der Entwurf ist viereinhalb Wochen öffentlich ausgelegen." Rückmeldungen von privater Seite habe es bei der vorgezogenen Bürgerbeteiligung, wie sie im Verfahren vorgesehen ist, durchaus auch einige gegeben, allerdings keine zu dem neuen Gewerbegebiet in Stetten.

Zumindest das dürfte sich bei der neuerlichen Auslegung der Pläne nun ändern. Und auch bei den von Hörl angekündigten Infoveranstaltungen in allen Ortsteilen muss der Bürgermeister wohl mit weiterem Widerstand rechnen. Denn, dass ihr Stetten durch eine aus ihrer Sicht unnötige Versiegelung "verschandelt" werden soll, damit wollen Forstner und seine Mitstreiter sich noch nicht so ohne Weiteres abfinden.

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