Schwabhausen:Lieder im Plüschsessel

Schwabhausen: Der Dachauer Baritonsänger Florian Dengler ist eigentlich im Opernfach zu Hause, er hat Guglielmo in Mozarts "Così fan tutte" und den Figaro gesungen.

Der Dachauer Baritonsänger Florian Dengler ist eigentlich im Opernfach zu Hause, er hat Guglielmo in Mozarts "Così fan tutte" und den Figaro gesungen.

(Foto: Toni Heigl)

Das "Klingende Schwabhausen" inszeniert alte Schlager

Von Dorothea Friedrich, Schwabhausen

Was für ein verheißungsvoller Auftakt: "Aber dich gibt's nur einmal für mich", singen Tenor Richard Wiedl und Bariton Florian Dengler mit ganz viel Schmelz in der Stimme. Sopranistin Barbara Sauter betrachtet das als Aufforderung, die Bar auf der Bühne zu inspizieren. Die mehr als 200 Zuhörer im Gasthaus zur Post in Schwabhausen singen oder summen fröhlich mit. Schlager der fünfziger und sechziger Jahre stehen am Samstagabend auf dem Programm von "Klingendes Schwabhausen". Damit hat Elisabeth Kappes, langjährige Organisatorin der im Veranstaltungsreihe genau die richtige Wahl getroffen - und sich selbst einen Geburtstagswunsch erfüllt. Sie könne sich immer wieder aufregen, dass es heute keine deutschen Schlager mehr im Radio zu hören gebe - "und wenn, sind sie mit Techno verfärbt", sagt sie. Für sie gehen die Dauerbrenner wie "Für Gaby tu ich alles", "Café Oriental", "Nur nicht aus Liebe weinen" oder Freddy Quinns Seemannsträume "ins Herz und ins Gehör".

Auch noch im Jahr 2015. Erzählen die Oldies doch von kleinen und großen Träumen, sind wahre Schmachtfetzen, Mini-Komödien und -Tragödien, und auch ein Spiegel der Gesellschaft, "in der Männer noch die Herren im Haus waren und Frauen geheiratet werden wollten", wie Richard Wiedl sagte. Was auch seinerzeit nicht unbedingt für jede und jeden galt. Doch in der in nostalgisch-verklärten Atmosphäre des sonst so nüchternen Postsaals verfliegen diese Gedanken schnell. Vielmehr kommt so eine Art Traumschiff-Gefühl auf, fast so, als sitze man statt auf harten Stühlen auf den weinroten plüschbezogenen Sesselchen der inzwischen ihrer Pracht beraubten früheren MS Deutschland.

Das Trio auf der Bühne gibt alles, schlüpft mit Begeisterung in die unterschiedlichsten Rollen, garniert die Schlager mit ebenso viel Slapstick-Talent wie es mit außerordentlichen sängerischen Qualitäten punktet. Florian Dengler, eigentlich im Opernfach zu Hause, entpuppt sich als ernsthafte Konkurrenz für Freddy Quinn. Richard Wiedl könnte locker eine Cancan-Tänzerin in Paris vertreten, so gekonnt schwingt er bei "Pigalle" die Beine. Barbara Sauter mimt im ersten Teil des Konzerts mit fabelhaftem Talent eine angesäuselte Dame. Nach der Pause ist die Lady kein Tramp mehr, sondern große Diva, lässt mit einem Augenzwinkern und riesigem Hut Zarah Leander wieder auferstehen und zeigt den Möchtegern-Herren der Schöpfung, wer das Sagen hat. Die umschmeicheln "Spanish Eyes" mit Latin Lover-Erotik, und wittern Gefahr, als es heißt "Besame Mucho". Dass dieser Evergreen von einer Frau komponiert wurde, erfährt das hingerissene Publikum quasi nebenbei, wie überhaupt Wiedls Moderation viel Amüsantes aus den Tiefen der leichten Unterhaltung zutage fördert. Doch was wären die besten Sänger ohne kongeniale Musiker? Im "Klingenden Schwabhausen" waren das Max I. Milian am Schlagzeug, Geigerin Pamela Rachel im Marilyn-Monroe-Look und Peter Fraschus am E-Piano. Ohne ihr gekonntes Spiel, faszinierende Soli inklusive, wäre dieser Abend nur halb so schön gewesen - und hätten die "Capri-Fischer" längst nicht so wunderbar gefühlvoll nach ihrer "Bella Marie" gerufen.

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