Schwabhausen/Dachau:Keine Gnade für Drohnenfans

Die Modellflieger im Landkreis gehen nach dem Vorfall mit einem Airbus über Schwabhausen auf Distanz zu den neuen Fluggeräten. Sie fordern den Gesetzgeber zu einer strikten Abgrenzung zugunsten ihres Hobbys auf

Von Wolfgang Eitler, Schwabhausen/Dachau

Der Beinahe-Unfall ungefähr 1000 Meter über Schwabhausen und 1700 Meter über Meeresspiegel zwischen einer Drohne und einem Airbus am Donnerstagnachmittag schockiert die Flugsicherung in München immer noch. 108 Fluggäste saßen in der Maschine, die im Landeanflug fast mit der Drohne kollidiert wäre. Pressesprecherin Kristina Kelek formuliert zwar diplomatisch zurückhaltend: "Das war schon allerhand." Aber einen Vorfall in dieser großen Höhe, dazu in der Nähe eines der größten Flughäfen in Deutschland, hat die Flugsicherung erstmals registriert.

Seit einem Jahr sieht sich die Flugsicherung verstärkt gezwungen, auf Drohnen zu achten. Denn die Fluggeräte sind Mode geworden und können überall erworben werden. Im vergangenen Jahr blieb der Münchner Flughafen noch vor gefährlichen Eingriffen verschont. Von 14 unliebsamen Begegnungen bundesweit berichteten Piloten. Seit Januar 2016 sind es schon 15 gewesen. Die erste in München war gleich die krasseste.

Die Dachauer Polizei verfügt noch über keine Statistiken. Gefühlsmäßig nimmt die Zahl der Drohnen am Himmel über dem Landkreis zu, sagt Pressesprecher Roland Itzstein. "Aber wir befinden uns in einer rechtlichen Grauzone." Weil der Gesetzgeber den Umgang mit Drohnen nicht verbindlich geregelt hat, kann die Polizei nicht eingreifen. Diesen rechtsfreien Raum will Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt aufheben, um die Sicherheit an den deutschen Flughäfen zu garantieren. Schon im Mai kündigte er eine entsprechende Initiative an. Am vergangenen Montag bekräftigte er seine Absicht. Drohnen - der militärische Ausdruck für "Multicopter" - sollen zwar eine Höhe von 100 Metern nicht übersteigen. Allerdings ist die Vorschrift als eine Kann-Regelung zu verstehen. Außerdem ist sie noch nicht zu kontrollieren. Deswegen arbeite sein Ministerium an strengeren Vorschriften für die kleinen Flieger, sagt Dobrindt. So sollen Drohnen gekennzeichnet werden, damit klar ist, wem sie gehören. Dobrindts Vorschlag sieht nicht vor, den großen Kreis an Modellfliegern von den Vorgabe auszunehmen. Deswegen schlagen zwei Seelen in Arno Dattenbergers Brust. Der stellvertretende Vorsitzende des Modellfliegerclubs Dachau mit 150 Mitgliedern begrüßt einerseits die strikte Herangehensweise des Verkehrsministers: "Drohnen dürfen nicht höher als 100 Meter gehen." Andererseits vermisst Dattenberger eine klare Würdigung des Hobbys von organisierten 87 000 Modellfliegern bundesweit. "Wir alle halten uns an die Vorgaben", sagt er. Denn jeder darf nur auf einem klar begrenzten Bereich starten und landen. Im Durchschnitt ist der Umgriff auf 400 Meter vom jeweiligen Flughafen beschränkt. Im Dachauer Fall sind auf dem Gelände bei Hebertshausen Richtung Osten und damit Flughafen nur 250 Meter erlaubt.

Modellflieger

Der Modellfliegerclub Dachau ist auf einem idyllisch gelegenen Gelände bei Hebertshausen beheimatet. Er nimmt keine Drohnen-Piloten auf.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Allerdings brauchen die Modellflugzeuge eine andere Höhe als Drohnen. "Wenn nur noch 100 Meter erlaubt sind, dann können 50 Prozent unserer Modelle nicht mehr fliegen", sagt Arno Dattinger. Deshalb beteiligt sich sein Verein an einer bundesweiten Petition, in der die Modellflieger eine Ausnahmeregelung für sich fordern. Dattinger und der MFC lehnen die bisher bekannten Eckdaten des neuen geplanten Fluggesetzes ab. "Auch wenn Dobrindt im Kern Recht hat." Die Dachauer Modellflieger gehen strikt auf Distanz zu den Drohnenfans. Dattinger spricht verächtlich von "Wildfliegern", die sich an Recht und Gesetz nicht hielten und teils absurde Vorstellungen entwickelten. "Einer wollte unseren Flughafen in Hebertshausen mieten, um Drohnen-Wettrennen zu veranstalten", erzählt Dattinger. Außerdem würden einige gerne bei den Modellfliegern heimisch werden wollen. Dattingers Verein weigert sich: "Wir nehmen keine auf." Außerdem fehle den Wildfliegern das Können. "Mit einer Drohne voller Elektronik kann doch jeder umgehen." Aber: "Wer ein Modellflugzeug starten möchte, muss viel lernen. Sonst erleidet er schnell eine Bruchlandung."

Rainer Römer leitet den Modellfliegerverein Markt Indersdorf mit 100 Mitgliedern, der seinen Flughafen bei Weichs unterhält, damit direkt in der Einflugschneise nach Freising. Römer betont: "Bei uns war noch nie die Polizei." Er unterstützt Dattingers Position und verweist auf Österreich mit einer aus seiner Sicht vorbildlichen Drohnen-Regelung, die Modellflieger ausnimmt. Römer vermutet starke "kommerzielle Interessen" hinter den Plänen des Bundesverkehrsministeriums. Das eigentliche Ziel sei, den Luftraum zwischen 100 und 400 Metern freizubekommen, für große internationale Versandunternehmen.

Schwabhausen/Dachau: Für Arno Dattinger sind Drohnenfans "Wildflieger" ohne Sinn und Verstand für Recht und Gesetz.

Für Arno Dattinger sind Drohnenfans "Wildflieger" ohne Sinn und Verstand für Recht und Gesetz.

(Foto: Toni Heigl)

Den MFC Dachau und Landkreis e.V. gibt es seit 45 Jahren. Er beteiligt sich am Dachauer Volksfest traditionell mit zwei Flugtagen. Sie finden am Samstag, 13. August, von elf bis 18 Uhr, und Sonntag, 14. August, von elf bis 17 Uhr, statt. Anfahrtsplan: www.mfc-dachau.de.

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