Schulbusbeförderung  :Das Schwarze-Peter-Spiel

Regierung bezahlt zusätzliche Schulbusse, der Landkreis aber muss sie organisieren

Von Jacqueline Lang, Dachau

Die Schulexperten im Landratsamt Dachau sind sauer: Am Donnerstag vor Schulbeginn hatte die bayerische Staatsregierung in einer Kabinettssitzung noch rasch beschlossen, das sogenannte Verstärkerbusse zum Einsatz kommen sollen. Der Einsatz zusätzlicher Busse soll dafür sorgen, dass ein Abstand von 1,5 Metern auch in den Schulbussen eingehalten werden kann. Der Freistaat versprach eine Kostenübernahme von bis zu 100 Prozent. Verantwortlich für die Umsetzung bleibt allerdings der Landkreis, der für die Organisation und Koordination der Schulbuslinien zuständig ist. Wie Sachgebietsleiter Albert Herbst erklärt, liegt genau hier das Problem: Die Regierung habe mit ihrem Beschluss den Kommunen den "Schwarzen Peter" zugespielt, lässt sie aber seit vier Wochen mit der Lösung des Problems weitestgehend allein.

Ein Platz- sowie ein Verteilungsproblem, das gebe es schon seit er im Amt sei, sagte Herbst im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags - der Sachgebietsleiter Kreisschulen und ÖPNV ist schon seit gut 30 Jahren für das Landratsamt tätig. Bislang habe man die Probleme aber immer ganz gut lösen können. Die Corona-Krise und die geltenden Bestimmungen aber haben die Lage erschwert. Das staatliche Förderprogramm, das die Kreisbehörden sehr kurzfristig erreichte, sei bis Schulbeginn in der Kürze der Zeit schlicht nicht "erfüllbar" gewesen - ganz unabhängig davon, ob man den Einsatz von Verstärkerbussen nun als sinnvoll und notwendig erachtet oder nicht. Herbst gab zu bedenken: "Verstärkerbusse sind immer die letzte, aber auch die teuerste Variante."

Die angekündigte Kostenübernahme von 100 statt bislang 60 Prozent, klinge zwar zunächst vielversprechend. Allerdings gelte das Angebot vorerst nur bis zu den Herbstferien. Auch das versprochene Kilometergeld sei letztlich Augenwischerei, denn die Reisebusunternehmen würden ja nicht nur für die Fahrten Geld abrechnen, sondern gegebenenfalls auch weitere Kosten. "Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr Fragen kommen auf", so Herbst. Und noch etwas stört ihn: Die Finanzierung sei das eine, die begrenzten Ressourcen aber das andere. Zehn bis 15 Verstärkerbusse könne er nicht "aus dem Ärmel schütteln". Verfügbare Busse und vor allem Fahrer gebe es im Landkreis kaum, und solche aus anderen Teilen Oberbayerns anzufordern, sei "weder ökologisch noch ökonomisch".

Obwohl Herbst somit sehr grundsätzliche Kritik an der Vorgehensweise und den Vorgaben der Regierung äußerte, sind er und sein Team in den vergangenen Wochen nicht tatenlos geblieben. Im Gegenteil: Die größten Brennpunkte habe man bereits "ausgemerzt", berichtete Herbst den Kreisräten in der Ausschusssitzung. Die Verbindung Petershausen - Weichs - Markt Indersdorf ist zwischenzeitlich verstärkt worden, ebenso ist für die Schulbuslinie 3 ein Kleinbus mit 19 Plätzen gefunden worden, der nun zusätzlich zwischen Bergkirchen, Markt Indersdorf und Weichs verkehrt. Seit Mitte September wird zudem ein größerer Bus auf der Linie 708 bei der Fahrt ab Großnöbach eingesetzt, wodurch eine Entlastung für die Busse von Vierkirchen zu den Indersdorfer Schulen geschaffen worden ist. Die Schulbuslinie 1, die zwischen Markt Indersdorf und Weichs verkehrt, wurde ebenfalls bereits verstärkt. Ob für die Verbindung zwischen Petershausen und Markt Indersdorf weitere Verstärkerbusse notwendig sind, wird man sich in den kommenden Wochen noch anschauen. Die Verwaltung will die zusätzlichen Busse bis längstens zu den Osterferien 2021 einsetzen. Landrat Stefan Löwl (CSU) und Sachgebietsleiter Herbst betonten zudem erneut, dass das Abstandsgebot entgegen der Vorgaben der Regierung ohnehin durch das Tragen einer Maske aufgehoben werde. Studien hätten belegt, dass kein gesteigertes Infektionsrisiko im öffentlichen Nahverkehr bestehe.

Kreisrat Roderich Zauscher (Grüne) forderte dennoch, in der Corona-Krise auf Stehplätze weitestgehend zu verzichten, denn die erforderlichen Abständen ließe sich so in den Bussen gewiss nicht einhalten. Kosten dürfe man hier nicht scheuen, denn ein zweiter Lockdown werde weit mehr kosten, als ein paar zusätzliche Busse. "Das ist nicht nur menschlich richtig, sondern auch wirtschaftlich", so Zauscher. Auch sein Parteikollege Arthur Stein warb dafür, das Möglichste zu tun, unabhängig von den Kosten. Landrat Löwl erteilte diesen Forderungen eine klare Absage: "Das ist faktisch nicht umsetzbar." Es gehe weniger ums Geld,- das werde man, wenn nötig auch ohne das Förderprogramm aufbringen - als vielmehr um fehlende Fahrer und Busse.

Kreisrat Peter Heller (Bündnis für Dachau) griff nochmals den Vorschlag auf, den Schulbeginn zeitlich zu entzerren. Ihm sei klar, dass das kurzfristig nicht umsetzbar sei, dennoch wollte er wissen, ob dies zumindest längerfristig eine Überlegung ist. Löwl sagte, das sei "kompliziert, kompliziert, kompliziert". In der Vergangenheit sei diese Idee ja bereits diskutiert worden, aber nie auf sonderlich viel Gegenliebe gestoßen. Albert Herbst wurde deutlicher: "Ich sehe keine Realisierungschance." Schließlich einigte man sich darauf, das Thema im Schulausschuss zu behandeln und Schulamtsleiter Albert Sikora sowie Schulleiter und Vertreter des Elternbeirats einzuladen.

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