Präsenzunterricht in Dachau:Holpriger Schulstart

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Regelmäßige Tests sind für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend. Wer sich weigert, darf nicht am Unterricht teilnehmen. (Foto: dpa)

Die Einführung der Lollitests an Grundschulen gestaltet sich aus technischen Gründen schwierig. Außerdem sorgen Testverweigerer für Ärger. Über den Spagat zwischen Unterricht und Schutzmaßnahmen

Von Katja Gerland, Dachau

Etwa 18 000 Schülerinnen und Schüler drücken im Landkreis Dachau seit vergangener Woche wieder die Schulbank - vorerst mit Maskenpflicht in Klassenzimmern und auf den Gängen sowie einer engmaschigen Testung der Schüler und des Lehrpersonals. Mit dieser Strategie will das bayerische Kultusministerium den Unterricht möglichst sicher gestalten, der im neuen Schuljahr unabhängig von der Inzidenz in Präsenz stattfinden soll. Nach eineinhalb Wochen stellt sich nun die Frage: Wie reibungslos läuft Schulbetrieb im Landkreis unter Pandemiebedingungen tatsächlich? Eine Bestandsaufnahme.

Mit Trubel starteten die Dachauer Grund- und Förderschulen in das neue Schuljahr. Das hat auch Andreas Palitza zu spüren bekommen. Als Schulleiter der Haimhausener Grundschule wurde ihm pünktlich zum Schulbeginn eine eher ungeplante Aufgabe zuteil: Das neue Testsystem mittels Pooltests an seiner Schule zum Laufen zu bringen. Erst kurz vor Schulstart gab das bayerische Kultusministerium bekannt, dass die Selbsttests von den PCR-Pooltests, auch Lollitests genannt, abgelöst werden sollen - und zwar in jedem Fall noch im September. Das habe laut einem Schreiben des bayerischen Kultusministeriums vor allem zwei Gründe: Der Pool-test erkenne "Infektionen sogar schon, bevor eine infizierte Person ansteckend ist". Außerdem seien die Tests für junge Schülerinnen und Schüler schlichtweg einfacher anzuwenden.

Für Palitza bedeutete das: das Lehrpersonal in einer außerordentlichen Sitzung informieren, die Einwilligung der Eltern einholen, sich mit der Software für die Pooltests vertraut machen und die Daten in das neue System laden. Weil das am Freitagnachmittag jedoch nicht funktionierte, verschob sich seine Arbeit auf das Wochenende. "Zu allem anderen, was am Schulanfang ansteht, ist das ist schon ein irrer Aufwand", weiß auch seine Kollegin in der Schulleitung, Cornelia Stock. Seit Montag testet die Grundschule Haimhausen nun fast alle ihrer 216 Schulkinder mittels Pooltests. Doch schon am Mittwoch folgten die nächsten technischen Störungen: Die Systemseite war nicht abrufbar, Testergebnisse konnten nicht eingegeben werden.

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Ähnlich ging es auch den restlichen Grund- und Förderschulen im Landkreis, weiß Schulamtsdirektorin Petra Fuchsbichler. Es gleiche "einem Spagat", so Fuchsbichler, dem logistischen Aufwand gerecht zu werden und gleichzeitig die Bedürfnisse der Kinder nicht aus den Augen zu verlieren. Denn auch die Einwilligung aller Eltern einzuholen habe in den Schulen viel Zeit eingenommen. Unter anderem, weil einige Eltern laut der Schulamtsdirektorin die Neuerung nicht ohne Bedenken angenommen haben. Neben einigen Elternteilen, die Coronatests generell skeptisch gegenüberstehen, wurden auch Sorgen über chemische Materialien in den verwendeten Tupfern geäußert. Das Kultusministerium sieht hierfür keinen Grund: "Die verwendeten Abstrichtupfer enthalten keine schädlichen Substanzen", schreibt das Ministerium in einem Informationsbrief. Und auch Fuchsbichler kann die Bedenken nicht nachvollziehen: "Da sollte man einfach den gesunden Menschenverstand einschalten."

Die so kurzfristige Anordnung des Kultusministeriums könne sie allerdings ebenfalls nicht positiv heißen. Die Pooltests würden zwar im Schulamt sehr begrüßt werden, alle logistischen Herausforderungen, die mit der Entscheidung des Ministeriums einhergehen, indes nicht. Dementsprechend sei es eine "Riesenleistung", dass in dieser Woche - und damit vor der vom Kultusministerium gesetzten Frist - viele Dachauer Schulen bereits auf die neue Testweise umgestiegen sind. Am Dienstag hat auch die Grundschule Augustenfeld mit der Lollitestung begonnen, zum Ende der Woche folgen nun die Grundschulen in Schwabhausen, Vierkirchen und Dachau-Ost. Alle weiteren Grund- und Förderschulen sollen laut Fuchsbichler in der kommenden Woche nachziehen.

Etwas ruhiger konnten die weiterführenden Schulen das neue Schuljahr beginnen. "Da gab's gar nix", fasst Fuchsbichler die ersten Tage zusammen. Weil hier weiterhin mit Selbsttests gearbeitet wird, entsteht kein logistischer Mehraufwand. Bis auf wenige Einzelfälle, in denen sich Schüler der Masken- oder Testpflicht verweigerten, sei der Betrieb also reibungslos angelaufen, so die Schulamtsdirektorin. Denn: "Die Schulen sind ja schon coronaerprobt." Schulleiter Peter Mareis möchte sogar dreimal auf Holz klopfen, wenn er von den ersten Tagen am Josef-Effner-Gymnasium (JEG) berichtet. An seiner Schule wurde bisher nur ein Kind positiv getestet. Im gesamten Landkreis waren es seit Schulbeginn bei etwa 18 000 Schülerinnen und Schülern 32 Infizierte (Stand Donnerstag, 16 Uhr). Allerdings habe es keine Übertragungen in den Klassen gegeben, so eine Sprecherin des Landratsamts.

Lediglich die Testverweigerer bereiten Mareis Sorgen. Zwar machen die bei etwa 1400 Schülerinnen und Schülern am JEG im neuen Schuljahr nur einen "sehr geringen Teil" aus, dennoch bedeuten sie zusätzlichen Aufwand für den Schulleiter: Jeden betroffenen Schüler und dessen Eltern klärt Mareis darüber auf, welche Folgen es hat, die Testung zu verweigern. Denn wer über keinen aktuellen negativen Covid-19-Test verfügt, einen Test vor Ort verweigert, nicht vollständig geimpft oder genesen ist, hat keinen Zutritt zum Schulgebäude und kann damit auch nicht am Unterricht teilnehmen. Zwar kann sich der Schüler den Schulstoff dann von Zuhause aus mit Lernmaterialien oder Fotos der Tafelanschriebe aneignen, "darüber hinaus können wir aber keine Beschulung anbieten", so Mareis. Schließlich sei das Lehrpersonal mit der Präsenzlehre nun wieder vollkommen ausgelastet.

Im schlimmsten Fall, wenn der Schüler oder die Schülerin auch nicht zu Leistungsnachweisen getestet erscheint, droht die Note ungenügend in jedem Schulfach. Im schlimmsten Fall müsste die Klasse dann wiederholt werden. Diese Vorgehensweise kann Fuchsbichler auch für die anderen Schularten bestätigen. Zwar sei es angesichts des noch kurzen Schuljahres noch nicht dazu gekommen, aber "wie weit die Testverweigerer gehen, wird sich zeigen", so Petra Fuchsbichler.

© SZ vom 24.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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