Schönbrunn:Ein Dorf mit Vorbildcharakter

Schönbrunn

Die architektonische Vision von Schönbrunn.

(Foto: Morpho-Logic)

Die Konversion von Schönbrunn in einzelnen, flexiblen Schritten könnte Modell sein für den Umbau des MD-Geländes

Von Wolfgang Eitler, Schönbrunn

Der Montag, 8. Februar, könnte in die Annalen des Landkreises Dachau eingehen. An diesem Tag will der Geschäftsführer der gemeinnützigen Franziskuswerk GmbH und Vorstandsvorsitzende der Viktoria-von-Butler-Stiftung, Markus Tolksdorf, darlegen, wie der erste Preis des Ideenwettbewerbs zur Zukunft von Schönbrunn umgesetzt wird. Es geht um ein Konversionsgebiet von 38 Hektar. Es geht darum, die Zeit der Heimgebäude für einst mehr als 1000 geistig behinderte Menschen in ein inklusives Wohngebiet zu verwandeln. Es geht also darum, ein neues Miteinander von behinderten und nicht behinderten Menschen zu gestalten. Denn Inklusion nach der UN-Behindertenkonvention muss auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit aufgebaut werden.

Unumstritten ist das Konzept des Franziskuswerks nicht. Denn viele Experten der Inklusion wollen Einrichtungen wie Schönbrunn komplett auflösen. Aber die Franziskanerinnen haben vergangenes Jahr ihre entscheidenden Eckpunkte dagegen gesetzt. Sie haben ihr gesamte Vermögen von schätzungsweise 45 Millionen Euro einschließlich der Immobilien der Viktoria-von-Butler-Stiftung übertragen. Die Gründung ist mit dem Stiftungsauftrag verbunden, die Konversion von Schönbrunn zu einem Dorf der Inklusion voranzutreiben. In dem Sinne hat das Franziskuswerk als quasi ausführendes Organ zu handeln. Im Frühjahr folgte ein Ideenwettbewerb, der einen klaren Sieger hervorbrachte.

Anscheinend können Stadtplanung und Architektur tatsächlich den Weg zu einem neuen sozialen Miteinander eröffnen und begleiten. Das Münchner Büro Morpho-Logic gewann den Wettbewerb am 15. April vergangenen Jahres klar. Es hat einen besonderen öffentlichen Raum geschaffen, der Zentrum ist und das Dorf nach außen öffnet. Gleichzeitig erschließt das fast 400 Meter lange Gebilde, das sich von Westen nach Osten schlängelt (die bisherige Werkstraße), strahlenförmig das übrige Dorf und schafft Baugebiete für ungefähr 350 zusätzliche Einwohner. Außerdem bildet das gesamte Areal einen Gegenpol zum geometrisch gestalteten Marienplatz des Klosters. Eine Nord-Südachse erschließt das Dorf über die bestehende Viktoria-von-Butler-Straße, die im Norden in einen Platz für die erst noch neu zu bauende Johannes-Neuhäusler-Schule mündet (die alte ist marode). Es entstehen also einerseits kleinere Räume der Begegnung auch durch Höfe als einem reizvollen Spiel von Öffnung und Geschlossenheit. Andererseits aber gelingt es dem Entwurf, sich in ihm leicht zu orientieren.

Das 38 Hektar große Areal ist das größte Konversionsgebiet im Landkreis. Größer als die Industriebrache in der Dachauer Innenstadt auf dem ehemaligen MD-Gelände mit 17 Hektar. Außerdem stellt es eine wesentlich größere Herausforderung dar. Denn an Schönbrunn und seiner Zukunft als moderner zeitgemäßer Anbieter von sozialer Leistung hängen ungefähr 1600 Arbeitsplätze. Unter Umständen könnte die Vorgehensweise von Stiftung und Franziskuswerk sogar als Vorbild für das MD-Areal taugen. Denn im Gegensatz zu den Alles-oder-nichts-Debatten zwischen dem Eigentümer und dem Stadtrat in Dachau hat sich Schönbrunn zu einem anderen, mehrteiligen Verfahren entschieden.

In der Stadt Dachau streben die Eigentümer ein Junktim mit der Kommunalpolitik an. Den Aufbau eines Museumsforums binden sie an die verbindliche Zusage auf einen Bebauungsplan für das gesamte Gebiet. Markus Tolksdorf setzt dagegen auf die Idee der Flexibilität. Er will einzelne Schwerpunktgebiete herausnehmen und entwickeln lassen, anstatt das große Ganze komplett zu überplanen. Auf diese Weise könnte schneller und zielgerichteter geplant werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: