Baulandentwicklung:Rolle rückwärts

Lesezeit: 3 min

Im Hintergrund das Baugebiet an der Schleißheimer Straße. (Foto: Niels Jørgensen)

Die Stadt hat ein Regelwerk zur Baulandlandentwicklung beschlossen. Als aber die Stadträte über seine Anwendung im Fall des Baugebiets Schleißheimer Straße diskutieren, bricht Chaos aus und alles beginnt von vorne

Von Viktoria Großmann, Dachau

Es hätte aus Sicht einiger Stadträte und wohl auch des Bauamts das erste Baugebiet werden sollen, bei dem die Dachauer Grundsätze zur Baulandentwicklung Anwendung finden. Bauherren an der Schleißheimer Straße zwischen Theodor-Heuss- und Kufsteiner Straße hätten also von ihrem Gewinn etwas abgeben müssen. Nach dem Prinzip: Wer daran verdient, dass die Stadt ihm Bauland für Wohnungen ausweist, soll sich an den Folgekosten beteiligen - an Investitionen in soziale Einrichtungen jeglicher Art, Kindergärten, Schulen aber auch an der Schaffung bezahlbaren Wohnraums. SPD, Grüne und Bündnis hätten daher gern für dieses Gebiet einen Bebauungsplan aufgestellt. Dieser schafft Baurecht - im Gegenzug beteiligt der Investor die Stadt am Gewinn.

Eigentlich ein guter Plan, aber alle guten Absichten führten einmal mehr in eine chaotische Diskussion im Bauausschuss. Eine widersprüchliche Sitzungsvorlage, fehlende Dokumente, irritierte Stadträte, Angriffe im Wahlkampfmodus - fast schon eine Kabarettsitzung. Die Diskussion um das Gebiet zwischen Schleißheimer Straße, Feldstraße, Theodor-Heuss- und Kufsteiner Straße zieht sich seit etwa 16 Jahren hin. Es könnte einfach sein. Es gab bereits Beschlüsse, auch Einigungen mit Grundstückseignern, Entwürfe für Pläne oder Satzungen. Trotzdem scheint noch einmal alles von vorn begonnen zu werden.

Die CSU zeigte sich verwundert über die Sitzungsvorlage für die Stadträte. Die Aussagen darin erscheinen tatsächlich widersprüchlich: Laut einem Verkehrsgutachten verträgt die Schleißheimer Straße noch 150 neue Wohnungen. Die Verwaltung beharrt darauf, die Obergrenze liege bei 100 Wohnungen. Nicht zur Sprache kommt, dass ein paar Grundstücke weiter, an der Hausnummer 100, recht zügig auf etwa acht Hektar Fläche ein neues Gewerbegebiet entstehen soll, das erheblichen Verkehr erzeugen könnte.

"Ich bin überrascht, dass die Verwaltung dem Gutachten nicht folgt", sagt Peter Strauch (CSU). Es gebe zur Verkehrserschließung bereits einen Beschluss. "Warum müssen wir immer alles fünfmal beschließen?" Claus Weber (FW) spricht von einer "Rolle rückwärts". Norbert Winter (Bürger für Dachau) erklärt rundheraus, die Dachauer Grundsätze würden in diesem Gebiet niemals gelten, denn es handle sich um einen baurechtlichen Innenbereich, da schon Baurecht bestünde.

Die SPD möchte dieses aber wegen des zunehmenden Verkehrs gerne einschränken. Und zwar mittels Bebauungsplan. SPD, Grüne und Bündnis möchten nicht, dass sich im Eck zwischen Heuss- und Schleißheimer Straße ein neues Viertel entwickelt. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) fürchtet immense Kosten für die Stadtkasse. Das Aufstellen eines Bebauungsplans ist eine langwierige, komplizierte Angelegenheit.

"Die Schleißheimer Straße ist bereits überlastet", sagt Verkehrsreferent Volker Koch (SPD). "Wir müssen Abhilfe schaffen." Als "absolut notwendig hinsichtlich des Verkehrs" sieht auch sein Fraktionskollege Sören Schneider den Bebauungsplan an. Dabei sind selbst die Aussagen aus dem Stadtbauamt nicht eindeutig. "Ein Bebauungsplan wäre ein besseres Mittel für ein planvolles Vorgehen", sagt Bauamtsleiter Michael Simon. Zugleich bedauerte er, dass eine Satzung, welche auch den Straßenverkehr in diesem Gebiet regeln sollte, Ende 2014 zurück gestellt worden war. Diese soll nun auf Betreiben der CSU wieder voran gebracht werden.

Schaufensterdiskussion

Diese sieht auch Bauherr Werner Mooseder als sinnvoll an. Er hat bereits Wohnhäuser an der Schleißheimer Straße realisiert und wird weitere bauen. Zuletzt ist eine klärende Satzung 2014 zurückgestellt worden, wegen ausstehender Verhandlungen mit dem TSV. Unterdessen sind diese zum Stillstand gekommen, die Stadt hat sich aber zusätzlich Grundsätze zur Baulandentwicklung gegeben - mit den Stimmen auch der CSU. Einige Stadträte wollen diese Grundsätze nun endlich einmal anwenden.

Aus Sicht des Bauherrn Mooseder war es eine "Schaufensterdiskussion". Die Grundsätze könnten nun einmal nicht zur Anwendung kommen, denn das Baurecht bestehe schon. Mooseder weist darauf hin, dass auch in städtebaulichen Verträgen geregelt werden kann, ob und welche Flächen Eigentümer an die Stadt für öffentliche Nutzungen abtreten. So sei es auch in Augustenfeld geschehen. Die Satzung, die nun erneut dem Bauausschuss und dem Stadtrat vorgelegt werden soll, hält er für ein geeignetes Mittel der Stadtentwicklung, für alle Beteiligten. Eine Einigung auch über den Straßenbau in dem Gebiet habe es bereits gegeben, sagt Mooseder. Die Stadträte hatten 2014 bereits eine Variante der Erschließung bestimmt - auf Grundlage von Vorgesprächen mit den Eigentümern, wie Mooseder sagt. "Das Einverständnis liegt schriftlich vor."

Eigentlich also sollte es am Augustenanger kein Problem mehr geben. Es gibt Beschlüsse, Einigungen und vorbereitete Unterlagen, sie müssen nur den Weg in die Sitzungen des Bauausschusses finden.

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: