Schafkopf in der Schule"Eher ein Werbegag"

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Heinz Mielewsky gibt Kurse, in denen er den Teilnehmern Schafkopfen beibringt. Mehr als 1000 Menschen haben das bayerische Kartenspiel schon von ihm gelernt.
Heinz Mielewsky gibt Kurse, in denen er den Teilnehmern Schafkopfen beibringt. Mehr als 1000 Menschen haben das bayerische Kartenspiel schon von ihm gelernt. (Foto: Privat)

Heinz Mielewsky ist Schafkopf-Profi. Von der Idee, Schülern im Unterricht das urbayerische Kartenspiel beizubringen, hält er nicht viel

Von Thomas Radlmaier, Markt Indersdorf

Er ist Mister Schafkopf im Landkreis Dachau. Heinz Mielewsky, alias Sigi Wenz, spielt seit 40 Jahren das bayerischste aller Kartenspiele. Und er gibt sein Wissen weiter: In 20 Jahren hat er mehr als 1000 Menschen das Schafkopfen beigebracht. Bei seinen Kursen nennt er sich Sigi Wenz, nach der Spielvariante, in der die Unter auch die Ober stechen. Einer wie er muss es wissen: Ist es sinnvoll, wie zuletzt vom Philologenverband gefordert, Schülern im Unterricht Schafkopfen beizubringen? Oder ist das alles ein großer Schmarrn?

SZ: Haben Sie damals in der Schule Schafkopf gespielt?

Heinz Mielewsky: Nein. Ich habe Schafkopfen erst spät gelernt. Da war ich schon im Jugendalter. Mein Vater zeigte mir ein paar Dinge, aber hauptsächlich haben wir unter Freunden gespielt und es uns mehr oder weniger selbst beigebracht, mit sehr viel Schmerz. Am Anfang habe ich eine Menge Lehrgeld zahlen müssen.

Laut dem Philologenverband spielen heute weniger Schüler Schafkopf als früher.

Das ist der Zahn der Zeit. Die, die noch spielen, spielen oft im Internet. Es gibt viele Schafkopf-Apps. Dort kann man unkompliziert und anonym spielen. Ich kann das ja verstehen. Wer Schafkopfen will, findet oft keine Mitspieler. Aber der Wert des Spiels liegt gerade in der Gemeinschaft. Dass man sich Auge in Auge gegenübersitzt und dabei versucht, sich gegenseitig hinters Licht zu führen.

Es erfordert Kopfrechnen und strategisches Denken. Wäre doch gut, wenn wie vom Philologen- und Lehrerverband vorgeschlagen Schafkopfen Teil des Unterrichts an bayerischen Schulen werden würde .

Ich bin zwiegespalten. Theoretisch könnte man natürlich viel machen. Man könnte das Ganze zum Beispiel in Mathe einfügen. Schließlich muss man sehr schnell Kopfrechnen. Oder man verbindet es mit einem Persönlichkeitsunterricht über Toleranz, Werte, Regeln und deren Anwendung. Aber es macht eigentlich keinen Sinn, Schülern in einer Schulstunde Schafkopfen zu erklären. Ich spiele seit 40 Jahren mit allen Höhen und Tiefen. In meinen Kursen habe ich mehr als 1000 Menschen Schafkopfen beigebracht. Anfängern zeige ich in drei Abendterminen die Grundspielarten. Dann können sie diese üben, aber mehr noch nicht. Wie soll ein Lehrer in einer Dreiviertelstunde 30 Schülern das Spiel erklären? Erstens hat die Hälfte davon kein Interesse. Zweitens fallen pro Woche sehr viele Schulstunden aus. Und die füllen wir dann mit Schafkopfen? Das halte ich für fraglich. Drittens setzt das voraus, dass man Lehrer hat, die gute Schafkopfer sind.

Also ist Schafkopfen als Unterrichtsfach keine gute Idee?

Für mich ist das eher ein Werbegag. Mit Heimat oder Tradition hat das jedenfalls nicht viel zu tun, da es ja nicht durchgängig gelernt werden würde.

Worin liegt Ihrer Meinung nach der Bildungsgehalt des Schafkopfens?

Man lernt, tolerant zu sein. Man muss sich in den anderen hineinversetzen können. Ich kann nicht immer davon ausgehen, dass jemand die Situation genauso einschätzt wie ich. Darin besteht übrigens die Würze des Spiels. Es gibt Schafkopfer, die sind gut, aber die haben nur ein Schema und spielen immer nur ihren eigenen Stiefel herunter. Die richtig guten können aber Situationen lesen und können das Schafkopftheorem, das heißt, sie können so spielen, dass sie wissen, wie sie gewinnen. Sie spielen mit der Situation variabel. Sie führen ein Spiel und übernehmen damit Verantwortung. Wer will dies heute noch? Aus dem Schafkopfen kann man sehr viel ableiten.

Ist es ein Ausdruck von Toleranz, dass jede Region ihre eigene Schafkopfvariante hat?

Na ja, manche spielen Bär und Kolibri. Beim Bären sind alle Zehner Trumpf, beim Kolibri sticht man mit den Siebenern. Oder es wird Geier und Farbgeier gespielt. Das hat für mich wenig mit Schafkopfen zu tun. Aber die einzelnen Varianten haben sich gebietsmäßig ausgeprägt. In Franken wird eher die Kurze Scharfe gespielt, im Allgäu mit Fisikorunde. Wenn man irgendwo dazukommt, muss man sich also anpassen. Und dann zeigt sich schnell, ob die Leute umdenken wollen und wie groß ihrer Toleranzschwelle ist.

Es gehört aber auch dazu, dass man grantelt und nach einer Runde debattiert.

Es geht darum, Spaß zu haben. Ich muss auch sagen können: Ich habe verloren und das ist okay. Man sollte die Mitspieler nicht maßregeln, nach dem Motto, wenn du mir an der Stelle den Zehner geschmiert hättest, hätten wir gewonnen. Das Schimpfen im Nachhinein bringt nichts.

Was lernt man noch?

Man lernt, mit anderen Menschen und Charakteren zurechtzukommen. Können die Leute zugeben, dass sie einen Fehler gemacht haben. Oder kann ich selbst einen Fehler eingestehen? Philosophisch betrachtet sollte nicht immer alles so ernst genommen werden: Vieles ist beim Schafkopfen wie im normalen Leben. Lebe es und mache etwas daraus und schiebe nicht deine Verantwortung anderen in die Schuhe!

Mehr Infos zu Sigi Wenz und seiner Schafkopfakademie finden Interessierte im Internet unter www.schafkopf-akademie.de.

© SZ vom 05.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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