Süddeutsche Zeitung

Röhrmoos:Mit der Zurückhaltung des Bassisten

Bernd Sigerist ist leidenschaftlicher Musiker, komponiert und spielt verschiedene Instrumente in diversen Bands. Wenn er am Freitag mit der Jugendband 3G und dem Chor Tune Sparrows auftritt, bleibt er wie immer im Hintergrund

Von Emily Holmes, Röhrmoos

"Abbey Road Studios, City of Westminster" steht auf einem kleinen Schild, dass am Haus lehnt. Ein Musikstudio ist tatsächlich zu finden in dem kleinen Haus im Grünen in Röhrmoos. Wenn auch nicht in der Größenordnung des berühmten Londoner Studios. "Soundraum" heißt es und ist ein von dem Gitarristen und Bassisten Bernd Sigerist geschaffener Multifunktionsraum. Außer für Musikunterricht, nutzt er den etwa zehn Quadratmeter großen Raum auch für kleinere Aufnahmen. "Heutzutage braucht man ja nicht mehr viel, ein gutes Mikro, eine Soundkarte und der Rechner reichen schon für ein paar Demos." Als Musiker brauche man mehrere Standbeine, da ist das Studio genau richtig. "Als Bassist bin ich's gewohnt im Hintergrund zu stehen", sagt Sigerist, deshalb wollte er auch seinen Namen nicht "fett" aufs Schild schreiben.

Schon als kleiner Bub war er fasziniert von Musik. Im Alter von fünfeinhalb Jahren begann er mit dem Akkordeonunterricht. "Das fand ich damals irgendwie unheimlich cool." Mit 14 Jahren stieg er um auf den E-Bass. Ein, zwei Jahre später folgten die ersten Auftritte mit eigenen Bands. "Was man halt so macht als Teenager, die Punk-Rock Richtung", beschreibt Sigerist sein damaliges Repertoire. Nach dem Realschulabschluss absolvierte er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in einem Musikgeschäft, war aber enttäuscht: "Das hatte nix mit Musik zu tun, da hätte ich auch im Supermarkt arbeiten können."

In der Berufsfachschule Music-College in Regensburg konnte er sich seiner Leidenschaft widmen und Musik machen. "Das war eine sehr praxisorientierte Ausbildung", sagt der 29-Jährige, "jeder konnte da mitnehmen, was er brauchte". Von Harmonielehre, über Chorleitung bis zu Rockgeschichte lernte er über drei Jahre das Handwerkszeug des Berufsmusikers.

Jetzt bezeichnet sich Sigerist als "working musician". Er gibt vereinzelt Unterricht, leitet einen Chor, begleitet verschiedene Musiker, spielt in einigen Bands und zum Geld verdienen auch auf Hochzeiten. In den Musikrichtungen ist Sigerist sehr flexibel, von Rock bis Singer-Songwriter ist alles dabei. "Mir macht eigentlich alles Spaß." Nur mit Volksmusik habe er so seine Probleme.

Bernd Sigerist ist ein lässiger Typ, wirkt in seinen schmalen schwarzen Jeans und dem schwarzen Hemd wie ein Mitglied einer Indie-Rock Band. Aber seine Inspirationen sind so vielfältig wie sein Musikgeschmack. Paul McCartney, Flee von den Red Hot Chili Peppers, James Jamerson - Pop, Rock und Blues. "Hoppla, hier komm ich mit meiner Gitarre und jetzt bin ich der Star - das funktioniert nicht", sagt Sigerist. Man müsse sich anschauen, was es schon gab in der Musikgeschichte und dann darauf aufbauen.

Bernd Sigerists Hauptinstrument ist der E-Bass, "in das Gitarre spielen bin ich eher reingerutscht", sagt er. "Beim Bass ist die Soundvielfalt einfach gut." Sechs Bässe besitzt er, und alle klingen verschieden. Das kann Sigerist sogar dem Laien vermitteln, wenn er die Saiten seiner Instrumente zupft und die unterschiedlichen Beschichtungen und Klänge erläutert. Man spürt den Enthusiasmus, sieht das Strahlen in seinen Augen. "Seit ich denken kann, bin ich fasziniert von Musik, das kann man nicht ausschalten". Für die Musik ist er schon weit gereist, spielte in China, in der Schweiz auf mehr als 2000 Metern Höhe und bei einem Festival in Rumänien. Zwei bis drei Auftritte hat er pro Woche. Für unterwegs hat sich Sigerist einen unempfindlichen "Flugbass" zugelegt, den teureren Instrumenten erspart er die Reisen. Er liebt das Handwerkliche an der Musik, ist fasziniert davon, mit anderen etwas Kreatives auf die Beine zu stellen.

In der Band Morgan Freimann spielt Sigerist Gitarre. Mit ihnen wurde er sogar Künstler des Monats beim BR-Szenemagazin "Zündfunk". Über die Jahre ist Sigerist Teil eines großen Musikernetzwerkes geworden. "So lernt man die Leute kennen", sagt Sigerist, "die Popsängerin Leonie Lerchenmüller begleite ich auf dem Bass, für Morgan Freimann schreibe ich auch Songs". In Röhrmoos leitet er seit einigen Jahren den Jugendchor "Tune Sparrows" und die dazugehörige 3G-Band. Acht Mädchen und ein Junge, 14 bis 19 Jahre alt, singen Pop, Rock und was ihnen sonst so gefällt. "Die Leute sagen mir auch was sie singen wollen oder ich hör was, was ich geil finde und drück's ihnen dann auf", sagt Sigerist lachend. Der Spaß am Singen steht dabei im Vordergrund. Die Band spielt mittlerweile auch unabhängig vom Chor.

Musik bestimmt Sigerists Leben, "sie ist immer dabei, den ganzen Tag in meinem Kopf". Er erzählt engagiert und begeistert von seinem Leben als Musiker, bleibt dabei aber bodenständig und geradeheraus - mit der Leidenschaft eines Musikers und der Zurückhaltung eines Bassisten.

Am Freitag, 8. Juli, treten die Tune Sparrows gemeinsam mit der 3G-Band im Theatersaal Schönbrunn auf. Beginn ist um 19.30 Uhr, Einlass von 18.30 Uhr an.

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Quelle:
SZ vom 07.07.2016
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