Karlsfeld:Die Retter vom Waldschwaigsee

Lesezeit: 3 min

Der Waldschwaigsee im Gemeindegebiet Karlsfeld. (Foto: Toni Heigl)

Immer wieder überfordern sich Schwimmerinnen und Schwimmer am Waldschwaigsee - dann kommen die DLRG-Retter zum Einsatz. Heuer feiern sie ihr 50-jähriges Jubiläum. Ein Besuch an der Wachhütte.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Der Waldschwaigsee liegt an diesem Nachmittag Ende Juli still. Es ist kühl, nur wenige Schwimmer ziehen ein paar Bahnen im Wasser. Hermann Bendl kehrt den Steg, er liegt direkt neben der Wachhütte der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Karlsfeld. Der 63-Jährige trägt so etwas wie die Uniform der DLRG: ein rotes T-Shirt mit dem gelben Logo und schwarze Jeans, dieser Tage feiert sein Ortsverband 50-jähriges Jubiläum. Doch wie viele Vereine hat auch die DLRG mit Nachwuchssorgen zu kämpfen, das beklagt seine Ehefrau Ursula Bendl, die ebenfalls Mitglied ist.

Schade eigentlich, wo die Karlsfelder Rettungsschwimmer vor rund drei Jahren doch erst eine neue Wachhütte bekommen haben. Wer sie betritt, steht sofort in der Kommandozentrale: Durch das große Fenster hat man einen guten Blick auf den See. Auf dem Tisch steht ein Funkgerät, um die Integrierte Rettungsleitstelle in Fürstenfeldbruck zu erreichen, wenn ein Unfall in, am oder um den Waldschwaigsee herum passiert - in diesem Jahr waren es bereits drei größere Unfälle, erinnern sich die Bendls.

"Man muss schwimmen können - aber nicht besonders gut."

Dabei haben die Karlsfelder DLRG-Helfer Erste Hilfe geleistet, zum Beispiel als ein kleines Kind am Ufer einen Hitzschlag bekam, außerdem retteten sie eine ältere Frau aus dem Wasser, die plötzlich einen Wadenkrampf erlitten hatte: "Die hätte es wirklich nicht mehr allein aus dem Wasser geschafft", erzählt die 58-jährige Ursula Bendl, die als Krankenschwester arbeitet. Außerdem verarzteten die Wasserretter in Baywatch-Farben einen Schwimmer, der die kleine Insel des Waldschwaigsees betrat, ein Seil in die Bäume spannte, sich von dort ins Wasser schwang und sich beim Aufkommen einen Kiesel im Knie zuzog. "Eigentlich darf man das Vogelschutzgebiet auf der Insel nicht betreten, aber wir können es den Leuten ja nicht verbieten."

Hermann Bendl ist seit vielen Jahren bei der DLRG aktiv. Er mag es, Menschen zu helfen. (Foto: Toni Heigl)

Weiter geht es in den Sanitäter-Raum der Wachhütte: Dort wurden schon unzählige Schürfwunden und Bienenstiche verarztet. Neben der Medikamentenvitrine können sich Verletzte auf der Liege ausruhen, während die Retter Puls oder Blutzuckerwerte messen. Rund 40 aktive Mitglieder zählt die DLRG Karlsfeld: Im Winter wachen sie samstags beim Spielenachmittag im Dachauer Hallenbad, im Sommer sind sie zwischen Mitte Mai und Mitte September am Waldschwaigsee im Einsatz - zum Teil im Neoprenanzug, immer aber komplett ehrenamtlich. Aber: "Uns fehlen neue Rettungsschwimmer", erzählt Hermann Bendl, vor allem zwischen 16 und 20 Jahren verlassen Mitglieder den Verein, etwa weil sie wegen ihres Studiums in eine andere Stadt ziehen.

Doch was braucht man eigentlich, um Rettungsschwimmer zu werden? "Man muss natürlich schwimmen können - aber nicht besonders gut", sagt Ursula Bendl. Wichtiger sei, dass man Spaß am Wasser habe und: "Man muss bereit sein, ein Stück Freizeit abzugeben." Auch Kinder können schon Junior-Retter werden und dürfen bei den Wachdiensten am See dabei sein.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Doch erst ab 14 Jahren dürfe man selbst retten, nachdem man eine Prüfung in mehreren Kategorien abgelegt hat. Dazu gehören: Erste Hilfe, Langstrecke schwimmen, Tieftauchen oder jemanden über 50 Meter im Wasser schleppen. Danach sind Weiterbildungen möglich, etwa zum Bootsführer. Schließlich steht der fünfjährige "Bruno" nicht nur zum Spaß in der DLRG-Garage bereit: Bruno, das ist ein knallrotes Rettungsboot, benannt nach Bruno Danzer, der von 1960 bis 1990 Karlsfelds Bürgermeister war und "eines unserer ersten Mitglieder". Heute sind es neben den etwa 40 aktiven weitere gut 150 passive Mitglieder, die mit ihren Beiträgen die Rettungsausstattung der DLRG mitfinanzieren.

Während der vielen Wachstunden entstehen auch Freundschaften

Hermann Bendl gehörte zu den ersten aktiven Rettern, obwohl er in den Siebzigerjahren eigentlich bei den Karlsfelder Pfadfindern war. Damals suchte die BRK-Wasserwacht für den Karlsfelder See Rettungsschwimmer - und kurzerhand wurden die 1972 unter den Pfadfindern rekrutiert. Bendl blieb bis Ende der Siebzigerjahre dabei. Dann machte der Maschinenbautechniker und Betriebsrat eine lange Pause, bis ihn schließlich seine Kinder 1997 zurück zur DLRG brachten: "Wir haben uns damals etwas für unsere Kinder gewünscht, wo es nicht nur um Leistungsdruck geht", erzählt seine Frau.

Die größte Motivation für Hermann Bendl ist es, dass er als DLRG-Retter anderen Menschen helfen und sich dadurch sozial engagieren kann. Gleichzeitig bedauert er: "Wir beobachten immer wieder, dass sich Badegäste überfordern." Deshalb rät er Wassersportlern zum Beispiel zu einer Schwimmboje, die im Wasser rot leuchtet: "Dafür braucht man sich auch nicht zu genieren", betont er. Auf die Boje könne man sich stützen, wenn man vom Schwimmen müde sei, und die Wasserretter könnten sie schon von Weitem sehen.

DLRG-Ausbilderin Ursula Bendl macht es bis heute am meisten Spaß, mit jungen Menschen zusammen zu sein und ihnen etwas beizubringen. Hunderte Wachstunden habe sie schon am Waldschwaigsee geleistet. Das klingt nach viel Arbeit - aber wenn die Retter gerade nicht im Einsatz sind, sitzen sie auch mal an der Wachhütte zusammen und grillen. "Dabei entstehen auch Freundschaften."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusZukunftsperspektiven
:München, das nächste Silicon Valley?

Bei einer Konferenz beraten Landräte und Bürgermeister der Metropolregion München, wie die Innovationskraft des Wirtschaftsraums erhalten und ausgebaut werden kann.

Von Martin Mühlfenzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: