Reform:Das Problem mit dem Wahlgeheimnis

Reform: Wer in Altomünster wählen will, muss künftig weitere Wege zurücklegen oder per Brief abstimmen.

Wer in Altomünster wählen will, muss künftig weitere Wege zurücklegen oder per Brief abstimmen.

(Foto: Toni Heigl)

In Altomünster kann man künftig an weniger Orten die Stimme abgeben. Die Verwaltung erklärt, warum

Von Christiane Bracht, Altomünster

Es klingt nach einer drastischen Reform, wenn bei der Bundestagswahl im September nur sieben statt wie bisher 13 Wahllokale in der Gemeinde Altomünster öffnen werden. Und so melden sich die Kritiker schon jetzt lautstark zu Wort: "In Zeiten von sinkenden Wahlbeteiligungen und Politikverdrossenheit ist dies ein ungünstiges Signal", moniert der Dachauer Markus Erhorn. Er ist der Kreisvorsitzende der Jungen Freien Wähler. "Unsere Demokratie ist ein kostbares Gut, an dem nicht gespart werden darf", fordert er.

Deshalb müsse man eher mehr Wahllokale anbieten, als weniger. Schließlich sei die Bevölkerung im Landkreis in den vergangenen 20 Jahren sehr gewachsen, und gut erreichbare, barrierefreie Wahlurnen sind Erhorns Ansicht nach unabdingbar, um die Leute zum Wählen zu motivieren. Weite Wege bewirkten eher das Gegenteil. Und wenn man nicht genug Helfer finde, müsse man die Leute eben ansprechen und die Aufwandsentschädigung erhöhen. Die Stadt Dachau habe das auch getan. Dort hatte man Erfolg mit dieser Form der Werbung. "Es ist ja auch interessant bei der Wahl dabei zu sein und als erster das Ergebnis zu haben", so Erhorn.

"Das Organisatorische ist nicht so dramatisch", weist der Wahlleiter von Altomünster Michael Eggendinger die Kritik des Jungpolitikers zurück. "Wir haben eher ein Problem mit dem Wahlgeheimnis", erklärt er. Inzwischen nutze die Hälfte der rund 4000 Wähler die Möglichkeit der Briefwahl, sodass in einigen Wahllokalen nur noch knapp 120 Personen ihre Stimme abgeben. "Bei so einer geringen Zahl ist es unter Umständen leicht, darauf zu schließen, wer die eine Stimme für die Linke oder irgendeine Splitterpartei abgegeben hat", erklärt Eggendinger. "Aber natürlich ist auch der personelle Aufwand nicht tragbar." Zuletzt seien an die 120 Helfer im Einsatz gewesen. Denn zu den 13 Wahllokalen habe man noch fünf weitere für die Briefwähler einrichten müssen. Nach der Reform werden voraussichtlich nur noch etwas mehr als 70 gebraucht. Klar erleichtert das auch die Arbeit im Rathaus.

Klagen, dass die Wege für die Wähler unzumutbar weit werden, lässt Eggendinger nicht gelten. Die meisten Beschwerden kommen aus Pipinsried, denn wer dort wohnt, muss künftig drei Kilometer weiter fahren nach Altomünster Nord. Aber auch die Randelsrieder müssen nun nach Thalhausen (zwei Kilometer) kommen, die Kiemertshofener haben einen Kilometer nach Hohenzell und wer in Unterzeitlbach wohnt, muss ins ebenfalls einen Kilometer entfernte Oberzeitlbach. Mit dem Auto ist die Entfernung kein Problem, wer jedoch keins hat, muss auf gutes Wetter hoffen, um den Weg mit dem Rad machen zu können. Busse fahren am Sonntag nicht.

Trotzdem ist die Reform dringend nötig, sagt Eggendinger. Denn in den kommenden zehn Jahren ist jedes Jahr eine Wahl und die Tendenz gehe weiter dahin, dass die Zahl der Briefwähler steigt. "Nach der Landtagswahl 2018 sind es vermutlich 60 Prozent", prophezeit der Wahlleiter. Die Möglichkeit, einfach in Ruhe zu Hause seinen Stimmzettel auszufüllen, ist seit 2013 viel leichter geworden. Früher musste man Gründe angeben, warum man nicht zur Urne kommen kann. Es waren hauptsächlich Alte und Kranke, die per Post gewählt haben. Doch jetzt kann man seinen Stimmzettel bereits per Mausklick oder mit dem Smartphone ordern.

Auch wenn die Wege für manch einen Bürger beschwerlicher und weiter werden, so glaubt Eggendinger nicht, dass deshalb weniger Leute zur Wahl gehen. "Es wird vielleicht eine kleine Verschiebung in Richtung Briefwahl geben. Man wird sehen." Die Politikverdrossenheit war jedoch vorher schon da und habe andere Gründe. Als man nach der Gebietsreform 1978 die Wahllokale festgelegt habe, wählten noch 85 Prozent der Bürger, heute seien es gerade mal 75 Prozent, weiß Eggendinger.

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