Süddeutsche Zeitung

Reden wir über:Kleine Leser im Digitalzeitalter

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Büchereileiter Steffen Mollnow über die Zukunft der Kinderbücher

interview Von Julian Erbersdobler

Steffen Mollnow () ist immer noch ein großer TKKG-Fan. Das Buch hat den Leiter der Dachauer Stadtbibliothek schon in seiner Kindheit fasziniert, und die Geschichten funktionieren noch heute: Der Bayernwerk-Kinderbibliothekspreis geht in diesem Jahr nach Dachau. Steffen Mollnow über die Auszeichnung, den Stellenwert des Lesens und die Zukunft von Büchereien.

SZ: Zunächst einmal: Glückwunsch! Haben Sie sich für den Preis beworben oder wurden Sie davon überrascht?

Steffen Mollnow: Nein, wir haben uns dafür nicht beworben. Das hat eine Jury übernommen, die aus Vertretern der staatlichen Fachstelle für das öffentliche Bibliothekswesen, dem Sankt-Michaelsbund und weiteren Einzelpersonen besteht. Die aktive Leseförderung steht besonders im Mittelpunkt.

Die Preisverleihung wird im Juli stattfinden. Gibt es schon Pläne, wie Sie das Preisgeld in Höhe von 5000 Euro investieren werden?

Ja, die gibt es schon. Wir werden das Geld natürlich in Kinder- und Jugendmedien stecken. Dafür ist es ja auch gedacht. Es wird auch darum gehen, weiter in Literatur mit Anspruch zu investieren. Wir wollen die Konzentrationsfähigkeit der Kinder fördern.

Ist die Nachfrage denn überhaupt noch da? Die Nutzung hat sich in den letzten Jahren doch sicher deutlich verändert?

Das stimmt. Früher waren Texte und Bücher das Leitmedium Nummer eins. Heute gibt es Google, Wikipedia, Facebook, Blogs. Dadurch hat sich das Lesen verändert, und diese neue Tradition geben Erwachsene an ihre Kinder weiter. Problematisch wird es nur, wenn Kinder dadurch das Lesen - egal ob im Internet oder auf Papier - vernachlässigen. Wer nicht lesen kann, hat heutzutage keine gute Perspektive, vor allem beruflich. Oft zeigt sich das schon in der Grundschule, wenn es daran hapert, Texte richtig zu verstehen.

Wie schaffen Sie es, Kinder für das "alte Medium" zu begeistern?

Das ist nicht immer eine leichte Aufgabe. Wir versuchen vor allem, am Image des Lesens zu arbeiten. Lesen ist keine Arbeit, es macht sogar unheimlichen Spaß. Und die positive Nachricht ist ja auch, dass Geschichten wie Pippi Langstrumpf heute immer noch wunderbar funktionieren.

Wie muss sich eine Bibliothek verändern, um den Kampf gegen die Online-Riesen nicht zu verlieren?

Wir müssen mit der Zeit gehen. Die Selbstverständlichkeit des Lesens gibt es nicht mehr. Und deshalb sind wir schon länger keine reinen Buchtankstellen mehr, sondern bieten auch CDs und Videospiele an. Und trotzdem ist es jetzt noch nicht abzusehen, wie die Zukunft der Bibliothek in zehn Jahren aussehen wird. Was wir jetzt schon feststellen, ist, dass eigentlich niemand mehr zu uns kommt, um etwas in einem Lexikon nachzuschlagen. Dafür gibt es jetzt genügend Alternativen, die auch von der Couch aus angesteuert werden können.

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Quelle:
SZ vom 18.06.2015
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