Süddeutsche Zeitung

Radeln in Dachau:Wir sind der Verkehr

Auf der zweiten Critical Mass in Dachau machen 15 Radfahrer auf ihre Rechte aufmerksam

Mehr Rechte für Radfahrer und vor allem eine bessere Infrastruktur und mehr Platz fordern Dachauer Bürger. Dieses Anliegen ist ihnen so wichtig, dass sie selbst bei eisigen Temperaturen zusammenkommen, um gemeinsam zu radeln. 15 tapfere Radfahrer trafen sich am Freitagabend am Dachauer Bahnhof zur zweiten sogenannten Critical Mass. Wie Michael Kraus vom ADFC Dachau erklärt, ist dies ein zufälliges Zusammentreffen von Radfahrern. Man trifft sich unorganisiert und fährt gemeinsam durch Innenstädte. Ziel ist, auf den Radverkehr aufmerksam zu machen. Das Motto: "Wir sind der Verkehr". Eine Stunde lang fuhren die 15 Dachauer auf einer wegen der Kälte leicht verkürzten Route durch die Große Kreisstadt.

Beim ersten zufälligen Zusammentreffen Ende Januar erlebte die Gruppe mitunter aggressives Verhalten seitens der Autofahrer. Die Radfahrer wurden angehupt und wüst beschimpft. Dieses Mal jedoch gab es keine Aggressionen gegen die Radler. Kraus sagt erfreut: "Die Leute haben Verständnis dafür, dass Radverkehr auch Verkehrsraum beansprucht."

Grundsatz der Aktion Critical Mass ist, dass sich die Radfahrer an die Regeln halten, zum Beispiel an die Radwegbenutzungspflicht. Die Teilnehmer meiden nicht freigegebene Gehwege; auch schlängeln sie sich nicht im Stau zwischen wartenden Autos durch. Sie geben vor dem Abbiegen Handzeichen; ihre Fahrräder haben eine vorgeschriebene, funktionierende Beleuchtung. All dies ermöglicht ein friedliches Nebeneinander im Straßenverkehr. Oft ist es nur die Unkenntnis der Verkehrsregeln, die Konflikte zwischen Autofahrern, Busfahrern, Radfahrern und Fußgängern hervorruft. Auf der Rückseite des Critical-Mass-Flyers, den die Teilnehmer erhalten, sind ein paar nicht so bekannte Verkehrsregeln abgedruckt. Es müssen nur solche Radwege benutzt werden, die mit dem blauen runden Radwege-Schild gekennzeichnet sind. Fehlt so ein Schild wie etwa an der Sudetenlandstraße und Erich-Ollenhauer-Straße, so darf auch auf der Fahrbahn gefahren werden, wo man als Radfahrer in der Regel schneller, bequemer und sicherer vorankommt.

Fußwege, die mit dem weißen rechteckigen Zusatzschild "Radfahrer frei" gekennzeichnet sind, dürfen auch von Radfahrern benutzt werden, allerdings nur mit Schrittgeschwindigkeit. Das Radfahren auf der Fahrbahn ist dort ebenfalls erlaubt. Fußwege ohne Zusatzschild beziehungsweise ganz ohne Kennzeichnung sind für Radfahrer tabu, Ausnahmen gelten für Kinder bis zehn Jahren und deren Begleitpersonen.

Ebenso wichtig sind ausreichende Sicherheitsabstände. So müssen Radfahrer einen Meter Abstand zum rechten Fahrbahnrand halten, bei parkenden Autos sogar 1,50 Meter. Autos müssen an Radfahrern mit 1,50 Meter Abstand vorbeifahren. Und Hupen ist nur bei Gefahr erlaubt.

Die Route der Critical Mass in Dachau führt durch Straßen, die von vielen Radfahrern benutzt werden, aber keine oder nur unzureichende Radverkehrsanlagen aufweisen, also Frühlingstraße, äußere Schleißheimer Straße, das Gewerbegebiet am Schwarzen Graben, Sudetenlandstraße/Erich-Ollenhauer-Straße, Freisinger Straße/Mittermayerstraße, Augsburger Straße/Brucker Straße, Ludwig-Dill-Straße/Schillerstraße, Bahnhofstraße, Ludwig-Thoma-Straße und Martin-Huber-Straße.

Die Critical Mass findet jeden letzten Freitag im Monat statt. Treffpunkt ist (bei jedem Wetter) um 17 Uhr am neuen Radlparkhaus auf der Bahnhofs-Ostseite in Dachau. Die genaue Route wird von den Teilnehmern vor Ort festgelegt. Jeder mit einem Rad kann mitfahren, es ist keine Anmeldung erforderlich. In Deutschland gibt es bereits in mehr als 100 Städten monatliche Critical Masses.

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Quelle:
SZ vom 28.02.2018 / SZ
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