Quinoa-Anbau:Ackern wie ein Inka

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Andreas Knab baut auf einem Feld in Haimhausen Quinoa an, der normalerweise in den südamerikanischen Anden wächst. Das erfordert eine Menge Einfallsreichtum

Von Thomas Altvater, Haimhausen

Andreas Knab steht vor einem Betonmischer. Auf Baustellen gehören solche Maschinen zum gewöhnlichen Inventar, neben Schaufeln, Zementsäcken und Ziegelsteinen. Doch gebaut wird auf dem Hof der Knabs in Haimhausen nicht. Als Andreas Knab in den Mischer greift, zieht er eine Hand voll brauner, weißer und schwarzer Körner heraus. Ihr Durchmesser ist nur wenige Millimeter groß. Mit Beton hat das wenig zu tun. "So sieht er aus, der Quinoa", sagt Knab. Mit dem Mischer versuchte er, die Getreidekörner von seiner bitteren Schale zu trennen. Doch es ist beim Versuch geblieben, es wollte nicht so recht funktionieren. Es sei halt eine eher unkonventionelle Methode gewesen, stellt Knab lachend fest.

Das geerntete Getreide wollen Andreas und Thomas Knab verkaufen. (Foto: Toni Heigl)

Unkonventionell ist das gesamte Projekt von Andreas Knab. Mit Bruder Thomas und Vater Robert betreibt er einen Obsthof mit Handel in Haimhausen. Auf ihren Obstplantagen kann man selbst Kirschen pflücken, sie pflanzen Kürbisse und verkaufen eigene Marmeladen. Alles an und für sich nicht Ungewöhnliches. Bis der 21-jährige Andreas Knab dann im Frühjahr begann, das südamerikanische Getreide Quinoa anzubauen. Mitten im Landkreis Dachau, knapp 490 Meter über dem Meeresspiegel. Seinen Ursprung hat der Quinoa auf den Hochebenen der Anden, 4000 Meter über dem Meeresspiegel. Da Mais in den Anden nicht wuchs, begannen die Inka in Peru, Bolivien und Ecuador Quinoa als Ersatzgetreide anzubauen, bereits vor mehr als 5000 Jahren. Doch wie kam der Quinoa aus den Anden nach Haimhausen? Knab brauchte für seine Meisterarbeit an der Landwirtschaftsschule in Triesdorf ein Thema. "Die Idee, Quinoa anzubauen, hatte ich schon früher, und das war dann die richtige Gelegenheit. Jeder baut Mais oder Weizen an, ich wollte einfach mal etwas anderes machen", sagt der angehende Landwirt. Seine Prüfer seien sofort begeistert gewesen, bisher habe niemand etwas Vergleichbares probiert. "Der Mais und die Tomaten kamen aus Südamerika zu uns, die Äpfel aus Asien, wieso jetzt nicht auch der Quinoa?" Für die Bevölkerung in Peru, Bolivien und Ecuador ist der Quinoa Fluch und Segen zugleich: Was früher ein Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung in den Bergen Südamerikas war, erlebt in den westlichen Industrieländern einen regelrechten Hype. Mit teils drastischen Folgen. Vielen gilt der Quinoa als angeblich besonders gesundes "Superfood". Besonders beliebt ist Quinoa bei Vegetariern und Veganern, aufgrund seines hohen Eiweißgehalts. Mittlerweile findet man Quinoa in fast jedem Supermarkt, als Korn, in Salaten oder als fertiger Bratling. Wegen der hohen Nachfrage ist der Preis für Quinoa in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Viele Bauern in den Anden können sich ihr eigenes Grundnahrungsmittel kaum mehr leisten. Auch das sei ein Anstoß gewesen, den Quinoa nun hier anzubauen, sagt Knab.

Andreas (links) und Thomas Knab (rechts) bauen gemeinsam Quinoa an. (Foto: Toni Heigl)

Doch der Quinoa-Anbau in einer für das Getreide fremden Gegend wie Haimhausen stellte Andreas Knab vor viele Probleme. Fehlendes Wissen über Anbau und Verarbeitung machten ihm zu schaffen, und zwangen den Jung-Bauern immer wieder zu kreativen Lösungen. Noch vor der Aussaat überwand Knab bereits die erste große Hürde, denn der Samen aus Südamerika wächst im Landkreis Dachau nicht. Knab machte sich also auf die Suche und wurde in Dänemark fündig; dort gab es spezielles Saatgut, das bereits einige Male erfolgreich getestet wurde. Auf einer Fläche von rund 10 000 Quadratmetern steckte er zehn Versuchsbereiche ab, wo er mit verschiedenen Konzentrationen von Düngemitteln experimentierte. Je mehr Dünger er verwendete, desto mehr Körner wuchsen an der Pflanze. Aber desto langsamer reifte auch das Getreide. Zudem setzten Unkraut und Feuchtigkeit dem Quinoa zu.

Das Versuchsfeld, auf dem das Quinoa-Getreide wachsen soll, ist rund ein Hektar groß. (Foto: Thomas Knab)

Die Knabs kauften sich eine Trocknungsmaschine, nur für den Quinoa. "Innerhalb von 24 Stunden muss der Quinoa trocken werden, also wir sind wir eine ganze Nacht lang wach geblieben und haben aufgepasst", erzählt Andreas Knab. Das Unkraut zwischen den Pflanzen musste von den Erntehelfern per Hand entfernt werden. Den richtigen Weg zu finden, das sei eine echte Herausforderung, sagt Knab. Am Ende konnte Andreas Knab ungefähr eine Tonne Quinoa ernten. Den Quinoa will Andreas Knab selbst verkaufen, auf seinem Hof und in den kleinen Verkaufsstationen, die rund um den Hof stehen. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. "Wir wissen nicht wirklich, wie wir das Korn von der Schale trennen können", sagt Knab. Spezielle Maschinen waren zu teuer. Dann klingelt das Telefon, Knab kann seinen Quinoa nach Altötting bringen. Dort hat ein Müller die passende Anlage.

Von der Idee, Quinoa in Dachau anzubauen, waren nicht nur seine Prüfer begeistert. "Mich haben einige Freunde angerufen, die das auch probieren wollen, vielleicht machen wir das in Zukunft dann gemeinsam", erzählt Knab. "Wir bleiben auf jeden Fall dran, vielleicht auch mit anderen Sorten."

Der Quinoa-Anbau war für Andreas Knab ein aufwendiges Projekt, aber hat es sich auch gelohnt? So genau kann Knab das noch nicht sagen. Die genauen Berechnungen werden Teil seiner Meisterarbeit sein. "Schön langsam muss ich auch mal mit dem Schreiben anfangen, es sind immerhin 60 Seiten", sagt Knab. Eine gute Idee. Im Frühjahr ist Abgabe.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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