Prozess:Stalker muss in die Psychiatrie

63-Jähriger stellt Mädchen nach - Landgericht schickt ihn in Klinik

Von Andreas Salch, München/Dachau

Erst gab er seinen Job als Elektroinstallateur auf. Dann bedruckte er seine Kleider mit pseudoreligiösen Sinnsprüchen. Er glaubte schließlich, er sei ein "Prophet von Jesus Christus" und müsse andere Menschen dazu bringen, mit ihm die "Frohe Botschaft" zu verkünden. Im vergangenen Jahr stellte ein 63-Jähriger vier Monate lang einer Teenagerin aus dem Landkreis nach und wurde gewalttätig gegenüber Polizisten, die ihn daran hindern wollten. Am Freitag ordneten die Richter der 4. Strafkammer am Landgericht München II die zeitlich unbefristete Unterbringung des Mannes, der sich ein Kreuz auf die Stirn gemalt hat, in einer geschlossenen psychiatrischen Klink an.

Auch die Teenagerin hatte der 63-Jährige dazu gedrängt, mit ihm die "Frohe Botschaft" zu verkünden. Für das Mädchen hatte dies katastrophale Folgen. Sie bekam es mit der Angst zu tun, fühlte sich selbst zu Hause von dem seltsamen Unbekannten beobachtet und hörte auf, ihren gewohnten Freizeitaktivitäten nachzugehen. Das Amtsgericht Dachau hatte dem 63-Jährigen unter anderem verboten, Orte aufzusuchen, an denen sich das Mädchen aufhielt. Doch den Beschluss ignorierte der Mann. Durch die monatelangen Nachstellungen sei "das Mädchen ein anderes geworden", sagte Richterin Regina Holstein zu dem 63-Jährigen. Er habe deren "Lebensrhythmus" umgeworfen und sei immer zudringlicher geworden, sagte die Vorsitzende. Die Begründung des Gerichts, wonach er nun für unabsehbare Zeit in einer geschlossenen psychiatrischen Klink eingewiesen wird, nahm der 63-Jährige mit einem Schmunzeln im Gesicht zur Kenntnis. Nach Überzeugung eines psychiatrischen Sachverständigen leidet der Mann, der bislang jegliche Behandlung verweigert hat, an einer chronischen Schizophrenie. In unbehandeltem Zustand liege das Rückfallrisiko bei 90 Prozent, sagte der Sachverständige. Das Gericht folgte mit seiner Entscheidung dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung indes sah keinen Grund für eine Unterbringung.

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