Prozess in Dachau:Wie ein "Rollkommando"

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Sie drohten ihr mit Genickbruch: Zwei Männer haben eine Dachauerin massiv eingeschüchtert - wegen eines ungedeckten Schecks. Nun ist das Urteil in dem komplexen Prozess gefallen.

D. Gorgs

Die Zeugin muss auf der Besucherbank Platz nehmen. Alle Stühle sind besetzt, mit vier Angeklagten und drei Verteidigern. Das ist wohl nicht der einzige Grund, weshalb der Staatsanwalt von einem "komplexen Sachverhalt" spricht. Es ist bereits die Fortsetzungverhandlung; vor ein paar Wochen war der Prozess nach zwei Stunden vertagt worden. Auch diesmal dauert es knapp zwei Stunden, bis die Vorsitzende Richterin Petra Nolte ein Urteil spricht und damit einer komplizierten Anklage ein Ende setzt.

Es war im Februar 2009, als ein Gastronom aus Norddeutschland seinen Betrieb auflöste und das Mobiliar über das Internet zum Verkauf anbot. Er unterzeichnete einen Kommissionsvertrag mit einer Firma aus dem Landkreis Dachau. Die 20-jährige Inhaberin ließ die Möbel im Wert von 17.500 Euro abholen und einlagern. Im Verkaufsfall sollte sie zehn Prozent einbehalten. Mit einem Kautionsscheck wollte der Gastronom sein Eigentum sichern. So war es vertraglich ausgemacht.

Wie sich herausstellte, war der Scheck nicht gedeckt. Als der Gastronom dies bemerkte, fuhr er mit seinem Schwager in den Landkreis Dachau und forderte die Herausgabe seiner Möbel auf brutale Weise ein. Laut Anklage drohten die beiden Männer der Geschäftsinhaberin mit Genickbruch.

Ihrem Nachbarn, der ihr zu Hilfe kam, versetzten sie Schläge und schleuderten ihn auf einen Tisch. Bis heute leidet der Nachbar unter den schmerzhaften Verletzungen. Die Männer aus Norddeutschland müssen sich wegen Nötigung und gefährlicher Körperverletzung verantworten, die 20-jährige Geschäftsinhaberin und ihr Angestellter wegen Betrugs.

Der Staatsanwalt findet in seinem Plädoyer deutliche Worte: Wie ein "Rollkommando" seien die beiden Männer angereist, mit Schlagstöcken und einem Messer im Gepäck. Schuldig seien auch die 20-Jährige und ihr Angestellter, die den Vertragspartner mit der Übergabe eines nichtgedeckten Schecks bewusst getäuscht hätten und bis heute die Herausgabe der Möbel verweigerten.

Die Anklage fordert für alle Freiheitsstrafen, die er im Falle des Angestellten und des mitgereisten Schwagers wegen massiver Vorstrafen nicht zur Bewährung aussetzen will. Die Verteidigung spielt die Vorfälle dagegen herunter und spricht von einer Eskalation.

Für die Richterin ist der Fall allerdings klar: Sie verurteilt die vier Angeklagten zu Bewährungsstrafen zwischen acht und 14 Monaten. Am Ende klärt Petra Nolte die junge Geschäftsinhaberin noch über Sinn und Zweck eines Sicherungschecks auf.

© SZ vom 22.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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