Süddeutsche Zeitung

Prozess:Hemmungslos

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18-Jähriger beleidigt Polizisten und muss zur Alkoholberatung

Von ANIKA BLATZ, Dachau

Weil er vier Streifenpolizisten aus Rosenheim unter Alkoholeinfluss erst mit unflätigen Ausdrücken beschimpft hatte und sich dann gegen seine Verhaftung wehrte, musste sich ein Ampermochinger jetzt vor dem Amtsgericht Dachau wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten.

Der zur Tatzeit 18-Jährige war im Oktober 2018 mit Freunden zu Fuß in Richtung Bahnhof Rosenheim unterwegs, um nach Hause zu fahren, nachdem sie gemeinsam ein Fußballspiel besucht hatten. Als die Beamten die Gruppe in ihrem Dienstfahrzeug passierten, kam es zu den lautstarken Beschimpfungen. Daraufhin wollte die Polizei den Angeklagten kontrollieren. Er lief zunächst davon, drei Beamte nahmen die Verfolgung auf. Die Flucht des Täters endete jedoch jäh: Er prallte gegen ein Verkehrsschild. Bei der Festnahme versuchte er, die Polizisten wegzustoßen und sich aus ihrem Griff zu lösen. "Warum macht man so was?", wollte Richter Daniel Dorner von dem Angeklagten wissen, der eine Ausbildung zum Automobilkaufmann macht. "Die Beamten machen nur ihren Job und müssen sich dann beleidigen lassen." Es sei aus der Gruppendynamik heraus geschehen, erklärte der 19-Jährige. Er habe sich in der Gruppe sicher und cool gefühlt. Und der Alkohol habe ihn enthemmt.

Die Messung des Atemalkohols nach der Festnahme ergab einen Wert von 0,99 Milligramm pro Liter Atemluft. "Das entspricht fast zwei Promille", stellt Richter Dorner fest und fragte die zwei als Zeugen anwesenden Polizisten nach dem Zustand des Angeklagten bei seiner Verhaftung. Beide gaben an, dass der zwar merklich alkoholisiert war, aber so betrunken, wie der Wert vermuten lässt, habe er auf sie nicht gewirkt. Für Richter und Jugendgerichtshilfe ein Beleg, dass eine gewisse Trinkgewöhnung nicht von der Hand zu weisen ist. Fünf Alkoholberatungsgespräche bei der Caritas in Dachau sowie 300 Euro Geldstrafe werden dem Angeklagten zur Auflage gemacht.

"So wie ich Sie heute hier erlebt habe, gehe ich davon aus, dass Sie so etwas nicht machen, wenn Sie nüchtern sind. Überdenken Sie Ihren Umgang mit Alkohol", rät Richter Dorner. Das Gericht hatte sich, ob des eher jugendtypischen Verhaltens, der Jugendgerichtshilfe angeschlossen und den noch bei seinen Eltern lebenden Auszubildenden nach Jugendstrafrecht verurteilt. Berücksichtigt wurde auch die Einsichtsfähigkeit und Reue des jungen Mannes, der sich bei den Polizisten entschuldigte.

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Quelle:
SZ vom 25.05.2019
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