Prozess:Doppelmord in Petershausen: Jetzt sprechen die Psychologen des Angeklagten

Prozess um Doppelmord von Petershausen

Bewacht von zwei Polizeibeamten sitzt der Angeklagte im Prozess des Doppelmords von Petershausen im Saal des Landgerichts München II.

(Foto: dpa)

Am dritten Verhandlungstag in dem Prozess um den Doppelmord in Petershausen sagen zwei Psychologen aus. Sie haben den Angeklagten vor der Tat behandelt.

Von Andreas Salch, München/Petershausen

Es sei ein seltsamer Abschied gewesen, ganz anders als sonst. "Bis nächste Woche", habe Frank H. sonst immer zu ihm gesagt, die Hand dabei ausgestreckt und ihm in die Augen geblickt, wenn er sich von ihm verabschiedete, sagt der Diplompsychologe Christian L. Frank H., der sich seit Dienstag vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II wegen zweifachen Mordes verantworten muss, hatte sich acht Jahre von Christian L. behandeln lassen. Der 63-Jährige sagte am Freitag als Zeuge in dem Prozess aus.

"Heute vor einem Jahr", so L., sei Frank H. das letzte Mal bei ihm zu einer tiefenpsychologischen Therapie gewesen. Eigentlich sei es wie immer gewesen - außer der Art und Weise, wie sich der 54-Jährige von ihm verabschiedet habe. "Ich hatte ein ungutes Gefühl, dass etwas geschehen kann, was anderen und ihm nicht gut tut", erinnert sich der Diplompsychologe aus München.

Einen Tag später hatte der Angeklagte zwei Frauen zu sich eingeladen

Einen Tag später, am Faschingssamstag, hatte der Angeklagte zwei Frauen zu sich nach Hause in Petershausen eingeladen. Er soll ihnen Nusslikör zum Trinken gegeben haben, in den er ein Schlafmittel hineingegeben hatte. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft habe H. die Tat begangen, um an den Frauen "seine lang gehegten Fantasien auszuleben" und durch ihre Tötung seinen "unglaublichen Drang nach Sexualität" zu befriedigen.

Trotz seines unguten Gefühls hatte der Diplompsychologe Frank H. an jenem Freitag vor einem Jahr gehen lassen. Der Gerichtspsychiater Cornelis Stadtland, der an dem Verfahren als Sachverständiger teilnimmt, hakte nach. Ob er denn seinen Patienten gefragt habe, was mit ihm los sei und ob er "daran gedacht hat, dass etwas passiert", nach diesem so seltsamen Abschied, will der Forensiker von dem Zeugen wissen. Die Antwort ist ein knappes "Nein". Der Verteidiger von Frank H., Rechtsanwalt Christian Bränreuther, fragt den Psychologen, wie sein Verhältnis zu Frank H. gewesen sei. "Ich war Bezugs- und Vertrauensperson", erwidert dieser und fügt hinzu: "Ja, absolut." Und warum er seinen Patienten so einfach habe gehen lassen, fragt auch der Verteidiger. "Ich konnte in der Situation nicht reagieren", räumt der Therapeut freimütig ein. Bei seiner Vernehmung durch die Kriminalpolizei hatte er sogar gesagt, die "Verabschiedung war mir unheimlich".

Der Therapeut versichert, er habe den Angeklagten "äußerst aggressionsgehemmt" erlebt

Neben dem Therapeuten für Tiefenpsychologie hatte Frank H. auch regelmäßig eine Psychiaterin in Dachau konsultiert. Davon wusste der Münchner Therapeut allerdings nichts, wie sich bei seiner Vernehmung am dritten Verhandlungstag herausstellte. Er habe Frank H. zwar zu einer Psychiaterin geschickt, sagte der Diplompsychologe, allerdings einer Kollegin, mit der er sich seine Praxis in München teilt.

Die Psychiaterin aus Dachau hatte bei Frank H. eine "paranoide Symptomatik" diagnostiziert. Der Tiefenpsychologe hingegen eine "Persönlichkeitsstörung". Einig indes waren sich beide darin, dass sie dem Angeklagten nicht zugetraut hätten, zwei Frauen zu Tode zu strangulieren, wovon die Staatsanwaltschaft ausgeht. Er habe den 54-Jährigen "äußerst aggressionsgehemmt" erlebt, versichert der Therapeut aus München.

Frank H. sei "einer der friedlichsten Patienten", den sie je gehabt habe, betont die Dachauer Psychiaterin. Was sie gedacht habe, als sie von der Tat hörte, fragt Richter Thomas Bott die Zeugin. "Ich war total schockiert und überrascht. Ich frage mich immer noch, was haben wir übersehen", dass es dazu kommen konnte, mit der Einschätzung des 54-Jährigen so "daneben" zu liegen. Die Psychiaterin aus Dachau, die Frank H. medikamentös behandelte, wusste offenbar, dass er sich auch von einem Tiefenpsychologen therapieren ließ. Kontakt zu ihm habe sie jedoch nicht aufgenommen. Ihr Patient habe das nicht gewollt. Zuletzt habe sie den Eindruck gehabt, so die Zeugin, dass es um H.s Zustand "schlimmer bestellt ist", als er bereit gewesen wäre, ihr zu sagen. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: