Prozess:Aufschlussreiches Telefonat

Das Landgericht München II geht der Frage nach: Hat eine 50-jährige Mutter ihren Sohn zum versuchten Mord angestiftet?

Von Andreas Salch, München/Dachau

Dass die Ermittler der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck ab Herbst 2013 ihre Telefongespräche mithörten und aufzeichneten, davon ahnte eine Mutter von drei Kindern nichts. Seit diesem Dienstag muss sich die 50-Jährige vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II verantworten, weil sie 2008 ihren jüngsten und damals noch strafunmündigen Sohn dazu angestiftet haben soll, den Vater mit einer Hantel zu erschlagen. Ob die Gesprächsaufzeichnungen ausreichen, um die Angeklagte zu überführen, ist offen. Dennoch dürften die Mitschnitte, die am zweiten Verhandlungstag vorgespielt wurden, für das Gericht aufschlussreich sein. Denn sie belegen vor allem eines: Die Mutter hatte 2008 tatsächlich mit ihren Kindern darüber gesprochen, den Vater aus dem Weg zu räumen.

Von Brisanz dürfte vor allem ein von der Kriminalpolizei aufgezeichnetes Gespräch vom Herbst 2013 sein. Gegen 19 Uhr am 6. Oktober erhielt die Angeklagte einen Anruf vom Partner ihrer 29-jährigen Tochter. Kurz zuvor hatte die Mutter einen Brief von der Staatsanwaltschaft am Landgericht München II bekommen, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass gegen sie ermittelt werde, weil sie ihren jüngsten Sohn dazu gebracht haben soll, den Vater zu töten.

In dem abgehörten Telefongespräch von Anfang Oktober 2013 wirkt der Partner der 29-Jährigen anfänglich etwas unsicher, kommt dann aber schnell zur Sache. Er wolle mit ihr "reden wegen der ganzen Sache, die hier abläuft." Die Mutter entgegnet: Sie frage sich inzwischen auch, warum sie und ihre Kinder auf "so einen Scheiß gekommen sind." Dann stellt sie klar: Wenn sie wirklich vorgehabt hätte, ihren Mann zu töten, "hätte ich es gemacht. Dann wär' er nicht mehr da." Der Partner der Tochter bittet die 50-Jährige, sie solle ihre Kinder aus der "Sache" raushalten. Sowohl er als auch seine Partnerin und die Angeklagte machen bei dem Gespräch einen nervlich angespannten Eindruck. "Ich gebe zu, dass es einen Hintergedanken gab", sagt die 50-Jährige an einer Stelle des Telefonats. "So was macht man nicht", hält ihr der Partner ihrer Tochter vor. Die Mutter versichert: "Es war alles ein Scheiß." Dann sagt sie, sie und ihre Kinder hätten sich "zusammengesetzt und überlegt". Der Partner ihrer Tochter erklärt fassungslos: "Das ist doch Hollywood. Das ist echt ein Hollywood-Scheißdreck." Über ihren jüngsten Sohn, den die Mutter zu der mutmaßlichen Tat angestiftet haben soll, sagt sie, er habe sich "in etwas verrannt". Der inzwischen 23-Jährige hatte zum Zeitpunkt an dem das Telefonat geführt wurde, bereits ausgesagt, dass er auf Geheiß seiner Mutter den Vater mit einer Hantel hätte erschlagen sollen. "Es ist alles nur in unseren Köpfen abgelaufen, ihn (gemeint ist der Vater Anm. d. Red.) aus dem Weg zu schaffen", beteuert die Mutter gegenüber dem Partner ihrer Tochter und bezichtigt ihren jüngsten Sohn, er wolle "ihr jetzt so eine Scheiße in die Schuhe schieben."

Das Gespräch geht hin und her. An einer Stelle bekennt der Anrufer: "So etwas habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt." Sie habe ihren Mann nie "umbringen" wollen, erklärt die Mutter zum wiederholten Mal. Die Gespräche mit ihren Kindern, in denen es darum gegangen sei, den Vater zu beseitigen, seien nichts weiter als "Frustgespräche" gewesen. Dann übernimmt die Tochter das Telefonat.

Auch sie macht der Mutter schwere Vorwürfe. Mit den Kindern darüber zu reden, den Vater aus dem Weg zu räumen, "so was macht man nicht", empört sich die 29-Jährige unter anderem. Ihr jüngster Bruder, habe damals das "Gefühl gehabt, dass es ernst ist." Der heute 23-Jährige soll seinem Vater im Verlauf des Jahres 2008 tatsächlich mit einer 1,5 Kilogramm schweren Hantel von hinten auf den Kopf geschlagen haben. Der Vater wurde nur leicht verletzt. Der Prozess dauert an.

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