Prinzenpark:Karlsfelder warten auf den Supermarkt

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Trostlose Kieslandschaft am Prinzenpark: Der Anblick wird wohl auch in den kommenden zwei Jahren so bleiben. (Foto: Toni Heigl)

Die Bewohner des Betreuten Wohnens am Karlsfelder Bahnhof fordern seit Jahren eine nahe gelegene Einkaufsmöglichkeit. Die Eigentümer des Geländes kündigen eine Neuplanung an

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Ein Supermarkt westlich der Bahn in Karlsfeld scheint erneut in weite Ferne gerückt zu sein. Seit Jahren warten die Anlieger sehnlichst auf eine solche Einkaufsmöglichkeit. Erlbau & Streicher, die Eigentümer der großen Brache am Karlsfelder Bahnhof, hatten den Bewohnern des Betreuten Wohnens, ihren Kunden, beim Verkauf einen Markt versprochen. Doch die Investoren stellten ihre Bautätigkeit ein, ohne ihr Versprechen einzulösen. Seither wächst der Unmut. Jetzt vertröstet Geschäftsführer Alois Erl junior die Senioren erneut. In einem Aushang im Betreuten Wohnen, der gleichzeitig auch ein Brief an Bürgermeister Stefan Kolbe ist, kündigt er eine Neuplanung an. Diese werde "mindestens ein bis zwei Jahre" dauern. In dieser Zeit wird wohl auch das Entrée zum Ort eine Baustelle ohne Fortschritt bleiben.

Die Anlieger sind sehr enttäuscht und verzweifelt zugleich - besonders die Senioren, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Zwar gibt es inzwischen einen Bus, doch für viele ist das keine Lösung, weil sie nicht mehr mobil genug sind. Neben den Lebensmitteln vermissen die älteren Leute auch das Eingebundensein in die Gemeinde. Für sie ist einkaufen gehen können ein Stück Lebensqualität, so Rechtsanwalt Johann Böhmer, der sich an der Seite von Schauspielerin Monika Baumgartner für die Leute im Betreuten Wohnen stark macht. Baumgartners Mutter lebt dort. "Das Schlimmste ist, wir können nichts zur Sache beitragen", klagt er. Die Ohnmacht wurmt ihn. Auch die übrigen Anlieger rund um die Brache sind offenbar ratlos, wenn nicht gar resigniert. Das Schreiben von Erl wurde inzwischen auf Facebook veröffentlicht, doch der Aufschrei blieb aus. "Wieder zwei Jahre Tiefschlaf", kommentiert der Unternehmer Till Schadde resigniert. "Was soll man machen?" Irgendwie hätten es die meisten wohl erwartet.

So leicht will sich Böhmer nicht geschlagen geben. "Die Situation ist nicht zumutbar", sagt er und überlegt. "Eine Petition wäre eine Möglichkeit oder eine Mediation." Das Wichtigste sei, dass das Gespräch zwischen Gemeinde und Investor aufrechterhalten würde und dass das Schwarze-Peter-Spiel aufhöre. Man müsse Druck auf beide Seiten ausüben, schlägt Eckard Moj, ein Bewohner, vor.

Mitte April hatte der Gemeinderat einstimmig das von Erlbau & Streicher vorgelegte Konzept mit einem Pflegeheim, einem großen Parkhaus direkt am Bahnhof, 180 Wohnungen und einem Hotel abgelehnt. Danach gab es offenbar noch einige Gesprächsrunden, aber keine Einigung. Die auf Pflegeeinrichtungen spezialisierte Erlbau GmbH hatte den Karlsfeldern erklärt, dass es für Büros keine Abnehmer gebe. Daraufhin ließ man ein Gutachten anfertigen, das zu einem gegenteiligen Ergebnis kam. Erlbau hat laut Schreiben ein Gegengutachten in Auftrag gegeben, das den Bedarf einer Pflegeeinrichtung überprüft hat. "Den gibt es natürlich, weil München völlig unterversorgt ist", sagt CSU-Fraktionschef Bernd Wanka. "Wir bauen aber keine Pflegeplätze für die Stadt München." Die Parteien sind sich einig: Das Areal an der Bahn ist für Gewerbe vorgesehen. "Wir haben zu wenig Gewerbesteuer - exorbitant zu wenig. Das spiegelt die letzte finanzielle Diskussion", sagt Bürgermeister Kolbe. Am Ende des Jahres wird die Gemeinde mit 23 Millionen Euro in den Miesen sein. "Wir sind Erlbau zwei Mal entgegengekommen, aber wir haben nichts dafür bekommen", klagt der SPD-Fraktionschef Franz Trinkl.

In seinem Schreiben hat Erl nun klar gestellt, dass er von seinem Konzept Abstand nimmt. Man versuche nun einen größeren gewerblichen Ankermieter für das Gelände zu finden und ein "neues Nutzungskonzept für die Restfläche zu erarbeiten". Wanka rechnet mit einem halben Jahr Ruhe in den Verhandlungen. Kolbe hofft, dass Erl den Richtigen findet.

In der Übergangsphase wolle man versuchen den Bewohnern des Betreuten Wohnens vielleicht eine Zwischenlösung zu bieten, so Wanka. Eventuell ein Wochenmarkt, aber darüber müsse man noch mal nachdenken. Im Mai hatten laut Wanka noch zwei Discounter Interesse für das Gebiet bekundet. Bei Erlbau wollte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung am Dienstag niemand Stellung nehmen.

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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