Premiere in Hebertshausen und im Landkreis:Erste virtuelle Bürgerversammlung

Bürgermeister Reischl

Richard Reischl, der Bürgermeister von Hebertshausen, setzt neue Maßstäbe für die Bürgerversammlung.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Etwa 127 Hebertshausener verfolgten den Bericht des Bürgermeisters am Computer. Benachbarte Politiker klinkten sich ein

Von Horst Kramer, Hebertshausen

Ein neunzigminütiges Referat des Bürgermeisters mit rund sechzig Folien, ein Rückblick auf das vergangene Jahr und eine Vorschau auf die künftigen Entwicklungen. Anschließend dreißig Minuten Aussprache, in denen Richard Reischl (CSU) auf zirka zwanzig Fragen einging. Das klingt nach einer von vielen üblichen Bürgerversammlungen, wie sie jedes Jahr und überall stattfinden. Doch tatsächlich war die Hebertshausener Veranstaltung in diesem Jahr eine Premiere: Denn der Rathauschef informierte seine Einwohner erstmals im virtuellen Raum. Er nutzte dazu die US-Software "Go To Meeting", ein Tool.

Bis zu 127 Endgeräte waren an diesem Abend in Hebertshausen zugeschaltet. Reischl und sein Team gehen davon aus, dass sich jeweils zwei bis drei Menschen vor einem Laptop, PC, Tablet oder Smartphone versammelt hatten und man demnach zwischen 250 und 300 Menschen erreicht hat. Darunter waren nicht nur Bürgerinnen und Bürger der eigenen Gemeinde, sondern auch Interessierte aus dem Landkreis: So hatte sich anfänglich Reischls Sulzemooser Amtskollege Johannes Kneidl (CSU) zugeschaltet. Fast durchgängig dabei war außerdem die Karlsfelder SPD-Fraktionsvorsitzende Venera Sansone. Die beiden können ihren Heimatgemeinden weitergeben, dass die Veranstaltung abgesehen von ein paar kleineren technischen Schwierigkeiten völlig reibungslos über die Bühne ging. Mitunter Hauptgrund dafür war die Tatsache, dass alle Teilnehmenden stumm und die Kameras ausgeschaltet waren, lediglich Reischl und seine Folien wurden live gestreamt. Eine typische Bürgerversammlungsatmosphäre mit hitzigen Wortgefechten konnte auf diese Weise nicht aufkommen, ein informeller Austausch im Anschluss auch nicht. Aber der Bürgermeister brachte seine Botschaften immerhin effizient an sein Auditorium. Bei seinem Rückblick ließ Reischl die Corona-Monate Revue passieren und hob dabei den Einsatz der 100 freiwilligen Näherinnen sowie dem einen Näher hervor, die in der Anfangsphase der Pandemie rund 9000 Masken hergestellt hatten. Ausdrücklich dankte er auch der Nachbarschaftshilfe für ihren Einkaufsservice sowie den Lehrerinnen und Lehrern der Grund- und Mittelschule für ihren "enormen Einsatz". Auf der dazugehörigen Folie war vom "katastrophalen Management des Kultusministeriums" die Rede.

Auf das größte Interesse unter den Zuhörerinnen und Zuhörern trafen allerdings seine Ausführungen zu den Neubaugebieten in Hebertshausen und Prittlbach. Mehr als die Hälfte der rund zwanzig Publikumsfragen drehten sich um die Details des Vergabemodells, das dabei zum Tragen kommt. Reischls wichtigste Botschaft lautete: "Keine Angst, wir werden rechtzeitig über die Formen und Fristen informieren. Niemand muss sich Sorgen machen, Termine zu verpassen." In Prittlbach werden acht Grundstücke entstehen und in Hebertshausen sollen Am Hofanger mehr als dreißig Grundstücke auf den Markt kommen.

Die Gemeinde vergibt ihre Grundstücke nach dem Punktesystem des Einheimischenmodells, bei dem die Wohndauer in der Kommune, die Anzahl der Kinder, betreute Angehörige, Vereinsengagement und andere Kriterien eine Rolle spielen. Der Quadratmeterpreis muss allerdings erst durch ein Gutachten ermittelt werden. "Er wird bei rund fünfzig Prozent des Marktpreises liegen", versprach Reischl. Bei Punktgleichheit entscheidet das Los. Eigentümer der östlichen Flächen am Hofanger ist die katholische Kirche. Laut Reischl will sie ihren Teil in Form von Erbpacht vergeben. Die Mühlen in der diözesanen Kirchenverwaltung drehen sich sehr langsam, so der Bürgermeister: "Wir warten schon seit mehreren Monaten auf die Beantwortung einer einfachen Frage."

Mit den beiden Maßnahmen, hofft Reischl, werde "ein bisschen Druck aus dem Kessel" genommen, auch wenn die Nachfrage das Angebot weit übersteige. Für den Neubau des Wohn- und Geschäftshauses in der Bahnhofstraße 4 soll im Juni der Startschuss fallen: Dort entstehen vier Wohnungen, die dank staatlicher Förderung zu günstigen Konditionen vermietet werden. Zudem schreitet die Planung des Areals rund um die Alte Holzschleiferei voran: Im April will die Gemeinde die Sieger des derzeit laufenden Architektenwettbewerbs verkünden. Mittelfristig soll dort "ein neues Viertel" mit behindertengerechten Wohnungen, Sozialwohnungen und Eigentumswohnungen entstehen. Eine weitere Wohnbaumaßnahme plant die Deutsche Bahn nahe des S-Bahnhofs. Sie will dort Mitarbeiterwohnungen errichten und im Gegenzug ein Parkhaus auf eigene Kosten bauen. "Damit sparen wir uns Ausgaben von 1,2 Millionen Euro", so Reischl. Zudem habe für die Räumlichkeiten im neuen Ärztehaus eine Allgemein- sowie eine Kinderarztpraxis ihr Interesse bekundet, außerdem eine Physiotherapiepraxis sowie eventuell auch eine Logopädiepraxis. Im Erdgeschoss wird eine Apotheke einziehen. Reischl freut sich: "Unsere ärztliche Versorgung wird sich damit deutlich verbessern."

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