Porträt:Mit Köpfchen

Eintracht Braunschweig v TSV 1860 Muenchen - Second Bundesliga

Den Ball und ein klares Ziel vor Augen: Der Dachauer Fußball-Profi Quirin Moll möchte mit Eintracht Braunschweig in die erste Fußball-Bundesliga aufsteigen.

(Foto: Sielski/Bongarts)

Quirin Moll aus Dachau hat geschafft, wovon viele Buben träumen: Er spielt als Profifußballer in der zweiten Bundesliga. Doch der Weg war schwer und nicht ohne Rückschläge. Nun will der 25-Jährige weiter aufsteigen

Von Benjamin Emonts, Braunschweig/Dachau

Hunderte Buben aus dem Landkreis Dachau spielen Fußball und träumen von der Karriere eines Thomas Müller oder Manuel Neuer. Zuhause auf dem Bolzplatz spielen sie Szenen nach, die sie in der Sportschau gesehen haben. Abends geht's dann weiter ins Vereinstraining und an den Wochenenden zu den Punktspielen. Ein Bruchteil von ihnen schafft es mit viel Fleiß und Talent womöglich sogar in die Jugendmannschaften der großen Vereine wie Bayern, Augsburg oder 1860. Doch dann ist bei fast allen irgendwann Schluss. Der Übergang in den Profifußball gelingt so gut wie keinem.

Der Dachauer Quirin Moll ist auf dem Weg nach ganz oben: Der 25-Jährige spielt für Eintracht Braunschweig in der zweiten Bundesliga. Er läuft in Kaiserslautern oder München in die großen Arenen des Sports ein. In seinem Heimstadion in Braunschweig skandieren Zehntausende Fans seinen Namen, wenn er das Spielfeld betritt. Doch die Erfolgsgeschichte, an der er jetzt in Niedersachsen schreibt, ist auch eine von Rückschlägen.

Moll, ein stämmiger Kerl von 1,82 Metern Größe, stammt aus einer Sportlerfamilie. Sein Vater, Stadtrat Wolfgang Moll, ist Vorsitzender des Radsportclubs Soli Dachau und des TSV Dachau 1865. Er ist einer der wichtigsten Sportfunktionäre der Großen Kreisstadt. Molls Schwester spielte lange ambitioniert Handball. Für die Eltern war es selbstverständlich, die Kinder an den Wochenenden zu Wettkämpfen zu begleiten oder ins Training zu fahren. Auch heute noch sitzt Vater Moll nahezu jedes Wochenende auf einer Tribüne der Zweiten Bundesliga und fiebert mit. "Wenn mein Sohn ins Stadion einläuft, bekomme ich Gänsehaut. Da freut man sich riesig", sagt er. "Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mich von Anfang an dafür eingesetzt habe. Es ist schön, dass sich die Mühen jetzt auszahlen."

"Ich habe immer gehofft, dass der Weg weitergeht"

Der Weg seines Sohnes in die Sphären des Profifußballs verlief beschwerlich. Quirin Moll begann beim TSV Dachau 1865. Ohne sich große Hoffnungen zu machen, schickte sein Vater ihn im Alter von sieben Jahren zu den Talenttagen des FC Bayern. "Es war cool mal auf dem Gelände von Bayern zu sein. Ich wollte eigentlich nur ein bisschen Fußball spielen", erinnert sich Quirin Moll. Die Talentspäher aber hatten mehr mit dem Jungen vor - sie holten ihn umgehend in die F-Jugend des Vereins. Moll etablierte sich in den Junior-Teams, er war Stammspieler und zeitweise sogar Kapitän. "Ich war mir sicher, dass ich einmal Fußball-Profi werden möchte", sagt Moll, der bis zur Mannschaft der unter 17-Jährigen alle Altersklassen erfolgreich durchlief. Doch dann wurde er zu seinem Entsetzen für nicht mehr gut genug befunden, um für den großen FC Bayern zu spielen.

"Ich habe immer gehofft, dass der Weg weitergeht", sagt Moll. "Ich war extrem enttäuscht." Doch irgendwie musste es ja weitergehen mit ihm und seinem großen Traum. Der inzwischen verstorbene Stefan Beckenbauer, Sohn von Kaiser Franz, vermittelte Moll an die Jugend der SpVgg Greuther Fürth, wo ihn aber schnell das Heimweh plagte. Im zweiten Jahr erlitt er noch dazu eine schwere Knieverletzung. Ein Platz im Profikader des Zweitligisten Fürth wurde ihm versagt. Der Familienkreis vereinbarte, dass er sich nicht mehr ausschließlich auf Fußball konzentrieren sollte. Moll zog wieder bei den Eltern in Dachau ein und begann in München ein Studium in Bauingenieurwesen. Er heuerte beim Münchner Vorstadtverein Heimstetten in der Bayernliga an, was zunächst einem großen Rückschritt gleichkam. Mit zwei Toren in der Relegation gegen Würzburg hatte er maßgeblichen Anteil am Aufstieg der Mannschaft in die Regionalliga. Der Drittligist Unterhaching verpflichtete ihn. Dort spielte er zwei Jahre lang für relativ kleines Geld zu Profibedingungen. Ein neuer Anfang war gemacht. Das Studium brach er daraufhin wieder ab.

"Für solche Momente lebst du als Fußballspieler"

Molls konstante Leistungen brachten ihm schließlich einen Vertrag beim Drittligisten Dynamo Dresden ein. Beim größten und traditionsreichsten Verein Ostdeutschlands spielte er plötzlich vor 30 000 enthusiastischen Fans. "Ich hatte richtig Gänsehaut", erinnert sich Moll an sein erstes Spiel in Dresden. Das volle Stadion, die aufgeheizte Stimmung - "für solche Momente lebst du als Fußballspieler". Moll war wieder voll im Geschäft. Er ist laufstark, erobert unermüdlich Bälle und verteilt sie präzise an seine Mitspieler. Er verkörpert den modernen Sechser, kopfballstark und robust in den Zweikämpfen, im Bereich zwischen Abwehr und Offensivabteilung: eine Stützte für das gesamte Mannschaftsgefüge. Nach dem Aufstieg mit Dresden in die Zweite Bundesliga wechselte er zum Ligakonkurrenten Eintracht Braunschweig, der schon lange um seine Qualitäten wusste und ihn mehrfach von Dresden loseisen wollte.

In Niedersachsen spielt er in einem boomenden Traditionsverein. Sportlich und finanziell läuft es hervorragend. Die Mannschaft rangiert derzeit auf dem ersten Platz der Tabelle und könnte wieder in die erste Bundesliga aufsteigen. Moll selbst stand in 15 Spielen 14 Mal in der Startaufstellung. Zwölf der Partien spielte er durch. Sein Marktwert wird inzwischen auf 700 000 Euro geschätzt.

Wenn er frei hat, kocht er abends

In Braunschweig lebt er in einer Drei-Zimmer-Wohnung mit seiner Freundin Katja Kühne, der Gewinnerin des Trash-Fernsehformats "Der Bachelor". Sein Alltag ist komplett auf den Sport ausgerichtet. An spielfreien Tagen hält er sich rund fünf Stunden auf dem Vereinsgelände auf. Er trainiert ein bis zwei Mal pro Tag mit der Mannschaft, dazu kommen Muskelaufbautraining, Stabilitäts- und Dehnübungen, Behandlung beim Physiotherapeuten, Regeneration im Wärme- oder Kältebecken, Spielbesprechungen und einmal pro Woche Yoga.

Wenn er dann frei hat, kocht er abends. "Ich achte sehr auf meine Ernährung und kaufe bewusst ein." Dabei folgt der 25-Jährige einem präzise erstellten Ernährungsplan. "Mein Körper ist mein Kapital." Im Fernsehen sieht er sich die Spiele der Champions League an oder verbringt die Zeit mit seiner Partnerin.

Sein großes Ziel, die erste Bundesliga, verliert er nie aus dem Auge, sie sei "der Traum eines jeden Fußballers", so sagt er. Doch er beschäftigt sich auch mit der Zeit nach dem Sport. "Man verdient schon gutes Geld, aber natürlich gibt es eine Zeit danach, über die ich mir Gedanken mache." Es gehe darum, clever mit dem Verdienten umzugehen, er investiere in Immobilien, was bei einem Vater, der im Bauträgergeschäft tätig ist, naheliegt. In der ersten Liga würden sich seine Bezüge fast verdoppeln. Moll wirkt bodenständig, er weiß aus eigener Erfahrung wie schnelllebig das Profigeschäft ist. Sein Vater sagt: "Wir wissen jeden Tag zu schätzen, an dem der Sohn so erfolgreich und verletzungsfrei spielen kann."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: