Süddeutsche Zeitung

Ponyreiten auf dem Volksfest:Abgehalftert

Der Stadtrat lehnt Ponyreiten auf dem Volksfest endgültig ab. Tierschutzorganisationen begrüßen die Entscheidung.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Aus Sicht von Tierschützern hat die Stadt Dachau am Dienstagabend Geschichte geschrieben: Kinder können von 2016 an auf dem Dachauer Volksfest nicht mehr auf Ponys reiten. Der Deutsche Tierschutzbund mit Sitz in Bonn begrüßte die Entscheidung und erklärte, Dachau nehme mit wenigen anderen Kommunen deutschlandweit eine Vorbildrolle ein. Die Münchner Organisation Animals United erklärt: "Stadtrat setzt historisches Zeichen." Mit 20 zu 18 Stimmen hat der Stadtrat am Dienstagabend beschlossen, das Verbot beizubehalten. Die Befürworter des Verbots argumentieren mit dem Tierwohl. Das stundenlange Im-Kreis-Laufen in nur eine Richtung führe nachweislich zu Schäden an Haltung und Skelett der Tiere.

Mitglieder von Animals United hielten im Stadtrat stumm Schilder hoch, auf denen etwa stand: "Ihr seid unsere Hoffnung", "Volksfest ja, aber ohne Tierleid" oder "Ponys sind keine Maschinen". Solche Kundgebungen sind im Stadtrat nicht erlaubt, jedoch beschwerte sich keiner der Stadträte. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) bemerkte die Aktion, die in seinem Rücken stattfand, erst nach einer halben Stunde und beendete sie dann.

Klagen über anonyme und unfreundliche E-Mails

Das Verbot war bereits am 15. Juli im Haupt- und Finanzausschuss mit neun zu sechs Stimmen beschlossen worden. Durch einen Bürgerantrag der Fraktionsgemeinschaft FDP und Bürger für Dachau (BfD) kam es erneut auf die Tagesordnung. "Zahlreiche Anfragen von Bürgern haben gezeigt, dass das Ponyreiten auf dem Volksfest weiterhin gewünscht wird", hieß es in dem Antrag, dem 549 gültige Unterschriften beigefügt waren. Die Gegner des Verbots erklärten, eine Tradition erhalten zu wollen. Außerdem sei der Ponyreitbetrieb eine gute Möglichkeit für Kinder, in Kontakt mit Tieren zu kommen - da sie bezahlbar und gut zugänglich sei. Jürgen Seidl (FDP) und Wolfgang Moll (CSU) beklagten sich über eine Flut an teils anonymen und offenbar wenig freundlichen E-Mails von Kritikern des Ponyreitens. Moll sprach von einer "polemischen Kampagne". Die Ponys seien Arbeitstiere und stünden sichtbar gut im Futter. Ihm wäre es lieber, sagte Moll, Kinder würden auf Reiterhöfe gehen, doch das könne sich nicht jede Familie leisten. Edgar Forster von den Freien Wählern fragte: "Muss man die Tierwelt retten mit so einer Sache am Volksfest?" und warf Luise Krispenz vor (Grüne) vor, sich nicht für den Bürgerwillen zu interessieren.

Krispenz hatte angemerkt, dass der Bürgerantrag nicht ganz regelkonform gewesen sei, da er sich ausdrücklich auf den Betrieb der Familie Kaiser bezogen habe. Auch Hauptamtsleiter Josef Hermann erklärte, der Antrag sei "wohlwollend" ausgelegt worden. Um Vermittlung bemühten sich Rainer Rösch und Peter Gampenrieder von der ÜB, die vorschlugen, das Ponyreiten verträglicher und besser für die Tiere zu gestalten. Luise Krispenz hatte zuvor ausgeführt, was sie aus Recherchen und Gesprächen mit Tierhaltern und -ärzten erfahren hatte. Die einseitige Belastung der Tiere führe zu einer schiefen Haltung, welche die Ponys auszugleichen versuchten. Dabei verdrehten sich ihre Fußgelenke. "Das Wohl eines Tieres ist nicht dem reinen Vergnügen unterzuordnen", sagte sie.

Knappes Ergebnis

Die Abstimmung verlief knapp. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Dominik Härtl gab die entscheidende Stimme. Er hatte bereits im Juli mit Florian Schiller für das Verbot gestimmt, doch Schiller war am Dienstag nicht da. Härtls Stimme blieb die einzige pro Verbot in der CSU. SPD, Grüne, Bündnis und ÜB stimmten geschlossen für das Verbot, gegen die Stimmen von CSU, FW und FDP/BfD. Zusammen mit dem Ponyreiten ist damit laut Beschluss vom Juli jeglicher "Schaustellerbetrieb mit lebenden Tieren" auf dem Volksfest untersagt. Auch die Mäuseburg.

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SZ vom 12.11.2015/gsl
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