Pikachu muss in der Schule bleiben! Das fordern zumindest die Grundschüler in Altomünster, die vergangene Woche mehrmals auf ihrem Pausenhof gegen das Verbot von Pokémon-Sammelkarten auf dem Schulgelände demonstriert haben. Zuvor hatte die Schulleitung das Spielen mit den papiernen Kreaturen untersagt, weil es unter den Kindern zu viele Streitereien gegeben habe. Die Karten gibt es seit Mitte der Neunzigerjahre. Sie scheinen aber gerade einen neuen Hype zu erleben, angetrieben von Influencern, die die japanischen Spielfiguren wieder für sich entdeckt haben.
Auch in den Grundschulen in Augustenfeld und Schwabhausen beobachten die Schulleitungen, wie immer mehr der bunten Monster durch die Hände ihrer Schülerinnen und Schüler wandern. In Schwabhausen sind die Karten in den Vormittagspausen schon länger verboten, in Dachau sind sie noch erlaubt. Probleme gebe es mit den Pokémon aber an beiden Schulen keine, teilen die Schulleitungen mit.
Lehrkräfte hätten erzählt, wie das Pokémon-Fieber den Unterricht erschwerte
In Altomünster dagegen habe das Tauschen von Pokémon schlicht überhandgenommen, erzählt die stellvertretende Schulleiterin Susanne Tausche. Denn einzelne Karten haben mittlerweile einen großen Sammlerwert: Wenn da eine verlorenging oder gar von einer Mitschülerin gestohlen wurde, war das Drama groß. Und bald hätten sich die Streitigkeiten nicht mehr auf die Pausen beschränkt, sagt Tausche. Als ihr immer mehr ihrer Lehrkräfte davon erzählt hätten, wie das Pokémon-Fieber den Unterricht erschwerte, musste sie eine Entscheidung treffen. "Ich habe gesagt: Jetzt ist Schluss!" Vor zwei Wochen war das. Und plötzlich wurden - zum Schrecken einiger Grundschüler - alle Pokémon-Karten auf dem Schulgelände zu verbotener Ware.
Das wollten die jungen Sammler nicht auf sich sitzen lassen. Ein Schüler habe deshalb Anfang der vergangenen Woche einen Protest initiiert. Es wurden Plakate gemalt und auf dem Schulhof demonstriert, zuerst nur mit wenigen Mitstreitern. Am Freitag dann sei es - Tausche zufolge - fast ein Drittel der Grundschüler gewesen, die sich der lautstarken Pokémon-Rebellion angeschlossen hätten, die bei den älteren Mittelschülern im Gebäude eher für Kopfschütteln gesorgt habe.
Konrektorin ist beeindruckt von demokratischem Protest
Auch Susanne Tausche wurde von den Demonstrationen überrascht. Doch die stellvertretende Schulleiterin ist schnell begeistert: "Wow, da schau sie an", habe sie sich gedacht. Sie sei beeindruckt, wie demokratisch die Pokémon-Verfechter den Protest organisiert hätten, sagt sie: "Die Kinder hätten ja auch alle einzeln zu mir rennen und sich beschweren können." Sie wolle ihre Schüler ernst nehmen.
Am vergangenen Montag habe sie der Gruppe deshalb ein Gespräch angeboten. Jede Klasse solle zwei Kinder auswählen, die dann in einer ersten Verhandlungsrunde nach den Pfingstferien mit der Schulleitung über die Zukunft der Pokémon an der Grundschule Altomünster diskutieren sollen. Seit dem Angebot habe es - anders als noch vergangene Woche angekündigt - an der Schule keine Proteste mehr gegeben. Die Kinder sollen sich jetzt überlegen, so Susanne Tausche, was sie der Schulleitung anbieten wollen, damit sie die Sammelkarten wieder freigeben könne.