"Plug&Play" im Dachauer Thoma-Haus:Einstöpseln und abgehen

Beim "Plug&Play" im Thoma-Haus zeigen elf Bands für jeweils 1111 Sekunden ihr Können. Die Musiker geben alles und bringen die 600 Besucher im ausverkaufte Thoma-Haus kollektiv zum Ausflippen

Von Andreas Förster, Dachau

"Plug&Play" im Dachauer Thoma-Haus: Der "Wamba Brass Club" aus dem Allgäu eröffnet den Reigen der Bands im Thoma-Haus.

Der "Wamba Brass Club" aus dem Allgäu eröffnet den Reigen der Bands im Thoma-Haus.

(Foto: Toni Heigl)

Es soll Menschen geben, die mit der Zahl 13 etwas Negatives verbinden. Rainer Rackl, Impresario des Plug & Play- Festivals in Dachau, gehört nicht dazu. Im Gegenteil: Für ihn sei die 13 eine Glückszahl, sagt er bei der Begrüßung im ausverkauften Ludwig-Thoma-Haus. Er habe schließlich an einem 13. Geburtstag, und so steht auch das 13. Plug & Play, so klischeehaft das auch klingen mag, unter einem Glücksstern. Der hat die Form einer Sonne und schwebt über der Club Stage als Teil der Bühnendeko, die aus dem Fundus von Just-Chanpero-Drummer Christoph Mader stammt. Die Dachauer Kultband, die vergangenen Herbst ihr 25-jähriges Jubiläum feierte, hat das Plug & Play 2007 aus der Taufe gehoben. Zum sechsten Mal wird es nun aber schon von Rackl organisiert unter tatkräftiger Mitwirkung seiner Familie, vieler Helfer und unterstützt vom Kulturamt Dachau, wie er betont.

Es ist aber nicht nur die Zahl 13 und die künstliche Sonne, die dem Festival in diesem Jahr besonderen Glanz verleihen. Es ist die unfassbare Energie, die vom euphorisierten Publikum auf die Musiker überspringt - und umgekehrt. Denn die ersten zehn Bands müssen, das ist Gesetz beim Plug and Play, ihr ganzes Können in nur 1111 Sekunden abrufen. In diesen etwas mehr als 18 Minuten, die nach dem Drücken des roten Buzzers auf der Bühne als Countdown rückwärts gezählt werden, sollen und wollen sie ihr ganzes Repertoire zeigen und das Publikum mitreißen. Wer wann dran kommt, ist Glückssache: Die Reihenfolge der Auftritte wird zu Anfang des Festivals ausgelost.

Die weiteste Anreise hatte diesmal der Wamba Brass Club, eine siebenköpfige Band aus Steingaden im Allgäu. Sie machen den Anfang und schieben sofort mächtig an. Mit Posaune, Trompete, Saxofon, Schlagzeug, Bass, Gitarre, Akkordeon und kraftvollem bayerischem Rap-Sänger und Ziach-Spieler Andi Nöß erzeugen sie einen mitreißenden Mix aus Polka und Punk. Nöß heizte mit seinen Stakkato-Rap-Salven dem Publikum schon mal gehörig ein.

"Plug&Play" im Dachauer Thoma-Haus: Die meisten Musiker kommen aber aus Dachau. Wie zum Beispiel Constanze Miller, Sängerin von "Amala".

Die meisten Musiker kommen aber aus Dachau. Wie zum Beispiel Constanze Miller, Sängerin von "Amala".

(Foto: Toni Heigl)

Dass Plug & Play aber nicht nur für Hochgeschwindigkeitsmusik mit Bigband-Gewitter steht, zeigt die nachfolgende Band: Poolhouse 4 setzt auf der Club Stage eher auf chilligen Unplugged-Rock, unter anderem mit einer sehr gelungenen Interpretation des Eighties-Hits "Beds are Burning" von Midnight Oil und herausragenden Gesangsharmonien.

Cheerio Joe aus Fürstenfeldbruck nennen ihre Mischung Rock'n'Folk, aber auch Country-Elemente sind dabei. Ihre Musik erinnert teilweise an den deutschen Gute-Laune-Beitrag zum European Song Contest von 2006, "No No Never" von Texas Lightning. Vor allem Sängerin Tina Fischer reißt das Publikum mit ihrer positiven, fröhlichen Ausstrahlung mit.

Während drin gespielt wird und sich Luft und Stimmung immer mehr aufheizen, verteilt sich ein Teil der etwa 600 Gäste - so viele hatte die Stadt Dachau nach dem Umbau des Thoma-Hauses zum ersten Mal zugelassen - auch im Foyer. Hier ist die Stimmung genauso prächtig, viele kennen sich. "Das Plug & Play ist immer auch ein Treffpunkt für die Dachauer Musikfamilie", sagt Robert Rackl stolz. Rainers Bruder ist für die Security zuständig. Die Eltern wiederum sorgen für die Verpflegung der Künstler. Die familiäre Betreuung ist neben dem professionellen Equipment der Bavaria Sound Technik ein weiterer Grund, warum viele Bands gerne beim Plug & Play auftreten. Das gilt auch für Friends'n'Rabbits aus Dachau, bei ihren Abba-Cover-Songs singt das Publikum mit, auch Rackls Mutter, die jede Gelegenheit nutzt, um den Bands zuzuschauen, wenn sie nicht gerade ihre selbstgebackenen Kuchen an den Mann oder die Frau bringt.

"Plug&Play" im Dachauer Thoma-Haus: Mit "Ginger Red" rocken weitere Lokalhelden die Center Stage.

Mit "Ginger Red" rocken weitere Lokalhelden die Center Stage.

(Foto: Toni Heigl)

Als nächstes entern Kraut & Ruhm aus München die Center Stage. Ihr Stilmix aus Reggae, Hip Hop, Rock'n'Roll und Pop, gepaart mit den wandelbaren Stimmen von Sängerin Miriam Bettaieb und Ur-Bayer Dominik Oberhauser, der schneller rappt als sein Schatten, verleihen den selbst geschriebenen Songs absolutes Hit-Potenzial. Kraut & Ruhm, das ist wie Hans Söllner auf Speed.

Es lassen sich kaum alle Bands ausführlich beschreiben, zu viele sind es und alle haben ihre Qualitäten. Wie Amala mit der Dachauerin Constanze Miller, bekannt als Sängerin von Orange Fizz sowie Vater Franz Miller am sechssaitigen E-Cello. Die ureigenen jazzigen Interpretationen von Popklassikern wie "Every Breath You Take" von Police oder "Easy" von den Commodores jagen den Zuhörern wohlige Schauer über den Rücken.

Mit Ginger Red rocken weitere "Local Heroes" die Center Stage, Sängerin Petra Leu erweckt Freddy Mercurys "Another One Bites the Dust" zu neuem Leben, das Gitarrensolo steht dem von Queen-Gitarrist Brian May in nichts nach. Es folgen die Auftritte von Gschwerl (bayerische Folkmusik), The Finest Four (Bombast-Rock & Jazz) und T4U mit Gastgeber Rainer Rackl an der Akustikgitarre und Sängerin Luka Jerkovic an der Geige. Sie könnte optisch und musikalisch als Tochter der irischen Pop-/Folklegende Enya durchgehen.

Als letztes folgen die Lokalmatadoren von Just Chanpero. Der finale Gänsehautmoment ist aber der gemeinsame Auftritt von allen Bands zu Bob Marleys "One Love One World". "So bunt und vielfältig wünsche ich mir Dachau", rief Rackl abschließend ins Publikum. Besser hätte dieser Abend nicht enden können.

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