Pläne für die Ortsmitte:Indersdorfer Harmonie

Bürgermeister Franz Obesser (CSU), Geschäftsführer Klaus Mayershofer und Daniela Lampl vom Bauamt moderieren die Diskussion um die künftige Gestaltung des Marktplatzes mit Bürgern und Anwohnern als gemeinsames Projekt in großer Übereinkunft

Von Wolfgang Eitler, Markt Indersdorf

Das Problem mit der Straßenausbaubeitragssatzung - ja, sie heißt wirklich so - ist nicht nur, dass Anwohner mitzahlen müssen, wenn eine Trasse erneuert oder um einen Gehsteig erweitert wird. Sie kann auch dazu führen, dass Wünsche von Bürgern und sinnvolle Verbesserungen zu scheitern drohen. Dafür hätte Markt Indersdorf ein trefflich bedrückendes Beispiel werden können. Aber Bürgermeister, Gemeinderat und Anwohner haben das Konfliktpotenzial rechtzeitig erkannt und erfolgreich entschärft.

Wegen der Straßenausbaubeitragssatzung kommen schnell große Beträge zusammen, wie beispielsweise der kleine Weiler Langengern bei Erdweg leidvoll erfahren hat. Die Bewohner müssen den Ausbau der Durchgangsstraße mitzahlen, obwohl die Mehrheit der Autos aus Augsburg und dem Landkreis Aichach-Friedberg Richtung München und Autobahn fährt und auf dem Schleichweg ständigen Staus ausweicht. Die Langengerner werden bedauert, aber helfen kann ihnen juristisch niemand. Pech gehabt.

Zurzeit hat der Marktplatz die Anmutung eines chaotischen Parkgeländes

Insofern ist die Frage durchaus spannend, wie es Markt Indersdorf ergehen würde, wenn sich die Anwohner auf dem Marktplatz mit den neuen Ausbauplänen befassen. Die juristische Lage ist nochmals eine Stufe komplizierter als in Langengern. Denn hier plant der Gemeinderat nicht nur eine Straße, sondern will einen ganzen Platz neu gestalten lassen. Er will dort Bäume anpflanzen und Freiräume schaffen, also ein Areal, welches das Prädikat einer "schönen Aufenthaltsqualität" erfüllen kann. Denn zurzeit hat der Marktplatz die Anmutung eines chaotischen Parkgeländes, auf dem einige Restaurants und Cafés sich redlich bemühen, die fehlende Attraktivität zu kompensieren.

Da wünscht man sich als Politiker keine Betonsteine, sondern eventuell Granit als Bodenbelag, am besten in einer farblich abgestimmten Akzentuierung. Und da will man nicht an einzelnen Details zu sparen beginnen. Es ist schon so, wie Bürgermeister Franz Obesser (CSU) kürzlich sagte: "Wir planen und bauen hier nicht für ein paar Jahre, sondern für Jahrzehnte." Der gesunde Menschenverstand würde nun vorschlagen, dass die Anwohner sich an den Grundkosten eines so fundamentalen Umbaus beteiligen. Die Gemeinde hingegen übernimmt die weiteren Kosten für eine aufwendige Gestaltung - damit also die gesamte Bevölkerung. Klaus Mayershofer, Geschäftsführer im Indersdorf Rathaus, lacht mit leicht sarkastischem Unterton. "Das wäre es gewesen." Aber: "Das erlaubt die Straßenausbaubeitragssatzung nicht." Nach ihrer Vorgabe müssen sich die Anwohner an allen Kosten beteiligen.

Was tun? Wie Streit vermeiden? Wie den Kompromiss zwischen den Anwohnern einerseits und der Bevölkerung andererseits finden, die einen schönen Marktplatz haben will, aber nicht mitzahlen muss? Die Versuche von Kommunen, die vom Bayerischen Landtag beschlossene Satzung aufzuweichen, damit sich ein ganzer Ort bei entsprechendem öffentlichen Interesse beteiligen kann, sind juristisch im Freistaat mit Urteil vom 9. November 2016 endgültig gescheitert. Wenn eine Kommune sich nicht an das Gesetz hält, riskiert sie, sämtliche staatlichen Zuschüsse zu verwirken.

Bürgermeister Obesser und seine Mitstreiter vereinbaren einen Kompromiss mit den Anwohnern

Bürgermeister Obesser, Geschäftsführer Mayershofer und Daniela Lampl vom Bauamt haben mit den Anwohnern folgenden Kompromiss ausgehandelt, dem der Gemeinderat bereits zugestimmt hat: Demnach übernimmt die Gemeinde die gesamte Finanzierung der Freiflächen. Für die Straße selbst müssen die Anwohner mitzahlen. Der Kompromiss hat zur Folge, dass eine weitere Idee des Bürgermeisters, die unter dem Stichwort "shared spaces" (wörtlich: geteilter öffentlicher Raum) kursiert, nicht weiter verfolgt wird. Einige Kommunen, auch in Bayern, haben den öffentlichen Raum so gestaltet, dass Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer gleichberechtigte Partner sind. Dadurch wird der Unterschied zwischen Straße und Gehsteig aufgelöst, alles wird zum öffentlichen Raum. Die Erfolge sind unstrittig. Aber wenn Indersdorf diese Idee ernsthaft erwogen hätte, wären die Anwohner mit noch viele höheren Beiträgen belastet worden. Denn dann hätte die Gemeinde die Zuschüsse verloren, die sie vom Staat ausschließlich dafür bekommt, dass die Straße durch den Marktplatz den rechtlichen Charakter einer Durchgangsstraße beibehält. Den Kompromiss mit den Anwohnern haben Bürgermeister Obesser und seine Mitstreiter Ende Juli dieses Jahres vereinbart. Den Entwurf finde ohnehin alle gut.

Bürgerdialog Marktplatz

50 Bürger diskutieren im Rathaus über die Neugestaltung des Marktplatzes.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Heinz Kindhammer vom gleichnamigen Landschaftsarchitekturbüro in Pfaffenhofen an der Ilm erläutert ihn. Er berücksichtige einige "Zwangspunkte" auf dem Platz. Dazu zählt Kindhammer die Tatsache, dass eine Straße durchführt und der Raum vor dem Rathaus als Freiraum gestaltet werden muss. Ähnliche Ansprüche ergeben sich für die Gastronomie. Wenn man diese Vorgaben in einer Skizze darstellt, dann "entsteht" aus Kindhammers Sicht die Gestaltung "wie von selbst". Es bleibt demnach nichts anderes übrig, als die jetzt gerade durch den Platz führende Straße zu verschwenken. Kindhammer spricht von "einer Idee, die nicht beliebig ist", sondern sich aus dem Raum heraus ergebe. Der zweite Zwangspunkt resultiert aus den Erkenntnissen innerörtlicher Verkehrsführung, die darauf abzielen, dafür möglichst wenig Raum zu verbrauchen. Deswegen werden auf dem Marktplatz Fußgänger und Autofahrer zwar nicht gleichberechtigt behandelt, aber der Raum nicht mehr klar aufgeteilt. Die dritte Herausforderung sieht Planer Kindhammer in der Barrierefreiheit bei einem Areal mit starker Hanglage. "Das wird ein Kunststück werden", sagt er voraus.

Kindhammer hat vom Gemeinderat den Auftrag erhalten, in die Feinplanung zu gehen. Daran schließt sich 2018 die offizielle Bürgerbeteiligung unter dem Titel "Forumdialog" an. Wer nach Petershausen schaut, wo die Gestaltung der Ortsmitte nicht vorankommt und nahezu blockiert ist, oder nach Röhrmoos, wo der Gemeinderat die Pläne für eine echte Ortsmitte schon ad acta gelegt hat, könnte sich um die Stimmung in Markt Indersdorf ernsthaft sorgen. Insofern war die Vorinformation der Bürger Mitte dieser Woche eine Art Test, wie das Barometer ausschlägt. "Die Stimmung war positiv", sind Obesser, Mayershofer und Lampl sich einig. Und man darf hinzufügen, sie war auch konstruktiv. Daniel Lampl vom Bauamt hat die Diskussionsbeiträge nochmals zusammengefasst.

Die Bürger möchten auch den Schwerlastverkehr aus dem Marktplatz heraushalten

Damit der Marktplatz in neuer Gestalt auch für öffentliche Veranstaltungen wie den großen Faschingsumzug optimal genutzt werden kann, hat der örtliche Faschingsverein mehrere detaillierte Vorschläge unterbreitet, die Planer Kindhammer in seinen Entwurf einarbeiten wird. Dazu zählt die Anregung, den Blick auf das Rathaus frei zu halten, weil dort stets die Bühne für Feierlichkeiten aufgebaut wird.

Bürgerdialog Marktplatz

Bürgermeister Franz Obesser skizziert die Entwicklung bis hin zum Entwurf von Planer Heinz Kindhammer aus Pfaffenhofen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Einige der 50 Bürger wollten wissen, wie der Lieferverkehr künftig zu handhaben ist; für ihn gibt es Nebenflächen. Sie möchten auch den Schwerlastverkehr aus dem Marktplatz heraushalten. Diesen Wunsch muss das Rathaus juristisch klären lassen. Die Bürger schlagen vor, verschiedene Parkzonen einzurichten, sodass im Bereich des Bäckers eher eine Kurzparkzone entsteht und in anderen eine Zwei-Stunden-Parkzone möglich wird, um einen Arzttermin wahrnehmen oder auch zum Mittagessen gehen zu können. Die Teilnehmer am Forumdialog plädierten auch für einen schönen Brunnen, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Insgesamt war Bürgermeister Obesser mit der konstruktiven Diskussion und der optimistischen Stimmung sehr zufrieden: "Gerade die direkten Gespräche mit den Bürgern waren für die Verwaltung, die Gemeinderäte und den Planer sehr aufschlussreich, und es konnten viele wichtige Anregungen mitgenommen werden." Den entscheidenden Bürgerdialog erwartet Obesser für das Frühjahr 2018. Dann legt Planer Heinz Kindhammer einen detaillierten Entwurf vor. Dann sollen auch die Bürger nochmals mitreden und die einzelnen Gestaltungselemente beurteilen.

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