Landgericht:Blutiger Streit zwischen Eheleuten ohne Tötungsabsicht

Staatsanwalt am Landgericht München fordert für Dachauer Paar Bewährungsstrafen wegen gefährlicher Körperverletzung.

"Wir waren auf der Suche nach einem besseren Leben", hatte der 35-jährige Schweißer aus Nigeria zum Prozessauftakt am Landgericht München II erklärt. "Wir", damit meinte er sich, seine Frau und die beiden Kinder. Das Paar muss sich seit Donnerstag vergangener Woche vor der Schwurgerichtskammer verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat den 35-Jährigen und seine fünf Jahre jüngere Frau wegen versuchten Totschlags angeklagt.

In der Nacht auf den 8. März 2016 sollen die Eheleute sich gegenseitig mit einem Messer attackiert und versucht haben zu töten. Das Paar lebte damals in der inzwischen geschlossenen Gemeinschaftsunterkunft in der Kufsteiner Straße. Auslöser für den Streit, für dessen Verlauf dem Gericht nicht weniger als acht Versionen vorlagen, war wohl die Frage, wie die Sozialleistungen des Landratsamtes, die das Paar tags zuvor erhalten hatte, aufgeteilt werden sollen. Laut Anklage habe der Schweißer, der laut einer Sachverständigen ein Alkoholproblem hat, 700 Euro von insgesamt 1004 Euro für sich reklamiert. Seine Frau habe dies nicht hinnehmen wollen. Letztlich sei es darüber zum Streit gekommen.

Die Klinge verfing sich in der Kleidung

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft steht fest, dass die Ehefrau ihren Mann mit einem Steakmesser mit einer zehn Zentimeter langen Klinge im Nacken verletzt hat. Doch ausreichende Hinweise dafür, dass die 30-Jährige tatsächlich in Tötungsabsicht zugestochen hat, habe die Verhandlung nicht ergeben, sagte Staatsanwalt Matthias Braumandl am Dienstag in seinem Plädoyer. Das gleiche gelte auch im Hinblick auf den Ehemann.

Bei der Messerattacke seiner Frau hatte sich die Klinge in seiner Kleidung verfangen. In der Anklage war die Staatsanwaltschaft noch davon ausgegangen, dass die Klinge vier Millimeter tief im Nackenmuskel stecken geblieben war. Der 35-Jährige hatte sich das Steakmesser aus der Kleidung gezogen und war damit anschließend auf seine Frau losgestürmt. Es kam zu einem Gerangel. Dabei erlitt seine Frau Schnittverletzungen an den Oberarmen. Laut dem Gutachten einer Rechtsmedizinerin seien die Schnitte aber nicht mit Wucht ausgeführt worden. Die 30-Jährige habe sich nicht in einem "lebensbedrohlichen Zustand" befunden.

Aus Sicht von Staatsanwalt Braumandl handelte der Ehemann ebenso wenig in Tötungsabsicht. Er forderte, beide Angeklagte nurmehr wegen gefährlicher Körperverletzung zu verurteilen. Für den Schweißer forderte er ein Jahr und acht Monate, für dessen Frau zwei Jahre. Beide Strafen sollten zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Verteidiger der Ehefrau plädierte auf Freispruch wegen Notwehr. Der Anwalt des Schweißers schloss sich dem Antrag des Staatsanwalts an. Ein Urteil wird das Gericht an diesem Donnerstag verkünden.

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