Photovoltaik-Anlagen in Dachau:Feuerwehr unter Strom

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Im Landkreis Dachau boomen Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern. Sollte es in diesen Gebäuden jedoch einmal brennen, sind die Feuerwehrleute in Lebensgefahr.

Gregor Schiegl

Vor vier Wochen hatten Unbekannte ein Diskothek in Plattling in Brand gesteckt. Mehr als 120 Feuerwehrleute kämpften bis zum Nachmittag gegen die Flammen - aus sicherer Distanz. Denn auf dem Dach war eine Photovoltaikanlage installiert. Und die, so teilte die Feuerwehr mit, "gefährdete die Einsatzkräfte im Innenangriff". Das Nachlöschen zog sich hin, bis weit in den folgenden Tag hinein.

Photovoltaik-Anlagen sind gefährlich, wenn es brennt. (Foto: dpa)

Was die wenigsten Besitzer der 1852 Photovoltaikanlagen im Landkreis Dachau wissen (Stand Juli 2010, Quelle: Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie), lernen Feuerwehrleute landauf, landab schon in ihrer Grundausbildung: "Photovoltaikanlagen stellen eine besondere Gefahr dar", wie Dachaus Kreisbrandrat Heinrich Schmalenberg sagt. Denn: "Sie können Löscharbeiten erheblich behindern."

Bislang ist es Schmalenberg zufolge noch keinem Ingenieur gelungen, einen Schalter zu entwickeln, mit dem man eine Photovoltaikanlage bei Bedarf einfach ausschalten könnte. Die Folge: Solange die Sonne scheint, produzieren die Anlagen Strom. Die meist irgendwo im Haus verlaufenden Leitungen zwischen Wechselrichter und Solarpaneelen könnten Gleichstrom mit einer Spannung von Tausend Volt und mehr führen. Eine tödliche Gefahrenquelle für Feuerwehrleute im Einsatz.

Selbst bei einem Brand in der Nacht, ergänzt Karl Neulinger, Vorsitzender des oberbayerischen Feuerwehrbezirksverbands, seien seine Leute nicht sicher: Das Licht des Feuerscheins reiche immer noch aus, um Strom zu erzeugen. Es habe Versuche gegeben, mit Folien und Spezialschaum die Paneele abzudunkeln. Der Effekt habe aber nur fünf bis zehn Minuten vorgehalten.

Den Einsatzkräften bleibe letztlich nur, auf sicherem Abstand zu bleiben. Den "Innenangriff" auf den Brandherd im Haus behindern nicht nur stromführende Leitungen: Durch das Gewicht der Solaranlage auf dem Dach "droht das Gebäude oft auch viel früher einzustürzen", sagt Neulinger. So erklären sich vermutlich auch Berichte über Einsätze, bei denen die Feuerwehr Häuser mit Solaranlage angeblich "kontrolliert abbrennen" ließ.

"Die Feuerwehr versucht immer zu löschen", betont Dachaus Kreisbrandrat Schmalenberg. Niemand solle denken, man schaue tatenlos zu, wenn es brenne. Wenn es aber lebensgefährlich wird, bleibt freilich nur der Rückzug. Und Strom ist nicht die einzige Gefahr: "Herumfliegende Teile" und "Splitter der Module" können die freiwilligen Helfer verletzen. Die Unterkonstruktion aus Metall kann in der Hitze instabil werden, abrutschen und auf die Feuerwehrleute herabstürzen.

Weil durch den Einhausungseffekt der Solarpaneele Brände nicht so schnell gelöscht werden können, müssen Hausbesitzer im Ernstfall höhere Sachschäden in Kauf nehmen. Dennoch behandeln Versicherungen wie die Bayerische Versicherungskammer Hausbesitzer mit Solaranlage bislang nicht anders als solche ohne.

Selbst wenn die Feuerwehr wegen der Anlage "ein kontrolliertes Abbrennen des Hauses" anordne, gelte voller Versicherungsschutz, so Pressesprecher Thomas Bundschuh, "dies hat keine Auswirkungen auf die Prämie."

© SZ vom 26.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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