Petershausen:Willkommen im Öko-Hotel

Der erst vor kurzem eröffnete Familienbetrieb "Poellners" im Gewerbegebiet Petershausen ist vom Umweltpakt Bayern ausgezeichnet worden: Ausgetüftelte Technik spart Energie, die Speisen werden aus regionalen Produkten erzeugt und für die Bienen gibt es eine Streuobstfläche

Von Carla Behnke, Petershausen

Was macht ein Haus zu einem umweltfreundlichen Haus? Der Knackpunkt ist die Energie: Strom, Heizung, Licht, Wasser, all das versucht man zuhause einzusparen. Aber wie sieht das in einem Hotel aus? Soll man Gäste dazu bringen, nur fünf Minuten zu duschen? Oder die Heizung auszuschalten, wenn sie gehen? Das Hotel und Restaurant Poellners in Petershausen hat darauf eine Antwort gefunden, die offenbar so überzeugend war, dass sogar vom Umweltpakt Bayern ausgezeichnet worden ist. Direkt hinter dem Bahnhof, zwischen Gewerbehallen, hat sich der Familienbetrieb vor einigen Jahren angesiedelt - und das Gewerbegebiet ist mit ihnen gewachsen.

Das "Poellners" ist seit rund fünf Jahren in Planung: 2016 hat die Familie das Grundstück gekauft, im Sommer 2019 startete der Bau, im Mai dieses Jahres wurde es schließlich eröffnet. Der Erfolg ist enorm, trotz Corona: Meist sind alle 24 Zimmer ausgebucht und das Restaurant voll besetzt. "Die meisten Petershausener sind froh drum, dass das Restaurant jetzt da ist, dass man auch abends mal etwas trinken und essen kann," sagt Simone Pöllner, die Geschäftsführerin. "Eine deutsche Gaststätte gibt es hier ja überhaupt nicht," ergänzt ihr Vater, Alfred Pöllner. Es gebe sonst nur noch das Sportheim im Ort.

Hotel und Restaurant sind komplett in Familienhand. Simone Pöllner, 28 Jahre jung, ist die Geschäftsführerin. Ihr Traum war es, endlich in der Gastronomie völlig selbständig zu sein. Ihre Eltern haben lange in Eisenhofen eine Unterkunft betrieben, in der sich hauptsächlich Monteure einquartiert hatten. Simone war von klein auf dabei. Nach dem Studium in International Cultural and Business Studies versuchte sie sich eine Weile an einem Bürojob, kehrte aber schlussendlich zur Gastronomie zurück. "Ich hab immer wieder nebenbei gekellnert, weil mir das dann doch gefehlt hat." Zurzeit ist sie dabei, ihre Ausbildung zum Hotelbetriebswirt abzuschließen. Ihr Vater steht ihr als zweiter Geschäftsführer mit Rat und Tat zur Seite, vor allem, was die technischen Aspekte angeht; ihre Mutter kümmert sich um das Personal und hilft im Restaurant, während Simone hauptsächlich die Buchhaltung übernimmt.

Was das Poellners umweltfreundlich macht, ist die Energie. Zum einen produziert eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach 28 Kilowatt am Tag. Genügend Strom, um bei einem Blackout einen Puffer zu bieten; für vollständige Selbstversorgung reicht sie aber nicht. Auch wie groß ihr Anteil an der generellen Stromversorgung ist, lässt sich erst sagen, wenn der Hotelbetrieb sich über die Zeit eingependelt hat, denn erst dann zeigt sich, wie groß der durchschnittliche Stromverbrauch tatsächlich ist. Im Keller läuft den ganzen Tag ein Blockheizkraftwerk. "Das ist ein Motor, der betreibt einen Dynamo und erzeugt Strom," erklärt Alfred Pöllner. "De Abwärme vom Motor wird rausgezogen und erhitzt das Duschwasser." Die Lüftungsanlage funktioniert mit relativ wenig maschineller Hilfe; die Luft wird konstant durch die Zimmer bewegt, "zufällig coronafreundlich". Auf dem Weg in die Zimmer wird sie durch eine Wärmetasche im Boden geleitet, die über das Jahr immer dieselbe Temperatur hat, sie muss damit nicht mehr gekühlt werden. "Wenn im Winter die Zimmer nicht belegt sind und die Karte gezogen ist, wird das Zimmer über die Lüftung warmgehalten, bei etwa 16 Grad. Wenn der Gast dann kommt und die Karte einsteckt, schaltet sich die Deckenstrahlheizung dazu, und dann wird's warm," so der Familienvater.

Im Außenbereich gibt es eine Streuobstfläche und statt Rasen eine Blumenwiese mit heimischen Arten: "Bienenfreundlich", sagt Simone Pöllner und lacht. Auf dem Parkplatz steht außerdem eine Ladesäule für Elektroautos, und für die Zukunft ist ein Fahrradverleih in Kooperation mit dem örtlichen Fahrradladen geplant. Im ganzen Gewerbegebiet sind außerdem Regenauffangbecken verteilt. Die sollen bei starkem Niederschlag verhindern, dass die Kanalisation überläuft. Das Wasser landet dadurch nicht direkt in den Rohren, sondern wird gesammelt und fließt nach und nach ab. "Das ist von der Gemeinde vorgegeben," so Alfred Pöllner.

Auch das Restaurant wird mit Produkten aus der Gegend versorgt, "möglichst regional, möglichst saisonal und möglichst ohne Verpackung," wie Simone Pöllner sagt. Backwaren, Wurst, Fleisch und Getränke kommen zum größten Teil direkt aus Petershausen. Alles ist selbstgemacht und die Speisekarte ist knappgehalten, mit wöchentlich wechselnden Alternativen. Einmal im Monat wird die Karte völlig erneuert. Eigentlich versucht die Familie auch, auf so viel Plastik wie möglich zu verzichten, da hat Corona ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Um etwa ein Frühstücksbuffet servieren zu können, muss alles einzeln abgepackt verfügbar sein, von Marmelade über Joghurt und Milch fürs Müsli. "Am Anfang war viel Regenwetter; zu dem Zeitpunkt durften nur die Hotelgäste drinnen essen und die Restaurantgäste mussten draußen bleiben. Wir hatten die Schirme und haben Decken rausgebracht, aber das ist schwer zu vermitteln," erzählt Albert Pöllner.

Viele Gäste, die im "Poellners" Halt machen, sind auf der Durchreise. Andere besuchen Freunde und Familie in der Gegend, vor allem Angehörige im Pflegeheim. Es sind aber auch viele Geschäftsreisende unter ihnen, die bei den Firmen im Petershausener Gewerbegebiet arbeiten. Lowa etwa hat eine Halle und einen Showroom direkt gegenüber eingerichtet, die Baywa ist ebenfalls vertreten. Auch die Petershausener, die im Gebiet arbeiten, "wollen essen". Dazu kommen einige Gäste, die aus München kommen oder nach München wollen. "20 Minuten vom Hauptbahnhof mit dem Regionalexpress, das ist gigantisch, das schaffst du ja in München selbst nicht," freut sich Albert Pöllner. Wenn Messen und Veranstaltungen wieder stattfinden können, rechnet die Familie wieder mit mehr Gästen.

Zur SZ-Startseite
Pressebilder: Restaurant Klinker, Hamburg

SZ PlusKreative Gastronomie in Hamburg
:Faire Kost

Sie hatten die Nase voll von Hierarchien und stressigen Arbeitszeiten. Jetzt öffnen die Betreiber des Restaurants Klinker nur montags bis freitags, zahlen gerecht und nehmen keine Reservierungen an. Wie kann das funktionieren?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: