Ortsmitte Petershausen:Vier Jahre Arbeit für den Papierkorb

Ortsmitte

Über das Baugebiet Ortsmitte - hier von Süden gesehen- haben sich Petershausens Kommunalpolitiker und Bürger lange den Kopf zerbrochen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Beim Bebauungsplan für die Ortsmitte hat Petershausen sich immer mehr verzettelt. Jetzt schaffen die Grundstückseigentümer Fakten - und die Gemeinde versucht, von ihren Planzielen zu retten, was noch zu retten ist

Von Petra Schafflik, Petershausen

Mit einem Bebauungsplan wollte die Gemeinde die Neubauentwicklung in der Ortsmitte lenken. Doch jetzt könnten vier Jahre Planungsarbeiten umsonst gewesen sein. Der fast fertige Bebauungsplan ist noch nicht rechtskräftig, doch die Veränderungssperre, die Bauanträge blockiert, ist längst abgelaufen. Nun wollen die Grundbesitzer offenbar nicht länger abwarten. Im Rathaus sind Bauvoranfragen der beiden Eigentümer eingegangen, bestätigt Bürgermeister Marcel Fath (Freie Wähler). Jetzt könnte die Gemeinde noch rasch die Planreife des Bebauungsplans erklären. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Gemeinderat die Bauanträge prüft und letztlich Baurecht gewährt. Das Bebauungsplanverfahren würde dann ergebnislos beendet. Über die richtige Strategie wird der Bauausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag, 30 Juli, entscheiden.

Im Ziel war sich der Gemeinderat von Anfang an einig: Um das lebendige Ortszentrum zu stärken, sollten auf zwei Arealen im Dorfkern neben Wohnungen auch Läden oder Praxen gebaut werden, gegenüber dem denkmalgeschützten Pertrichhof eine öffentliche Freifläche entstehen. Doch gegen ein erstes Konzept regte sich im Herbst 2013 - wenige Monate vor der Kommunalwahl - massiver Widerstand in der Bevölkerung. Die Gebäude seien mit vier Etagen zu hoch, die Zufahrt zu den Grundstücken nicht ordentlich geregelt. Dem damaligen Bürgermeister Günter Fuchs (CSU) gelang es nicht, die Wogen zu glätten. Der im Mai neu ins Amt gewählte Bürgermeister Marcel Fath versuchte, die Bürger mit einer grundlegend neuen Planung zu überzeugen. Doch jeder Lösungsansatz zog weitere Probleme nach sich. So wurde der Vorschlag für einen Kreisverkehr zunächst dankbar angenommen, bevor sich genau dadurch neue Schwierigkeiten auftaten. Zuletzt tauchte ein verrohrter Kanal auf, der an ganz anderer Stelle verläuft, als im gemeindlichen Kataster vermerkt. Wieder gab es Probleme.

Allen Überarbeitungen zum Trotz: Die Anwohner, deren Kritik der Bürgermeister mit der neu aufgerollten Planung aufnehmen wollte, sind immer noch unzufrieden. Nach aktuellem Entwurf schauen sie nicht mehr auf einen Parkplatz im Hinterhof, was begrüßt wird, dafür nimmt ihnen nun das nach Süden gerückte Gebäude die Sonne. Wenn der Bebauungsplan Ortsmitte demnächst wohl eingestampft wird, lässt sich die eine, entscheidende Ursache für dieses Scheitern vermutlich nicht finden.

Konkrete Schuldzuweisungen vermeiden alle Beteiligten, schließlich will man im Gemeinderat auch künftig konstruktiv zusammenarbeiten. Dennoch gibt es Hinweise, wo etwas schief gelaufen sein könnte: Die Bürger hätten früher einbezogen werden sollen, meint SPD-Fraktionssprecher Rolf Trzcinski. So wäre ein fast fertiger Bebauungsplan nicht urplötzlich auf 80 Einwendungen getroffen. "Diese massiven Proteste so spät, die haben das Projekt zurückgeworfen." Allein dass das Vorhaben quasi zwischen die Fronten des Kommunalwahlkampfes geriet, sei wohl "ein k.o.-Kriterium" gewesen, meint CSU-Fraktionsvorsitzender Josef Gerer.

Am ersten Plankonzept, das unter CSU-Bürgermeister Günter Fuchs erarbeitet worden war, "hätte man festhalten sollen, man kann es nicht jedem Recht machen", sagt Gerer. Die Neukonzeption sei "der Anfang vom Ende" gewesen. Auch Bürgermeister Marcel Fath sieht sein Engagement für eine neue Planung in der Rückschau kritisch. Für die Komplexität des Verfahrens habe ihm als Neuling im Amt wohl auch die Erfahrung gefehlt. "Vielleicht hätte man die erste Planung einfach auf die harte Tour durchziehen sollen."

Als Sprecherin der kritischen Bürger gilt Inge Dinauer. Sie ist Anwohnerin und vom Projekt selbst betroffen, seit Mai sitzt sie für die Freien Wähler im Gemeinderat. Als in der Städteplanung tätige Architektin hat sie den Protest der Bürger fachlich fundiert in die Diskussion eingebracht. Zuletzt hatte sie eine Klage gegen den Bebauungsplan angekündigt. Dennoch verwahrt sie sich dagegen, mit ihrem Widerspruch das Projekt zu Fall gebracht zu haben. Grundsätzlich habe sie einen Bebauungsplan für die zentralen Grundstücke begrüßt. Leider sei im Verfahren "viel schief gelaufen". Obwohl persönlich als Nachbarin betroffen, sei es ihr mit ihren Einwänden "immer ums Ortsbild gegangen". Auch wenn Bürgermeister Fath den Petershausenern attestiert, "ein bisschen streitlustig zu sein"- Kritikerin Dinauer hat es aus Sicht des Rathauschefs nicht verdient, als Querulantin dazustehen. "Sie hat viele konstruktive Vorschläge gemacht." Gerade die Problematik des verrohrten Bachs wäre ohne Dinauers Hinweis nie erkannt worden, betont der Bürgermeister.

Aus dem Desaster um die Ortsmitte haben die Verantwortlichen Lehren gezogen. Für Bürgermeister wie Fraktionssprecher steht fest, künftige Projekte anders anzugehen. Für das große Baugebiet an der Rosenstraße, wo fünf Eigentümer für ein Konzept gewonnen werden müssen, habe es bereits einen Workshop mit Grundbesitzern, Gemeinderat und Verwaltung gegeben. Auch hat die Gemeinde ein zweites Vorhaben im Köcher, um flexibler zu bleiben.

Und was geschieht nun in der Ortsmitte? Was genau die beiden Eigentümer Martin Dinauer und Erwin Neumeier planen, soll im Bauausschuss am Donnerstag, 30. Juli, öffentlich vorgestellt und diskutiert werden. Dem Vernehmen nach orientieren sich die Entwürfe an den Konzepten des Bebauungsplans. Die beiden Bauanfragen werden nun nach Paragraf 34 der bayerischen Bauordnung beurteilt. Entscheidend ist dabei einzig, dass sich die geplanten Gebäude in die Umgebungsbebauung einfügen. Alle übrigen Fachfragen wird das Landratsamt Dachau als Baugenehmigungsbehörde beurteilen. Bürgermeister und Gemeinderäte sind nun bestrebt, möglichst viele Ziele aus dem Bebauungsplan zu retten.

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