Bahnarbeiten:"Das ist alles nur Hinhalterei": Anlieger sind weiter erschüttert

Bahnarbeiten: Auf der Bahnstrecke München-Ingolstadt donnern auch Schnellzüge an Obermarbach vorbei.

Auf der Bahnstrecke München-Ingolstadt donnern auch Schnellzüge an Obermarbach vorbei.

(Foto: Toni Heigl)

Seit Mai scheppert es in Häusern entlang des Bahndamms in Petershausen, wenn ein Zug vorbeirauscht. Die Bewohner fühlen sich machtlos.

Von Petra Schafflik, Petershausen

Noch immer plagen massive Erschütterungen Anwohner, die entlang des Bahndamms wohnen. Die Bürger bemerken in ihren Wohnhäusern seit Mai deutliche Vibrationen, sobald ein Fernzug vorbeirauscht. Das Phänomen, das Geschirr zum Klirren und Schranktüren zum Scheppern bringt, "ist besser geworden, aber noch nicht weg", sagt Thomas Kißlinger aus Obermarbach. Anders direkt in Petershausen: Dort erkennt Josef Waldherr noch nicht die geringste Verbesserung. Sogar sein Nachbar auf der gegenüberliegenden, weiter vom Gleis entfernten Straßenseite, registriere das Gewackel. "Langsam mache ich mir Sorgen um mein Haus."

Der ehrenamtliche Bahnhofspate Josef Mittl konnte zwar im August einen Ortstermin mit Mitarbeitern der Bahn vermitteln. Auffälligkeiten seien aber nicht festgestellt worden, so ein Bahnsprecher. Vielmehr komme es in einzelnen Fällen "nach Instandhaltungs- und Schotterarbeiten am Gleisbett kurzzeitig zu höherem Körperschall". Eine Gefahr für die Bausubstanz bestehe dadurch nicht. Und das Phänomen nehme im laufenden Zugbetrieb wieder ab.

Diese "Gleisstopfarbeiten" kennen sie seit Jahren

Eine Aussage, die Kopfschütteln bei den Anwohnern auslöst. Denn diese "Gleisstopfarbeiten" kennen sie seit Jahren, nie habe es dadurch Vibrationen gegeben. Und auch "kurzzeitig" sei die Störung nach fast einem halben Jahr wirklich nicht mehr zu nennen. "Irgendwas muss diesmal passiert sein", sagt Kißlinger. Von der Reaktion der Bahn sind die Betroffenen enttäuscht "Das ist alles nur Hinhalterei", sagt Waldherr.

Die Anwohner sind mit ihrer Geduld am Ende, seit Monaten geht das nun schon so: Egal ob ICE, Eilzug oder Güterwagen, egal ob Richtung München oder Ingolstadt - jeder Zug eine Erschütterungswelle, an die 150 Mal am Tag. Beruhigt hat die Betroffenen die Visite der Bahnmitarbeiter im August nicht, auch die angebliche Ursache für das Gerüttel zweifeln die Bürger an. Nach Auskunft der Bahn werden die Schottersteine am Bahndamm regelmäßig mit schweren Maschinen durchgearbeitet, um eine millimetergenau korrekte Lage der Gleise auf Dauer zu gewährleisten. Nach diesen Arbeiten komme es in Einzelfällen zu Körperschall, "bis die Schienen nach einigen Wochen gewissermaßen "eingefahren" sind", so der Bahnsprecher.

Skeptische Bürger

Die Bürger sind skeptisch. Regelmäßig fahre dort eine sogenannte Gleisstopfmaschine, weiß Kißlinger, der seit mehr als 40 Jahren an der Bahn lebt. Nie habe es bisher irgendwelche Nachwirkungen gegeben. Selbst wenn eine neue Technik andere Auswirkungen hätte, bleiben Zweifel. "So ein Gerät befährt ja die gesamte Strecke, aber nur bei uns gibt es diese Erschütterungen." Nicht zuletzt wäre die von der Bahn mit "einigen Wochen" angegeben Dauer der Nachwirkungen in Petershausen längst überschritten.

Besorgt ist Kißlinger auch, weil er inzwischen umfangreiche Arbeiten an der Lärmschutzwand beobachtet hat, eventuell hätten sich die Fundamente verschoben, mutmaßt er. "Dabei stehen die seit 15 Jahren." Josef Waldherr wundert sich, dass keinerlei technische Maßnahmen ergriffen worden seien. "Jedes Erdbeben kann man vermessen." Waldherr hat sein Leben lang an der Bahn gelebt. Sein Vater war Fahrdienstleiter in Petershausen, Waldherr ist im alten Bahnhofsgebäude aufgewachsen. "Von daher kenne ich das mit den Erschütterungen." Doch beim ICE-Ausbau der Strecke München-Nürnberg wurde massiv in Schutzmaßnahmen investiert, Lärm und Erschütterungen waren für Anlieger in Petershausen seitdem kein Thema. Bis zum Mai. Die Bürger fühlen sich machtlos. Bei der Bahn, sagt Kißlinger, "da rennt man gegen eine Wand".

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