Petershausen:"Die Situation ist schon lange untragbar"

Lesezeit: 2 min

Am Petershauser Ortsausgang an der Marbacher Straße soll eine neue Unterkunft für Geflüchtete entstehen. (Foto: Toni Heigl)

Mehr als 50 Flüchtlinge leben aktuell in der Containeranlage in Petershausen auf engsten Raum. Die Pandemie verschärft die unwürdige Unterbringung. Jetzt will die Gemeinde reagieren.

Von Anna Schwarz, Petershausen

Die angespannte Lage in der Ukraine macht auch Petershausens Bürgermeister Marcel Fath (Freie Wähler) Sorgen: "Es ist dramatisch, was gerade im Osten Europas passiert. Diktator Putin trägt dazu bei, dass es viele Menschen in unsere Richtung treiben wird", vermutet er. Auch deshalb möchte sich Fath dafür einsetzen, dass die zwei Häuser für Geflüchtete am Petershausener Ortsausgang an der Marbacher Straße schnellstmöglich umgesetzt werden. Vor kurzem hat sich der Gemeinderat geeinigt, wie das Gelände erschlossen werden soll.

Als Vorbild dienen die soliden Holzgebäude für Flüchtlinge, die 2016 in der Karlsfelder Hochstraße als Modellprojekt gebaut wurden. Daraufhin suchte der Landkreis in allen Gemeinden geeignete Grundstücke: Das Holzhaus in Schwabhausen wurde bereits Mitte Dezember bezogen, auch in Erdweg seien die beiden Häuser für Flüchtlinge fertig, heißt es von der Wohnungsbaugesellschaft (WLD) in Dachau.

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Weitere Projekte sind in Vierkirchen und Odelzhausen geplant. Doch: "In Vierkirchen haben Anwohner gegen das Bauvorhaben geklagt, weil es ihnen zu nah ist", sagt WLD-Geschäftsführer Stefan Egenhofer.

"Wenn es einen erwischt, muss der ganze Container in Quarantäne"

Laut Landratsamt wohnen aktuell 867 Asylbewerber in den Unterkünften des Landkreises, einige weitere leben in einer eigenen Wohnung. Außerdem wohnen 303 sogenannte Fehlbeleger in den Unterkünften. Diese sind bereits als Asylsuchende anerkannt, finden aber auf dem umkämpften Wohnungsmarkt keine Bleibe. Deshalb kommt es immer wieder zu beengten Wohnverhältnissen in den Einrichtungen - es braucht neuen Wohnraum.

Wie das Landratsamt Dachau mitteilt, sind alle Asylunterkünfte im Landkreis nur befristet genehmigt, aber "werden gegebenenfalls und wo möglich verlängert oder eben ersetzt". Die Nutzung der Asylunterkunft nahe des Recyclingshofs in Petershausen ist zum Beispiel nur noch bis 2023 genehmigt.

Derzeit sind in der unbeliebten Containeranlage am Heimweg mehr als 50 Menschen untergebracht. Fath kritisiert: "Die Situation ist schon lange untragbar. Die Menschen leben fürchterlich zusammengepfercht und bei einer hohen Lärmkulisse." Auch die aktuelle Corona-Situation sei eine Herausforderung bei dieser beengten Wohnsituation: "Wenn es einen erwischt, muss der ganze Container in Quarantäne und die Leute sind eingesperrt." Die beiden Geflüchteten-Häuser könnten die Lage entspannen. "Und wir könnten dafür Sorge tragen, dass wird die Menschen auch menschenwürdig unterbringen", sagt Fath.

Regierung von Oberbayern muss entscheiden, ob Mietkosten tragbar sind

Doch ob die Einrichtungen in Holzständerbauweise auch umgesetzt werden, hängt von der Regierung von Oberbayern ab. Bauherr wäre zwar die Wohnungsbaugesellschaft im Landkreis Dachau, aber Mieter ist die Regierung. "Wir warten aktuell auf deren Entscheidung, ob die Kosten für sie auch finanziell tragbar sind", sagt Fath.

Geplant ist, dass in einem der Häuser Wohngemeinschaften für Alleinstehende geschaffen werden, in dem anderen soll eine Familienunterkunft entstehen. Auch die Gemeinde will zwei Wohnungen anmieten, um Obdachlose unterzubringen.

Allerdings gibt noch einige andere Herausforderungen, sagt Fath: "Hier entsteht ein komplett neuer Ortsteil für zwei Mehrfamilienhäuser." Kanal-, Wasser-, Strom- und Telekommunikationsleitungen müssen komplett neu verlegt werden. Außerdem hatte die Gemeinde ursprünglich geplant, dass ein Radweg entlang der Häuser verläuft. Das klappt aber nun doch nicht, da ein Grundstückseigentümer die rund 210 Quadratmeter große Fläche nicht verkaufen möchte.

Bagger sollen bis Ende des Jahres anrollen

Die Erschließungskosten für das Areal liegen bei rund 600 000 Euro, diese würden sich die Gemeinde und die Wohnungsbaugesellschaft teilen. Zu viel Geld findet CSU-Gemeinderat Gerhard Weber, der neben Martin Seemüller von der Überparteilichen Bürgervereinigung Petershausen (ÜBP) als einziger gegen das Vorhaben gestimmt hat. "Mir war der Anteil der Gemeinde bei den Erschließungskosten zu hoch", so Weber. Grundsätzlich habe er aber nichts gegen das Projekt.

Indes wünscht sich Bürgermeister Fath, dass die Regierung von Oberbayern schnellstmöglich ihr "Go" gibt: "Ich habe die Hoffnung, dass die ersten Bagger Ende des Jahres anrollen können."

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