Petershausen:Der Kirchturm steht nicht mehr alleine

Vor fast zwanzig Jahren wurde das Bauwerk errichtet, dann ging der Pfarrgemeinde Kemmoden-Petershausen das Geld aus. Jetzt endlich bekommen die 3600 protestantischen Christen das Gotteshaus dazu.

Von Petra Schafflik

Petershausen: Petershausen  Rosenstraße Evangelisches Gemeindezentrum Kirchturm (noch) ohne Kirche  npj/Foto: Jørgensen

Petershausen Rosenstraße Evangelisches Gemeindezentrum Kirchturm (noch) ohne Kirche npj/Foto: Jørgensen

(Foto: DAH)

Weil die Zahl der Kirchenmitglieder seit Jahren zurückgeht, werden von den christlichen Kirchen mehr und mehr Gotteshäuser umgenutzt oder verkauft. Umso überraschender, dass in Petershausen jetzt eine neue evangelische Kirche gebaut wird. "Wir freuen uns", sagt Pfarrer Peter Dölfel, dessen Gemeinde Kemmoden-Petershausen ganz gegen den bayerischen Trend wächst. Endlich soll nun auf dem seit vielen Jahren schon für ein Gotteshaus reservierten Areal beim evangelischen Gemeindezentrum auch wirklich eine Kirche entstehen. Mit der kirchenaufsichtlichen Genehmigung des Projekts seien alle internen Hürden genommen, sagt Dölfel. Die Bauarbeiten für die Kirche, die mit einem Budget von 960 000 Euro kalkuliert ist, sollen im Frühjahr 2014 starten.

Dass es in Petershausen bisher kein evangelisches Kirchengebäude gibt, mag unaufmerksamen Passanten gar nicht auffallen. Denn an der Rosenstraße ragt beim Gemeindezentrum weithin sichtbar ein Kirchturm in die Höhe. Tatsächlich sollte an dieser Stelle eine Kirche entstehen, als 1996 in Kooperation von Kommune und Kirchengemeinde ein U-förmiger Bau mit Kinderhaus und Gemeindezentrum errichtet worden war. Anlass für das Projekt war, dass das alte evangelische Gemeindezentrum an der Indersdorfer Straße aus allen Nähten platzte, da die Zahl der Protestanten in Petershausen stetig zugenommen hatte. Doch während damals Kita und Pfarramt auch wie geplant realisiert wurden, "ist der Kirchenbau an den finanziellen Möglichkeiten gescheitert", sagt Pfarrer Dölfel. Einzig der Turm und die Umfassungsmauern der geplanten Kirche sind "quasi als Platzhalter" entstanden. Und dabei ist es fast 20 Jahre lang geblieben.

Bis heute stehen den gut 3600 Mitgliedern der weitläufigen Kirchengemeinde Kemmoden-Petershausen, zu der die politischen Kommunen Petershausen, Markt Indersdorf, Weichs, Vierkirchen, Hilgertshausen-Tandern aber auch Jetzendorf und Gerolsbach gehören, nur die kleinen Kirchen in Kemmoden, errichtet 1828, und Lanzenried (1840) zur Verfügung. Diese Ortschaften, in denen sich im katholisch geprägten Landkreis Anfang des 19. Jahrhunderts erste evangelische Christen niederließen, sind damit die Keimzelle der heutigen Gemeinde Kemmoden-Petershausen. Inzwischen leben die meisten Protestanten aber nicht mehr in diesen kleinen Dörfern sondern in Petershausen, Markt Indersdorf und Vierkirchen. Dort werden Gottesdienste bisher in Gemeindezentren gehalten, zu besonderen Anlässen wie Konfirmation oder Hochzeiten weicht man in katholische Kirchen aus. Durch Zuzug hat sich in den letzen Jahrzehnten der Schwerpunkt stark nach Süden verlagert. Vor allem die S-Bahn-Gemeinde Petershausen mit aktuell 900 evangelischen Christen "ist und wird immer noch mehr zum Zentrum", sagt Dölfel. "Und gerade dort, wo das kirchliche Leben sich abspielt, fehlt die Kirche."

Deshalb hat die Kirchengemeinde seit 2009 wieder überlegt, wie sie zu einem Gotteshaus kommen könnte. Ein Planungswettbewerb wurde ausgelobt, kreative Vorschläge gesammelt. Da Turm und Umfassungsmauern vorhanden sind, entwickelte sich die Vision einer "Kirche ohne Dach". Genau zu diesem Zeitpunkt habe dann auch die Landeskirche das Vorhaben wieder aufgenommen und ein Konzept erarbeiten lassen. Jetzt wird gebaut: "Dabei wird nicht einfach der alte Plan umgesetzt, aber dennoch Kirchturm und Mauern mit einbezogen", erklärt Pfarrer Dölfel. Im September wird das Projekt dem Bauausschuss des Gemeinderats vorgestellt, im Frühjahr sollen die Baumaschinen anrücken. Für die Kirchengemeinde heißt das jetzt, engagiert um Spenden zu werben. Denn die Baukosten, die mit 960 000 Euro kalkuliert sind, tragen Landeskirche, Dekanat und örtliche Kirchengemeinde miteinander, Kemmoden-Petershausen muss die stattliche Summe von 320 000 Euro beisteuern. Ein spezielles Fundraising-Team "Kirchenbau" hat die Arbeit aufgenommen. "Wir sind sehr zuversichtlich, es gibt zahlreiche Ideen", ist Pfarrer Dölfel überzeugt.

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