Partnerschaft zwischen Dachau und Fondi:"Da steckt mein Herzblut drin"

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Tanja Jørgensen-Leuthner hat die Partnerschaft zwischen Fondi und Dachau von Anfang an begleitet und aufgebaut. Die Mitarbeiterin des städtischen Kulturamts hat auch italienische Wurzeln und kennt deshalb beide Kulturen gut. Der regelmäßige Austausch der Bewohner gehört für sie zur Völkerverständigung

Interview Von Marie Groppenbächer

Tanja Jørgensen-Leuthner, Dachauerin mit italienischen Wurzeln, begleitet die Städtepartnerschaft zwischen Dachau und Fondi seit ihrer Entstehung 1998. Die Mitarbeiterin des Kulturamtes Dachau und Koordinatorin des Austausches erläutert im Gespräch mit der Dachauer SZ, wie die Partnerschaft entstand und welche Bedeutung sie für die Stadt heute hat.

SZ: Sie waren von Anfang an dabei. Wie entstand die Städtepartnerschaft zu Fondi? Und wieso wurde es ausgerechnet diese italienische Stadt?

Tanja Joergensen-Leutner: Die ersten Kontakte in die Region von Fondi bestehen seit 1990. Die Folkloregruppe der Ampertaler war zu einem Folklorefest in Itri eingeladen. Doch das 4000-Seelen-Dorf war einfach zu klein für eine Partnerschaft. Fondi hingegen passte von der Größe und der Einwohnerzahl ganz gut zu Dachau. 1997 wurde dann von beiden Städten entschieden, diese Städtepartnerschaft einzugehen. Im Juli 1998 wurde die Urkunde in Fondi und im August dann in Dachau unterschrieben.

Welchen persönlichen Bezug haben sie zu Fondi und der Städtepartnerschaft?

Ich hatte das Glück, dass ich schon von Anfang an diese Städtepartnerschaft betreut habe. Ich habe damals über Bekannte erfahren, dass die Stadt Dachau jemanden sucht, der übersetzen und sich um die Städtepartnerschaft kümmern kann. Da jemand gesucht wurde, der beide Kulturen kennt, habe ich die Anforderungen erfüllt und ganz gut gepasst. Meine Mutter kommt aus München, mein Vater aus Sizilien, und geboren bin ich in Dachau. Ich kann ganz gut einschätzen, was bei den Italienern gut ankommt und was nicht. Damit passte ich in die Vermittlerrolle. Anfangs arbeitete ich ehrenamtlich. Jetzt habe ich eine Stelle beim Kulturamt der Stadt Dachau. Die Städtepartnerschaft ist somit Teil meines Berufs. Ich bin da so hineingerutscht. Deshalb würde ich sagen, die Partnerschaft ist so ein bisschen mein Baby. Da steckt mein Herzblut drin. Ich kenne die Leute.

Ein Selfie mit dem Amtskollegen: Fondis Bürgermeister Salvatore de Meo fühlte sich beim Fest auf dem Schrannenplatz sichtlich wohl. Mit Oberbürgermeister Florian Hartmann genoss er italienische Spezialitäten und bayerisches Bier. (Foto: Niels P. Joergensen)

Welche Bedeutung hat die Partnerschaft für die Stadt Dachau?

Die Städtepartnerschaft zu Fondi ist nicht die einzige. Wir haben ja auch die Partnerschaft mit Klagenfurt, die schon mehr als doppelt so lange besteht. Mit Klagenfurt ist es einfacher, allein wegen der Sprache. Vieles läuft einfach von alleine. Vieles läuft auch über die Vereine, wir sind nicht immer involviert. Bei Fondi ist das anders wegen der Sprachbarriere. Doch diese Partnerschaft ist sehr wichtig für Dachau. Denn es war die erste Stadt, die trotz der Vergangenheit Dachaus die Partnerschaft gewollt und mitgetragen hat. Die Dachauer hatten Angst davor, dass es scheitern könnte. Doch die Leute von Fondi haben gemerkt, dass die Stadt Dachau einen Ort des Lernens und Erinnerns schaffen möchte. Es ist auch eine Art der Völkerverständigung, eine fremde Kultur und fremde Leute kennenlernen zu wollen.

Wie fällt das Feedback der Dachauer aus und welche Projekte verbinden die beiden Städte?

Wir haben einige Austausche zwischen Senioren, Jugendlichen, Vereinen. Wir hatten Austausche der Feuerwehr, der Caritas und auch Sportaustausche. In alle Richtungen gibt es Austausch. Die Dachauer sind sehr interessiert daran. Und wer einmal in Fondi war und zurückkommt, ist so begeistert, dass er schnell viele neue Neugierige gewinnt.

War das immer so?

Mit dem Kulturbus, der einmal im Jahr nach Fondi fährt, war es anfangs schwer. Wir mussten an die Türen klopfen, um den Bus voll zu bekommen. Heute ist er schon für die nächsten drei Jahre ausgebucht. Werbung muss ich keine mehr machen.

Ist das Interesse auf der Gegenseite genauso groß?

Ja, wir hatten beispielsweise einige Chöre zu Besuch, die auf eigene Kosten angereist sind. Allerdings sind die Kosten sowohl für Flug als auch für die Unterkunft eine Hürde. Die Hotels in Dachau sind nicht gerade billig. Und alle können wir leider nicht einladen. Dennoch haben wir zum Beispiel Familien, die sich über den Austausch ihrer Kinder kennengelernt haben und immer noch Kontakt halten. Oder diesen Jungen aus Fondi, der nach seinem Studium keinen Job fand und nach einem Praktikum bei der Sparkasse Dachau fest angestellt wurde. Heute ist er mit einer Dachauerin verheiratet.

"Ich kann ganz gut einschätzen, was bei den Italienern gut ankommt": Tanja Jørgensen-Leuthner bringt ihr Wissen über die italienische Kultur in die Partnerschaft ein. Außerdem beherrscht sie die Sprache perfekt. (Foto: Toni Heigl)

Beim Internationalen Jugendaustausch waren heuer auch zwei Mädchen aus Fondi dabei. Kommen immer Jugendliche aus Fondi?

Diesen Austausch gibt es auch schon seit gut 15 Jahren. Die Stadt Dachau lädt zur Jugendbegegnung aus den Partnerstädten Jugendliche ein. Es ist unterschiedlich, wie viele kommen, aber aus Fondi sind immer welche dabei. Da haben wir eine Kontinuität.

Liegt das am großen Engagement?

Auf alle Fälle. Städtepartnerschaft ist kein Selbstläufer. Man muss immer Kontakt halten. Meine Kontaktperson vor Ort ist Silviano Adessi. Er ist auch schon von Anfang an dabei. Bis ein Austausch stattfinden kann, muss vorab sehr viel Organisatorisches in die Wege geleitet werden.

Welche Austauschprojekte stehen in Zukunft an?

Nächstes Jahr haben wir vor, einen Austausch der Brauereien zu organisieren. Dieses Jahr zum Jubiläum hat der Amper Bräu ein eigenes Festbier gebraut. In Fondi gibt es auch Bierbrauer. Da diese auch sehr an einem Austausch interessiert waren, kommen sie nächstes Jahr hierher und machen einen Workshop beim Amper Bräu. Vielleicht sieht man sie mal beim Altstadtfest oder auf dem Volksfest, das weiß ich noch nicht.

© SZ vom 11.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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