Parlamentarische Arbeit:Hoffnungs­schimmer in der Denkfabrik

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Der Olchinger Michael Schrodi überlegt mit anderen in der SPD-Bundestagsfraktion, wie ein rot-rot-grünes Bündnis zustande kommen könnte und welche Möglichkeiten sich bieten würden, die große Frage der sozialen Gerechtigkeit zu beantworten. Die Entscheidung für eine andere Regierungskonstellation könnte schon in wenigen Wochen fallen

Von Erich C. Setzwein, Olching

Am 24. September vor zwei Jahren wird der Olchinger Michael Schrodi erstmals in den Bundestag gewählt. Seine Partei, die SPD, bekommt deutschlandweit 20,5 Prozent, Schrodi wird einer von 153 Abgeordneten der SPD-Fraktion. Schrodi ist erst gegen eine große Koalition aus Union und SPD, und als sie dann doch zustande kommt, ist der junge Abgeordnete plötzlich mit in der Regierungsverantwortung. Seither hat er sich als Abgeordneter in Berlin eingelebt, er hat sich, wie er selbst sagt, "einen Namen gemacht", sitzt im wichtigen Finanzausschuss und ist Mitglied des nicht minder beachteten Umweltausschusses. Er hat Gesetze als Berichterstatter betreut, hat im Plenum des Deutschen Bundestages von der 20. Sitzung am 15. März 2018 an insgesamt 91 Minuten gesprochen - über die Abschaffungs des Solidaritätszuschlages und das Kindergeld für im Ausland lebende Kinder bis hin zum Thema Bekämpfung illegaler Beschäftigung. Schrodi hat in 117 namentlichen Abstimmungen 27 Mal mit Nein gestimmt, zuletzt am 28. Juni dieses Jahres, als die Linke beantragte, den Klimanotstand anzuerkennen und die Grünen einen Gesetzentwurf für ein Kohlekraftwerk-Sofortmaßnahmen-Gesetz einbrachten.

Als ganz normale parlamentarische Arbeit könnten seine ersten beiden Jahre als Abgeordneter gewertet werden. Doch ob er seine bundespolitische Karriere fortsetzen kann, darüber wird noch in diesem Jahr der SPD-Bundesparteitag entscheiden. Die große Koalition kommt auf den Prüfstand, und wenn das Ergebnis gegen eine Fortsetzung ausfällt, weiß auch Schrodi, dass es Neuwahlen geben dürfte. Dass sich seine Partei aus dem Umfrage- und Ergebnistief herausarbeiten kann, daran glaubt er fest, wenn es eine neue Parteiführung gibt. Der Weg, den die SPD wieder gehen soll, führt nach links.

Für die SPD ist Michael Schrodi Mitglied des Finanz- sowie des Umweltausschusses im Bundestag. Als sein großes politisches Ziel bezeichnet der 42-Jährige die soziale Gerechtigkeit. Das Bild zeigt ihn bei einem Praktikum im Pflegeheim. (Foto: Michael Schrodi/oh)

Schrodi sieht die Zukunft der deutschen Sozialdemokratie in einer neuen Regierungskoalition mit Linken und Grünen. Er sei, sagt er bei einem Gespräch zur Halbzeit als Abgeordneter, Sprecher einer "Denkfabrik" in der Fraktion, die sich Gedanken über Rot-Rot-Grün mache. Er verspricht sich von einem solchen Bündnis mehr Antworten auf Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen, er hofft darauf, dass eine neue Regierung unter Führung der SPD wieder investiert in ein Land, das über Jahre und auch mit Zutun der SPD ziemlich kaputtgespart worden sei. Schrodi nimmt auch Schulden in Kauf: "Die schwarze Null ist ein Hemmnis", sagt der 42-Jährige.

Als Schrodi vor 22 Jahren in die SPD eintrat und im Ortsverein Gröbenzell aktiv wurde, begann das letzte Jahr der Regierung Kohl. 1998 bekam die SPD 43 Prozent der Erststimmen und hatte 298 Abgeordnete, damals noch im Bonner Parlament. Es begann die Regierung von Gerhard Schröder, es folgte seine Wiederwahl 2002 und dann die "Agenda 2010", die die Mitglieder verschreckte und die Wähler abwandern ließ. Nun propagiert der Olchinger Abgeordnete Schrodi den "Investitionspakt 2040", mit dem Bildung und Infrastruktur verbessert und letztlich auch sein großes politisches Ziel, die soziale Gerechtigkeit, erreicht werden soll. Wenn er sagt, man müsse dafür "die Einnahmeseite verbessern", meint er damit, an den Spitzensteuersatz heranzugehen und an die Vermögenssteuer. Und auch die Erben dürften nicht verschont werden.

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(Foto: Michael Schrodi/oh)

Hier im Saal der SPD-Fraktion in Berlin im Anzug,...

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(Foto: Niels Beckmann/oh)

...da im Dress des FC Bundestag auf dem Fußballplatz - als Bundestagsabgeordneter muss Michael Schrodi aus Olching viele Rollen ausfüllen.

Dennoch könnte es erst mal weitergehen mit dieser großen Koalition. Die Bilanz der vergangenen zwei Jahren sei auch "gar nicht so schlecht", sagt Schrodi, aber überzeugt ist er davon: "Wir könnten in einer anderen Konstellation mehr umsetzen."

© SZ vom 24.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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