Paralympics:Zuerst Michelle, dann Konrad

Odelzhausener Bürgermeister Brandmair genießt Drei-Sekunden-Ruhm in der Tagesschau. Von Gold-Teuber blieb nur der Rücken.

Andreas Glas

Bei Olympischen Spielen gibt es einen Sport abseits des eigentlichen Sports: den Kampf um den Drei-Sekunden-Ruhm. Während es für den Sportler um Medaillen geht, hat der Fan ein anderes Ziel: Er tut alles dafür, um von den Kameras eingefangen zu werden. Um es für einen einzigen Augenblick auf die Großleinwände der Stadien zu schaffen - und damit in Millionen von Wohnzimmern von Argentinien bis Zypern. Die meisten schaffen das, indem sie sich neben einer exotischen Bikini-Schönheit platzieren, andere pinseln sich die Landesfarben auf den Bierbauch. Konrad Brandmair hat das alles gar nicht nötig. Eine folkloristische Erscheinung wie Brandmair schafft es auch so in den Fokus der Kameras.

Paralympics: Wen haben wir denn da? In die Wohnzimmer von Millionen Zuschauern blinzelte Bürgermeister Brandmair nach Teubers Goldrennen.

Wen haben wir denn da? In die Wohnzimmer von Millionen Zuschauern blinzelte Bürgermeister Brandmair nach Teubers Goldrennen.

(Foto: oh)

Am Mittwochabend um 20.13 Uhr, gleich nach Michelle Obama, hatte der Odelzhausener Bürgermeister seinen Auftritt in der Tagesschau: in Lederhose, den buschigen Schnauzbart zurechtgebogen, der stattliche Bauch blitzte nur ganz kurz durch zwischen den jubelnden Menschen. Mitten in London ist ein Bilderbuchbayer wie Brandmair ein solcher Blickfang, dass sich der ARD-Kameramann gar nicht mehr zu interessieren schien für den eigentlichen Star des Tages. Nachdem er vom Odelzhausener Paralympics-Sieger Michael Teuber nur den Rücken abgefilmt hatte, zoomte er eilig ins rotwangige Gesicht des Bürgermeisters. Brandmair schien das zu spüren, drehte seinen Kopf gen Kamera und zwinkerte in die Linse als wolle er sagen: Seht her, so einfach geht das mit dem Drei-Sekunden-Ruhm.

Seit Peking 2008 gehört Brandmair zu jener Entourage, die den inzwischen vierfachen Goldmedaillengewinner Michael Teuber auf dessen Reisen zu den Paralympischen Spielen begleitet. Für Politiker sind solche Reisen vor allem eines: gut fürs Image. Denn wer er sich im Erfolg anderer sonnt, bekommt selbst auch ein bisschen Siegerfarbe ab.

Andererseits haben solche Politikerauftritte auch ihre Tücken - sie rufen die ewigen Dauernörgler auf den Plan: Muss der Brandmair sich jetzt überall anbiedern? Und überhaupt: Wer bezahlt denn seine Reise? Etwa der Odelzhausener Steuerzahler? Dabei sollten sich all die Nörgler einfach freuen: Dank ihres Bürgermeister hatte doch irgendwie jeder Odelzhausener am Mittwoch seinen Drei-Sekunden-Ruhm in der Tagesschau - und keiner von ihnen musste sich dafür einen Schnurrbart wachsen lassen. Vielleicht ist es aber nur der Neid, der aus den Klagen der Nörgler spricht. Der Neid, es selbst nicht geschafft zu haben in den Fokus der Kameras. Zum Glück besteht für die Nörgler ja noch Hoffnung: Sollte Michael Teuber bei den Radrennen der Paralympics 2016 in Rio an den Start gehen, wird gewiss auch Bürgermeister Brandmair wieder mit dabei sein. Wer groß ins Bild kommen möchte, muss sich dann nur neben Brandmaier platzieren - der Drei-Sekunden-Ruhm wird ihm gewiss sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: