Orion Streichtrio:Kammermusik vom Allerfeinsten

Orion Streichtrio: Schöner Klang in fein abgestimmter Harmonie: Soyoung Yoon, Benjamin Gregor-Smith und Veit Hertenstein.

Schöner Klang in fein abgestimmter Harmonie: Soyoung Yoon, Benjamin Gregor-Smith und Veit Hertenstein.

(Foto: Toni Heigl)

Das Orion Streichtrio erregt beim Dachauer Schlosskonzert von den ersten Takten an Staunen und Bewunderung

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Der Werbeslogan "vom Feinsten" ist so abgenutzt, dass man ihn nicht mehr hören kann und erst recht nicht selber gebrauchen mag. Wenn wir aber auf das Dachauer Schlosskonzert mit dem Orion Streichtrio zurückschauen, drängt sich der Eindruck unabweislich auf: Das war Kammermusik vom Feinsten, wenn nicht gar die feinste Kammermusik, die wir bei einem Dachauer Schlosskonzert je hatten. Allein die Besetzung eines Streichtrios mit nur je einer Violine, einer Viola und einem Violoncello ist die feinste durchsichtigste Besetzung, die es in der Kammermusik gibt. Die Komponisten der klassischen und romantischen Epoche der Musik, die ja nach wie vor die Konzertprogramme beherrscht, bevorzugten seit Joseph Haydn das Streichquartett und das Klaviertrio, das Streichtrio war die Ausnahme. Mozart, der Größte von allen, schrieb nur ein Werk in dieser Trio-Besetzung, und das war das erste und blieb das größte Streichtrio bis auf den heutigen Tag.

Das Orion Streichtrio begann sein Programm mit diesem unvergleichlichen Werk, das alle anderen Ensembles in Trio-Besetzung als größtes, den zweiten Teil ihres Programms ganz ausfüllendes Werk nach der Pause spielen. Das Orion Streichtrio aber begann damit und erregte von den ersten Takten an Staunen und Bewunderung. Mozart hat sein Streichtrio Es-Dur KV 563 als "Divertimento" bezeichnet, es sollte eine Abendunterhaltung sein, ähnlich einer Serenade, von der auch die Anordnung der sechs Sätze übernommen ist. Mit welch zauberhafter Musik Mozart diese an sich anspruchslose Form gefüllt hat, zeigte das Orion Streichtrio mit jeder musikalischen Wendung.

Beim Streichquartett gibt es eine Rangordnung: die Erste Geige führt, die Zweite Geige und die Viola füllen klanglich und musikalisch, das Violoncello ist vor allem (aber nicht nur) die Basis. Beim Streichtrio sind alle Instrumente gleichwertig. Das überaus schöne Seitenthema des ersten Satzes, das die Zuhörer sofort fesselt, ist ein erster Beleg dafür: Die Melodie wird von Violine und Violoncello zweistimmig vorgetragen, der Bass ist der Viola anvertraut. Überhaupt kommt die Viola in dieser Komposition Mozarts besonders prominent zum Einsatz. Veit Hertenstein spielte die für ihn dankbare Viola-Stimme mit den vielen Möglichkeiten zum solistischen Hervortreten überaus schön, geschmack- und ausdrucksvoll. Offensichtlich hat er auch ein besonders ausgezeichnetes, klangschönes Instrument in Händen. Da beim Streichtrio allgemein, in Mozarts Streichtrio ganz besonders alle drei Instrumente musikalisch und auch klanglich gleichwertig sind und das Orion Streichtrio musikalisch wie klanglich absolut homogen spielt, bleibt für die Geigerin Soyoung Yoon und den Violoncellisten Benjamin Gregor-Smith nur das Gleiche wie für Veit Hertenstein zu sagen. In älteren Besprechungen hat man ein derart feines Zusammenspiel als ein Musizieren von großer oder von besonderer Delikatesse bezeichnet. Hier drängt sich der wohl schon etwas veraltete Ausdruck "delikat" auf.

Nach der Pause gab es einen der bekannten, musikalisch geradezu anheimelnden Sätze für Streichtrio von Franz Schubert, ein 1905 noch ganz in der spätromantischen Harmonik geschriebenes, sehr schönes Intermezzo für Streichtrio von Zoltan Kodaly und die Serenade für Streichtrio C-Dur op. 10 von Ernst von Dohnányi. Dafür, dass das Orion Streichtrio Musik von Dohnányi auf sein Programm gesetzt hat und damit diesen großen ungarischen Komponisten wieder in Erinnerung gebracht hat, müsste ihm das Dachauer Publikum besonders dankbar sein. 1895 setzte Johannes Brahms Dohnányis Klavierquintett op. 1 auf das Programm eines Konzerts in Wien und lobte nach der Aufführung: "Ich selbst hätte es auch nicht besser schreiben können." Das Trio op. 10 ist mindestens ebenso gut komponiert, und dieses Werk in einer Aufführung von unübertrefflicher Verinnerlichung und Delikatesse hören zu dürfen, war zum Schluss noch einmal Feinstes vom Feinen der Dachauer Schlosskonzerte. Wir bitten um Verständnis für den Gebrauch der abgenutzten Formulierung für ein in seiner Feinheit und Delikatesse überwältigend schönes Konzert. Das Orion Steichtrio spielte nach der Pause das ganze Programm und auch die Zugabe, ein Satz aus dem Streichtrio c-Moll op. 9 von Beethoven, auswendig. Das zeigt, wie sehr es diese Musik verinnerlicht hat.

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