Seit Freitagmorgen steht eine orangefarbene Bank im Innenhof des Landratsamts. Angelehnt an die UN-Kampagne „Orange the World“ soll auf geschlechterspezifische Gewalt hinweisen. Die Bank ist versehen mit einer Plakette, die Auskunft über entsprechende Hilfsangebote in Dachau gibt. Im Jahr 2023 wurden bundesweit 155 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet.
Die orange Bank sei ein wichtiges Zeichen, so Landrat Stefan Löwl (CSU). Er bedankte sich bei der Frauen Union Dachau, die den Anstoß gegeben hatte, orange Bänke aufzustellen. Umgesetzt wurde die Aktion in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Distel, kurz für Dachauer Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt. Sie ist seit 2007 tätig. Löwl lobte die zahlreichen Initiativen gegen Gewalt an Frauen in Dachau. Dass die Zahlen insgesamt trotzdem keineswegs rückläufig sind, thematisierte er nicht. Von seinen Kolleginnen verabschiedete sich Löwl nach der Eröffnung mit den launigen Worten: „Ich übergebe jetzt mal meine Hahn-im-Korb-Stellung.“
Geschlechterspezifische Gewalt fängt beim Alltagssexismus und den patriarchalen Strukturen der Gesellschaft an, wie die Anwesenden anschließend beim Runden Tisch gegen häusliche Gewalt lernen konnten. Die Sozialwissenschaftlerin Monika Schröttle stellte in ihrem Vortrag Handlungsempfehlungen für eine bessere Prävention vor, vor allem gegen Femizide, also die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts.
„Femizide können ganz klar verhindert werden“
„Femizide sind die Spitze eines Eisbergs“, erklärte Schröttle. Sie forscht seit mehr als 35 Jahren auf diesem Gebiet. Die Zahl an Femiziden und Opfern häuslicher Gewalt ist seitdem nicht geringer geworden, die Statistiken der vergangenen Jahre legen nahe, dass sich das Problem sogar weiter verschärft. Mitschuld daran ist laut Schröttle auch ein wieder erstarkendes traditionelles Männerbild in der Gesellschaft, das durch die Verkörperung patriarchaler Macht zu einem Anstieg von Femiziden führen könne.


Femizide seien ein Ausdruck gesellschaftlicher Kontrolle und Unterdrückung von Frauen, formuliert Schröttle ihre wissenschaftliche Erkenntnis. Außerdem werden diese in sämtlichen Alters- und Bevölkerungsgruppen verübt – egal welche Bildungsschicht, welches Herkunftsland oder welche kulturellen Hintergründe. In der Regel spiele ein gewisser Verlust von Kontrolle eine große Rolle, wie zum Beispiel bei einer Trennung. Gipfelt der Wegfall von Beherrschung in einem Femizid, sei dieser eine geplante Handlung mit einem bestimmten Zweck: der Ausübung von Macht.
Die Präventionsarbeit in Politik und Gesellschaft, aufseiten der Opfer und der Täter, müsse intensiviert und systematisiert werden, forderte Schröttle. „Femizide können ganz klar verhindert werden.“ Häufig könne Frauen allerdings kein sofortiger Schutz geboten werden, den sie so dringend nötig hätten, so Schröttle weiter. Und auch hinsichtlich des Monitorings, der Forschung und der Rechtsprechung bleibe ein großer Handlungsbedarf, um Femizide zu verhindern und das Leben von Frauen zu retten. Ihre Botschaft erreichte vor allem Zuhörerinnen, Männer waren nur vereinzelt gekommen.