Offene Ateliers:Kunstbummel

Bei der Haimhauser Art präsentiert sich die Gemeinde als Ort der Kreativen. Maler King Panzu verarbeitet Fluchterfahrungen, Wolfgang Sand bereitet neue Skulpturen vor

Von Anna-Elisa Jakob, Haimhausen

Das Gebäude der alten Schlossbrauerei umgab am Wochenende eine charmante, kreative Atmosphäre. Im Rahmen der "Haimhauser Art" stellten Künstler ihre Werke an unterschiedlichen Orten der Gemeinde aus, viele versammelten sich um die Schlossbrauerei herum.

Hier stehen zwischen den einzelnen Ateliers vereinzelt Stühle und Weißwein, Trauben und Pralinen laden zum Verweilen ein - die angenehmen Temperaturen lassen Besucher entspannt von einer Location zur nächsten schlendern. Dörthe von Haniel präsentiert ihre Malerei in einem Raum der Schlossbrauerei mit hohen, weißen Bögen, an manchen Teilen der Wand löst sich bereits der Putz. Im Zentrum des engen Raums steht ein Ensemble an Werken, die alle den Namen "Farbkomposition" tragen, in nummerierter Reihenfolge. Braune, blaue und hellgelbe Farben in abstrakten Formen werden vor dieser Kulisse zu einem eindrucksvollen Gesamtwerk. Auf der anderen Seite des Gebäudes geben Anette von Strykowsky und Mike T. Berwanger einen Einblick in ihre Ateliers. In einem Nebenraum stehen kleine Papiertüten aneinandergereiht, sie alle zeigen bunte Aktmalerei. "Die abgebildeten Frauen sind alle Freundinnen oder Menschen, die ich gut kenne", erklärt Anette von Strykowsky. Der künstlerische Prozess müsse aber ziemlich schnell gehen, die Modelle säßen nie länger als zwei Stunden. Die Kombination aus Vertrautheit und direkter Ausdrucksweise machen die Werke zu einem außergewöhnlichen Blickfang. Mike T. Berwanger zeigt im angrenzenden Raum eine andere künstlerische Art von Vertrautheit: Selbstporträts in diversen künstlerischen Stilen, von Tusche bis Wasserfarben, hängen an dünnen Kleiderbügeln vor mit Sand, Steinen und anderen Naturmaterialien bearbeiteten Holzwänden.

Eine Straße weiter: Der 32-jährige Künstler King Panzu stellt eindrucksvolle Zeichnungen aus, die dreiteilige Serie in schwarz-weiß fällt beim Betreten des Ateliers am Mühlbach sofort ins Auge. In den Augen der abgebildeten Personen spiegeln sich Angst und Trauer wider, der Künstler verstärkt diese Atmosphäre durch den deutlichen Stil seiner Zeichnungen. Entstanden seien diese Bilder in Haimhausen, sagt King Panzu, hier wartet er auf die Genehmigung seines Asylantrags. Seine Werke zeigten eine Mischung aus eigenen Emotionen und Beobachtungen aus seiner Umgebung, erklärt der Künstler.

Ähnliche Emotionen, die Angst vor Krieg und Tod, zeigen die Malereien von Mette Therbild im Ausstellungsraum nebenan. Der Kontrast der künstlerischen Ausdrucksweise ist verblüffend: Mette Therbilds Werke erinnern an den Stil von Max Beckmann - die Künstlerin bezeichnet ihn als große Inspiration. Die ausgestellten Werke hatte sie erst vor ein paar Tagen auf ihrem Dachboden wiederentdeckt, erzählt Mette Therbild. Sie sagt: "Trotzdem sind sie genau jetzt wieder aktuell." Ein Bild in der hinteren Ecke des Raumes zeigt eine Situation, die eine Frau mit Möwenkopf, einen Mann im Anzug und ein Fischskelett in einer englischen Telefonzelle beinhaltet. "Out of order", heißt das Werk, entstanden ist es 1990, zu Anfang des ersten Irakkriegs. Die Künstlerin lebte damals in Oxford, studierte Kunstgeschichte - und verarbeitete die aktuelle politische Angst in ihren Werken. Dieses Bild sollte zeigen: "Hier ist gerade etwas nicht in Ordnung".

Wer ein paar Schritte weiter schlendert, bekommt einen Einblick in das Atelier des Bildhauers Wolfgang Sand. "Ich mache einfach mal die Werkstatt auf", sagt er. Das wäre der perfekte Zeitpunkt, um mal wieder durchzukehren. Zwischen Werkzeugen, Kabeln und Holzbrettern zeigt er alte und neue Werke. Einige von ihnen sind erste Entwürfe, sie sollen später zu großen Skulpturen werden.

Das Rathaus, die Amperresidenz und das Zentrum der Haimhausener Künstlerszene - die Kulturkneipe - laden mit weiteren Ausstellungen in den Ortskern ein. Die Besucher Haimhausens konnten allerorts das Flair künstlerischer Diversität tief einatmen.

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