Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Nahverkehr:Zuverlässigere S-Bahn

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Die Landräte rund um München fordern deutliche Verbesserungen im MVV-Angebot. Am Wochenende wollen sie einen 24-Stunden-Betrieb. Verkehrsministerin Schreyer denkt bereits an U-Bahn-Verlängerungen

Von Mona Marko, Dachau

Die Landräte der acht Verbundlandkreise der MVV lassen nicht locker: Drei Jahre nachdem sie dem Bayerischen Verkehrsministerium ein Positionspapier überreichten, in dem sie eine Verbesserung des S-Bahn-Angebots forderten, ging das Fortschreiben des Papiers nun an die neue Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU).

Unter dem wuchtigen Titel "Zukunftsperspektiven für den Schienenpersonennahverkehr aus Sicht der Verbundlandkreise" unterbreiten die Landräte der Staatsregierung weitere kurzfristig umsetzbare und ergänzende Maßnahmen der Angebotsplanung für S-Bahn und Regionalzug im MVV. Einige Vorschläge habe der Freistaat in den vergangenen drei Jahren zwar aufgegriffen, doch die Landräte betonen, dass sich viele ihrer alten Forderungen noch nicht erledigt hätten. "Vieles wurde schon gemacht, vieles wird gerade gemacht, aber manches muss eben noch gemacht werden", zieht Dachaus Landrat Stefan Löwl (CSU) die Dreijahresbilanz. Es gehe vor allem darum, Münchens S-Bahnsystem als Rückgrat des öffentlichen Personalverkehrs zu stärken. "In den Landkreisen können wir nämlich mit Bussen und Schnellbussen nur punktuelle Abhilfe schaffen, viel mehr zählt es, das S-Bahnnetz leistungsstärker zu machen", sagt Löwl. Dafür seien vielerlei Maßnahmen notwendig, die in dem Positionspapier thematisiert werden.

Die Landräte fordern etwa, dass sich S-Bahnen künftig nicht mehr Gleise mit Regional- und Güterzügen teilen müssen. Zudem setzen sie sich für ein konkretes Betriebskonzept der S-Bahn nach der Fertigstellung der Stammstrecke ein und fordern die Schließung der vielen Taktlücken. Zumindest an den Wochenenden verlangen die Landräte den 24-Stunden-Betrieb. "Menschen, die am Wochenende abends und nachts in München sind, sollen auch problemlos wieder nach Hause kommen. Dafür braucht es jedoch einen regelmäßigeren Takt", so Löwl.

Neu im Fortschreiben des Positionspapiers ist die Forderung nach einer "sofortigen und dauerhaften Verbesserung der Pendlersituation" - eine Reaktion auf die Ausfälle der Taktverstärker Ende vergangenen Jahres und die Einschränkungen durch Baustellen. "Wir müssen den Pendlern Zuverlässigkeit bieten", sagt auch Löwl.

Ein wichtiger Punkt im Positionspapier ist darüber hinaus die Finanzierung. Erforderliche Maßnahmen dürften "gerade in Zeiten voller Kassen", wie es in dem Positionspapier heißt - nicht an der Finanzierung scheitern. Daher verlangen die Landkreise neue und ausgeweitete Finanzierungsmöglichkeiten der teuren Infrastruktur- und Betriebsmaßnahmen. Um diese schnell voranzutreiben, haben die Landkreise zudem eine Liste an Handlungsfeldern ausgearbeitet, bei denen sie Verbesserungsbedarf sehen. Dazu zählen die Bereiche der Fahrgastinformation, der Fahrzeugverfügbarkeit, der Angebotsverbesserung bei den Regionalzügen oder im Bereich der Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln.

Auch Bayerns Verkehrsministerin Schreyer ist sich der Dringlichkeit der Themen bewusst: "Wir müssen alle Möglichkeiten durchdenken, von U-Bahn-Verlängerungen bis zur Seilbahn. Aber aus meiner Sicht braucht es vor allem eine erhebliche Beschleunigung und Querverbindungen bei den Außenästen der S-Bahn. Hier müssen wir mit den zuständigen Landkreisen überlegen, wie wir uns klüger aufstellen."

Um die Verkehrssituation im Ballungsraum München kurzfristig spürbar zu entlasten, listeten die Landräte Handlungsoptionen auf. Dazu zählt etwa die Taktlücken zu schließen, alle Leerfahrten als Personenfahrten durchzuführen, das S-Bahn-Angebot durch mehr Früh- und Nachtfahrten zu ergänzen oder einen durchgehenden 20-Minuten-Takt auf den Außenästen der S-Bahn und stündliche Regionalzughalte einzurichten. Auch Seilbahnen werden explizit erwähnt. Sie würden, so heißt es in dem Positionspapier, den "geographisch kürzesten Weg nutzen" und seien daher immun gegen Baustellen oder topographische Hindernisse wie Berge oder Flüsse, die etwa bei Bussen zu Behinderungen führen würden. Zudem zeichne sich eine Seilbahn dadurch aus, dass sie platzsparend und schnell zu errichten sei - im Idealfall sogar innerhalb von 12 bis 18 Monaten. Weitere Argumente, welche die Landräte für die Errichtung einer Seilbahn auflisten, sind niedrige Betriebskosten und dadurch geringer Personalaufwand sowie die Energieeffizienz und die Tatsache, dass Seilbahnen sehr leise sind. Auch Magnetbahnen seien weiterhin im Gespräch, doch gebe es noch rechtliche Unsicherheiten in dem Bereich.

Bei der potenziellen Seilbahn handele es sich lediglich um ein langfristiges Projekt, Priorität hätten erst Maßnahmen, die kurzfristig im Bereich des S-Bahn-Angebots gesetzt werden können, um den Verkehr in und um München zu verringern und den Pendlern den Alltag zu erleichtern.

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Quelle:
SZ vom 11.03.2020
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