Süddeutsche Zeitung

Dachau:Arbeiten in grüner Innenstadt

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Zum Beginn der Bürgerbeteiligung spricht sich das Bündnis für Dachau für 100 Prozent Gewerbe auf dem MD-Gelände aus. Die anderen Fraktionen sind skeptisch und wollen die Ergebnisse der Umfrage abwarten

Von Viktoria Großmann, Dachau

Vor Beginn der Bürgerbeteiligung zur Zukunft des MD-Geländes an diesem Dienstag will das Bündnis für Dachau noch einmal Schwung in die Debatte bringen. Die vierköpfige Fraktion im Stadtrat tritt für 100 Prozent Gewerbegebiet auf dem Areal der ehemaligen Papierfabrik ein. Damit, so erklärt Stadtrat Michael Eisenmann, hätte die Suche nach Gewerbegebieten in Dachau ein Ende. Zugleich könnte der zu erwartende Zuzug in den kommenden Jahren finanziert werden - über Gewerbesteuern nämlich. Wenn denn Firmen sich ansiedeln. Eisenmann spricht von "zwei oder drei Firmen, die sich sofort auf dem MD-Gelände ansiedeln würden."

Für diese würde allerdings der geltende Beschluss des Stadtrates - den auch das Bündnis mitgetragen hat - ausreichen. Demnach sollen maximal 60 Prozent der Fläche für den Wohnbau und mindestens 40 Prozent für "Nicht-Wohnen" genutzt werden. Ob dieses "Nicht-Wohnen" automatisch die Ausweisung als Gewerbefläche oder doch als Sondergebiet, Misch- oder Kerngebiet bedeutet, das sollen die Bürger entscheiden, die von diesem Dienstag an um ihre Meinung gebeten werden. Die Stadtratsfraktionen von CSU, SPD und Grünen halten an den bisherigen Beschlüssen fest und zeigen sich verwundert über den Gesinnungswechsel beim Bündnis. "Für ein reines Gewerbegebiet ist das Areal viel zu groß", sagt SPD-Fraktionssprecherin Christa Keimerl. Auf den 17 Hektar mitten in der Stadt könne man nur emissionsfreies Gewerbe ansiedeln, etwa Handwerksbetriebe. "So viele wird es da nicht geben", sagt Keimerl. Thomas Kreß von den Grünen verweist auf den städtebaulichen Vertrag von 2008 und hält an den mindestens 40 Prozent für Gewerbegebiet fest. Eine gewerbliche Nutzung findet er grundsätzlich nötig und sinnvoll, schließlich werde "immer über zu wenige Gewerbeflächen gejammert". Zudem sei es besser, das MD-Gelände dafür auszuweisen, als grüne Wiesen zu bebauen.

Dieses Argument bringt auch Eisenmann. Er hat aber noch stärkere. "Jeder neue Einwohner bedeutet 500 Euro Miese", rechnet er vor. Denn für jeden Einwohner mehr müsste Infrastruktur geschaffen werden. Nicht nur Straßen, auch Plätze in der Kinderbetreuung und in der Schule. Er bezieht sich dabei auf eine Studie zu den Auswirkungen der Siedlungserweiterung Unteraugustenfeld, die der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum 2008 erstellt hat. Darin ist von 525 Euro Zuschussbedarf pro Einwohner die Rede. Allerdings auch von 580 Euro Einkommenssteuer pro Kopf, wobei diese nicht vollständig der Stadt zufließt. Die Rechnung ist also knapp. Insgesamt empfiehlt das Gutachten von damals ein möglichst langsames Wachstum.

In einem Stadtratsantrag vom Januar hatte das Bündnis eine Aktualisierung dieser Studie von 2008 gefordert und außerdem darauf gedrängt, mögliche Gewerbesteuereinnahmen errechnen zu lassen. Der Antrag war von den Mitgliedern der anderen Fraktionen abgelehnt worden. Diese eint in ihrer Argumentation für Wohn- und Gewerbegebiet ein weiterer Punkt: CSU, SPD und Grüne sprechen sich für die vollständige Bodensanierung des Geländes aus. Diese ist für die Dachau Entwicklungsgesellschaft Grundlage ihres Vorhabens und weiteren Vorgehens. "Die Altlasten müssen 'raus", sagt Christa Keimerl. CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky mahnt, an die kommenden Generationen zu denken.

Wenn das Gelände gleich für neues Gewerbe genutzt würde, reiche die vorhandene Flächenversiegelung aus, findet Eisenmann. Bedenken, dass ein reines Gewerbegebiet in der Stadt nicht gerade zur Belebung und Verschönerung beiträgt, entgegnet er mit dem Vorschlag, sich an Vorbildern umgenutzter Fabrikgelände in Linz, Wien und Köln zu orientieren. Eisenmann schwebt ein "Gewerbepark" vor, mit viel Grün und einem offenen Mühlbach. Die größte Gefahr sieht er in einem zu schnellen Wachstum, denn das könne sich die Stadt nicht leisten. Davor braucht er sich laut Schmidt-Podolsky nicht zu fürchten: "Das kann zehn, 15 Jahre dauern, bis alles umgesetzt ist."

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SZ vom 09.06.2015
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