Dass Mitte der 1960er-Jahre in Dachau auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers eine Gedenkstätte entstand, dafür mussten Überlebende des nationalsozialistischen Terrors lange kämpfen, gegen teils erbitterte Widerstände aus der Kommunalpolitik. Einer dieser Pioniere der Erinnerung war der Journalist und ehemalige Dachau-Häftling Nico Rost, der 1967 in Amsterdam starb.
Rost wurde am 21. Juni 1896 in Groningen in den Niederlanden geboren. Seit 1923 arbeitete er als Korrespondent in Berlin, für verschiedene Blätter schrieb er Literaturkritiken und politische Reportagen. Auch übersetzte er deutsche Schriftsteller und Schriftstellerinnen ins Niederländische, etwa Lion Feuchtwanger, Gottfried Benn und Anna Seghers.
Journalismus gegen Faschismus
Während der Faschismus und Nationalsozialismus in Deutschland erstarkten, schrieb Rost dagegen an – trotz der gefährlichen Konsequenzen für ihn persönlich. Rost war Mitglied der Kommunistischen Partei der Niederlande. Im Zuge des Reichstagsbrandes verschleppten ihn die Nationalsozialisten im März 1933 in das Konzentrationslager Oranienburg. Nach wenigen Monaten kam er frei. Er musste Deutschland verlassen und ging nach Brüssel. Dort schrieb er für die sozialdemokratische und antifaschistische Zeitung Vooruit. 1943 wurde er erneut verhaftet und 1944 ins Konzentrationslager Dachau gesperrt.
Über den mutigen Journalisten und die Geschichte des Antifaschismus in Europa hat der Historiker Markus Wegewitz seine Dissertation geschrieben. Der Titel: „Antifaschistische Kultur. Nico Rost und der lange Kampf gegen den Nationalsozialismus 1919–1965“. Diese stellt Wegewitz am Montag, 28. Oktober, um 19 Uhr in der KZ-Gedenkstätte Dachau vor. Es ist ein bemerkenswertes Buch, einerseits weil der Autor den Lesern die Geschichte des Antifaschismus über die Biografie und das Wirken des Journalisten Nico Rost eindrücklich näherbringt. Und andererseits, weil Wegewitz konkret auch den Kampf der ehemaligen Dachauer KZ-Häftlinge gegen das Verschweigen der NS-Verbrechen nach dem Krieg in den Blick nimmt und somit ein wichtiges Kapitel Dachauer Stadtgeschichte erzählt.
„Ich war wieder in Dachau“
Während seiner Haft im KZ Dachau war Nico Rost im Krankenrevier als Pförtner und Läufer tätig. Aus den Büchern in der Häftlingsbibliothek des Lagers schöpfte er Kraft durch das Lesen klassischer Literatur. Aus zahlreichen in der KZ-Haft verfassten Aufzeichnungen schrieb er schließlich sein Tagebuch „Goethe in Dachau“, das 1948 in Deutschland veröffentlicht wurde. In seinem Buch habe er Eindrücke aus der Haft mit Gedanken über Literatur und der Hoffnung auf die Überwindung des Nationalsozialismus verbunden, so die KZ-Gedenkstätte Dachau.
Nico Rost wurde später Mitglied im Internationalen Dachau-Komitee. Zusammen mit anderen Kräften gegen das Vergessen setzte er sich dafür ein, das ehemalige KZ als Gedenkstätte zu erhalten, was er 1956 in seinem Bericht „Ich war wieder in Dachau“ thematisierte.
Historiker Markus Wegewitz stellt seine biografische Studie zu Nico Rost im Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Dachau vor. Im Anschluss diskutieren er, Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann und Christoph Thonfeld, Leiter der wissenschaftlichen Abteilung der KZ-Gedenkstätte Dachau, über die neuen Forschungsergebnisse. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung über www.kz-gedenkstaette-dachau.de wird gebeten.