Süddeutsche Zeitung

Nicht gezahlte Ausschüttungen:Banken-Kritiker wirft Sparkasse Rechtsbruch vor

Rainer Gottwald beschuldigt das Dachauer Kreditinstitut, es behalte Millionensummen ein, die den örtlichen Kommunen zustehen. Die Kommunalpolitiker teilen diese Vorwürfe allerdings nicht. Manche würden sich von dem Geldhaus jedoch etwas mehr Transparenz wünschen

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Nachdem die Fusion der Sparkassen Dachau, Fürstenfeldbruck und Landsberg endgültig geplatzt ist, erhebt der bekannte Banken-Kritiker Rainer Gottwald erneut schwere Anschuldigungen. Der Betriebswirt aus Landsberg wirft der Sparkasse Dachau vor, seit Jahren Gewinnausschüttungen an die Träger zurückzuhalten und damit gegen Gesetze zu verstoßen. In der Summe hätten Stadt und Landkreis Dachau sowie die Gemeinden Markt Indersdorf und Altomünster in den vergangenen vier Jahren auf mehr als 60 Millionen Euro verzichtet, so Gottwald. Die Sparkasse Dachau und Mitglieder des Verwaltungsrates weisen das aufs Schärfste zurück.

Rainer Gottwald, Mitglied des Bürgerforums Landsberg, hat sich bayernweit einen Namen als "Sparkassenschreck" gemacht. Er will, dass die Sparkassen mehr Geld an Kommunen ausschütten, die Träger und damit gewissermaßen Miteigentümer sind. Sein Vorwurf ist stets der gleiche: Die Sparkassen horten Millionen an Eigenkapital und zwar viel mehr, als sie zur Absicherung an Risiken bräuchten. Um das zu belegen, nimmt er Geschäftsberichte der kommunalen Kreditinstitute unter die Lupe und errechnet mögliche Ausschüttung an die Träger. Seine Daten verschickt er ungefragt an Kommunalpolitiker, da oft Bürgermeister, Landräte und Gemeinderatsmitglieder in den Verwaltungsräten der Sparkassen sitzen.

Auch in Dachau ist der Name Rainer Gottwald bekannt. Zuletzt trat Gottwald als Gegner der Fusion der Sparkassen Dachau, Fürstenfeldbruck und Landsberg in Erscheinung und stellte eine Petition auf die Beine. Anfang des vergangenen Jahres präsentierte er das Ergebnis seiner Untersuchung, wonach die Sparkasse den Trägern Ausschüttungen aus Gewinnen vorenthalte. Nun hat er auf Grundlage des Jahresabschlusses der Sparkasse für 2017 seine Zahlen erneuert. Demnach könnten vier Träger insgesamt 15,7 Millionen Euro für sich beanspruchen, wovon auf den Landkreis 10,4 und die Stadt 4,1 Millionen Euro entfielen. In den vergangen vier Jahren hätte der Landkreis sogar rund 40 und die Stadt etwa 16 Millionen Euro bekommen sollen. Doch in Dachau sei überhaupt nichts ausgeschüttet worden, schreibt Gottwald. Eine Reihe von Bankprofessoren würden seine "neue Aktion" unterstützen. "Die Sparkasse Dachau gehört zu den Sparkassen, die unserer Meinung nach gegen Recht und Gesetz verstößt." Nämlich "gegen das Handelsgesetzbuch und das bayerische Sparkassengesetz".

Bei der Sparkasse nimmt man das neue mehrseitige Schreiben von Gottwald gelassen. Dessen Ausführungen zur Gewinnausschüttung seien seit Jahren bekannt und mehrfach richtiggestellt worden, sagt ein Sprecher. "Der Jahresabschluss 2017 der Sparkasse Dachau wurde vom gesetzlichen Abschlussprüfer geprüft. Es ergaben sich keine Beanstandungen. Der Jahresabschluss entspricht somit den gesetzlichen Vorschriften." Vorstand und Verwaltungsrat würden sich jährlich mit dem Thema Eigenkapital und Gewinnausschüttung beschäftigen. Das oberste Ziel sei "die langfristige Existenzsicherung der Sparkasse, um auch im schwieriger werdenden Umfeld den öffentlichen Auftrag im Geschäftsgebiet dauerhaft erfüllen zu können".

Landrat Stefan Löwl (CSU), der im Verwaltungsrat der Sparkasse sitzt, sagt, es sei Konsens, dass unter der aktuellen Lage eine Eigenkapitalquote von 20 Prozent "das Minimum" ist. "Wir sind weit darunter." Davor brauche man gar nicht über Gewinnausschüttungen zu reden.

So sieht das auch Stadtkämmerer Thomas Ernst, der Gottwalds aktuelle Zahlen aber nicht bewerten will. Er verweist darauf, dass sich der Stadtrat mit dem Thema Gewinnausschüttung auseinandergesetzt habe. Grundsätzlich merkt er an, dass nur ganz wenige Sparkassen wie etwa die große Münchner Stadtsparkasse Gewinne abführen könnten.

Auch einige Dachauer Stadträte beschäftigt die Sparkasse. Die Gründe, warum die Stadt keine Gewinnausschüttung erhalte, sind für Rainer Rösch und Peter Gampenrieder von der Überparteilichen Bürgermeinschaft (ÜB) "nachvollziehbar". In einem Antrag ihrer Fraktion schreiben sie, dass die Sparkasse eine regelmäßige und nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung im Bereich Spenden und Sponsoring leiste. Das sei eine "Art indirekte Gewinnausschüttung".

Gleichwohl kritisiert die ÜB, dass den vier Trägern und den übrigen Gemeinden nicht klar sei, "wie sich dieses Engagement zusammensetzt und welcher Anteil auf ihr Gemeindegebiet entfällt". Daher fordert die Fraktion, dass die Sparkasse künftig einen jährlichen, nicht-öffentlichen Spenden- und Sponsoringbericht erstellen solle. Das würde eine "vielfach gewünschte Transparenz schaffen". Zu dem ÜB-Antrag wollte sich die Sparkasse noch nicht äußern.

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SZ vom 18.01.2019
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