Neues Stück der Volksbühne Dachau:Im Stereotypenstadl

Die Volksbühne Dachau spielt wieder mit vollem Einsatz, nur bei der Auswahl des Stücks zeigt sie diesmal keine glückliche Hand. "Die k(n)ackigen Landfrauen" holt die Geschlechterklischees aus der Mottenkiste. Entsprechend platt fällt der Humor aus

Von Anna-Elisa Jakob

Dachau - Achtung, es wird nackig! Die Volksbühne hat am Freitag die Premiere der Komödie "Die (k)nackigen Landfrauen" im Ludwig-Thoma-Haus unter der Regie von Daniela Renner gefeiert. Blank zogen an diesem Abend die drei männlichen Hauptdarsteller - Alfred, Franz und Heiner. In neonfarbenen Unterhosen tanzen sie über die Bühne des Theatersaals, bevor sie unter Beobachtung der neugierigen Nachbarin Frieda ein Nackt-Shooting im Hühnerstall veranstalten. Anlass dafür ist das große Missverständnis, das den Plot der Geschichte formt: Die drei Mannsbilder denken, ihre Frauen wollten sich für den Playboy ausziehen - und rächen sich mit eigenen Nacktbildern.

Vroni, Mathilde und Mariele, drei Frauen um die Vierzig, verbringen ein gemeinsames Wellness-Wochenende. Ihre Männer bleiben in der Zwischenzeit alleine zuhause und sehen der Rückkehr ihrer Ehefrauen auf verschiedene Weise entgegen: Alfred, der Ehemann von Vroni, putzt in schief hängender Schürze und mit einem pinken Staubwedel die gemeinsame Wohnung und tanzt dabei zu Queen: "Don't stop me now!" Heiner, Ehemann von Mariele, schimpft darüber, dass er drei Tage lang den Fernseher selbst einschalten muss. Franz möchte seiner Mathilde zur Begrüßung einen Käsekuchen backen und reibt eine große Menge Appenzeller Käse hinein - sehr zum Entsetzen von Alfred und Heiner. Diese schmeißen den Kuchen kurzerhand zum Fenster hinaus, direkt in den Hühnerstall.

Die (k)nackigen Landfrauen

Alfred (gespielt von Alexander Grimme) putzt mit Leidenschaft und verwandelt den pinken Staubwedel kurzzeitig in eine E-Gitarre.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Als ihre Frauen kurze Zeit später von ihrem Urlaub zurückkehren und vor der Tür stehen, fällt ihnen der leblose Hahn im Stall auf. "Vogelgrippe", erklärt Franz und greift schwer atmend und pfeifend zu seinem Asthma-Spray. Franz und das Asthma-Spray sorgen während der gesamten Vorstellung für laute und wiederkehrende Lacher im Publikum. Darsteller Christian Marschall spielt die Rolle des verängstigten Franz auf amüsante und äußerst gelungene Weise.

Leider baut ansonsten jeglicher Witz des Stücks auf stereotypen Gesellschaftsbildern auf und bedient ein Klischee nach dem anderen. Während die Ehefrauen auf einem Wellness-Wochenende sind - Alfred hofft, anschließend eine Verschönerung seiner Frau erkennen zu können - sind die Männer allein zuhause weder imstande, den Fernseher zu bedienen noch einen Kuchen zu backen. Daheim erzählen die Frauen, sie seien im Urlaub als Models entdeckt worden. Die Männerrunde genehmigt sich daraufhin einen Schnaps und zeigt sich empört. Als die drei Frauen sich einen Bikini für das Foto-Shooting kaufen wollen, ruft Alfred gar zum Krisengespräch auf. Er beschwert sich: "In unserem Schlafzimmer geht nachts um zehn das Licht aus, und dann will sich die Vroni für den Playboy ausziehen!" Er wolle nicht, dass jemand seine Vroni so sehe, "das gehört doch alles mir". Außerdem werde ihm angst und bange, wenn er sich Mathildes "schlagkräftige Argumente" in einem Bikini vorstelle. Diese "Argumente" werden immer wieder für Pointen bemüht: Mathildes "Melonen" ernten über das gesamte Stück hinweg Spott und Gelächter.

Die (k)nackigen Landfrauen

Der verängstigte Franz (Christian Marschall) wird von Ehefrau Mathilde (Sandra Lackner) liebevoll begrüßt.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Gehört dieser platte Humor in das Jahr 2018, das von weltweiten Debatten um Sexismus und Geschlechterrollen geprägt war? "Auf'm Land gibt's koa Sünd!", ruft im Stück Fotograf Rocco Papparazzo, gespielt von Jürgen Strobl. Und bestärkt damit noch mehr das Gefühl, dass in der Welt dieses Stücks die gesellschaftlich wachsende Sensibilität für diese Themen keinen Platz gefunden hat.

Zum Ende hin wird die eigentliche Botschaft des Stücks deutlich: Mit erhobenem Haupt wollen die Männer dem Gerede trotzen, dass sie aufgrund ihrer veröffentlichten Nacktfotos im Dorf erwartet. Die Aufführung endet mit dem Appell, das eigene Leben nicht vom Gerede der Leute abhängig zu machen. Eine schöne Idee - wäre in der Umsetzung nicht übersehen worden, dass das Stück selbst sämtliche gesellschaftliche Klischees bedient und dadurch dazu beiträgt, diese aufrechtzuerhalten.

Weitere Aufführungstermine: Freitag, 30. November, und Samstag, 1. Dezember, jeweils um 20 Uhr, am Sonntag, 2. Dezember, um 18 Uhr.

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