Süddeutsche Zeitung

Neues Stipendium:Damit die Botschaft weiterlebt

Das Max-Mannheimer-Stipendium soll Jugendliche unterstützen, die aus dem Ausland zur Internationalen Jugendbegegnung nach Dachau reisen. Die Geschichte Mannheimers soll in die Welt getragen werden

Von Gregor Schiegl, Dachau

An der Internationalen Jugendbegegnung in Dachau werden in diesem Juli voraussichtlich auch drei Jugendliche aus der Republik der Philippinen teilnehnen. Ermöglicht wird ihnen die Reise durch das neue Max-Mannheimer-Stipendium, das der Dachauer Zeitgeschichtsreferenten Günter Heinritz (SPD) ins Leben gerufen hat. Beim Runden Tisch Zeitgeschichte in Dachau fand die Idee auf Anhieb Zuspruch, der Förderverein und der Kreisjugendring erklärten sich bereit, alle notwendigen organisatorischen Aufgaben zu übernehmen, Landrat Stefan Löwl (CSU) will als Schirmherr für Spenden werben. Sollte in den ersten beiden Jahren noch nicht genug Geld zusammenkommen, will Löwl die Finanzierungslücke aus eigenen Mitteln schließen, quasi als "Anschubhilfe", sagte er am Montag bei einem Pressegespräch im Landratsamt.

Die Teilnahmegebühren von 280 Euro und die Reisekosten summieren sich gerade für Jugendliche, die von weither anreisen, oftmals auf Beträge, die ihre finanziellen Möglichkeiten überschreiten. "Für manche geht es um Summen, die einem Monatslohn in ihrem Land entsprechen", sagt Ludwig Gasteiger vom Kreisjugendring. Als Stipendien sind jeweils bis zu 750 Euro vorgesehen, davon maximal 400 Euro als Reisekostenzuschuss.

Allerdings ist es Zeitgeschichtsreferent Heinritz wichtig, dass die Stipendien nicht allein aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, sondern "durch Spenden aus der Dachauer Zivilgesellschaft aufgebracht werden". Damit solle sichtbar werden, "dass die Bürgerinnen und Bürger der Stadt und des Landkreises Dachau Mannheimers Anliegen teilen." Zeigen sich die Dachauer großzügig, könnten auch mehr Stipendien finanziert werden - und auch noch mehr Jugendliche an dem jährlichen internationalen Treffen teilnehmen.

Über die Vergabe der Stipendien befindet eine dreiköpfige Jury: Andrea Heller vom Förderverein Dachau, Geschichtsreferent Günter Heinritz und Projektleiter Robert Philippsberg. Formale Vorgaben gibt es nicht, weder Herkunft noch soziale Bedürftigkeit. Entscheidend sei das Motivationsschreiben, erläutert Robert Philippsberg. "Es muss überzeugend dargestellt werden, was die Bewerber danach mit ihren gewonnene Eindrücken vorhaben." Mit eigenen Ausstellungen könnten die Jugendlichen als "Multiplikatoren" für die Jugendbegegnung in ihrem Heimatland auftreten. Dass beim ersten Stipendium wohl junge Philippinen zum Zug kommen werden, hat nicht damit zu tun, dass sie einen besonders weiten Weg haben, sondern dass sie alle im Medienbereich tätig sind und eventuell einen Film über die Jugendbegegnung drehen wollen.

Die Benennung des Stipendiums nach Max Mannheimer war naheliegend: Der Holocaust-Überlebende und Vorsitzende der Dachauer Lagergemeinschaft starb vor anderthalb Jahren im Alter von 96 Jahren. Ihm zu Ehren wurde das Jugendgästehaus in Max-Mannheimer-Studienzentrum umbenannt, auch der Platz vor der Dachauer Stadtbücherei trägt jetzt seinen Namen. Heinritz hält diese Ehrung für "ohne Zweifel angemessen", findet aber auch wichtig, dass seine zentrale Botschaft an die junge Generation weitergegeben wird.

Max Mannheimer war ein nimmermüder Mahner. Bis ins hohe Alter besuchte er Schulen und erzählte den Jugendlichen vom Schicksal seiner Familie. Immer wieder stellte er sich den schmerzlichen Erinnerungen, wie er mit seiner Familie nach Theresienstadt deportiert wurde. Wie die Nazis seine Eltern und zwei seiner Geschwister ermordeten. Wie er ins KZ Dachau verfrachtet wurde. Wie er mit Zwangsarbeit geschunden wurde, krank und hungrig, stets in Todesangst. Wenn die Schüler betreten schwiegen vor Scham über das, was ihre Landsleute dem netten Max Mannheimer und seiner Familie angetan hatten, gab er ihnen seine Botschaft mit: "Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber ihr seid dafür verantwortlich, dass sich das nicht wiederholen kann."

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Quelle:
SZ vom 08.05.2018
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