Neues Projekt:Schreibtisch für eine Stunde

Die Unternehmer Peggy und Jan Boltz wollen in der Altstadt Dachau mobile Arbeitsplätze mit Wir-Kultur etablieren. Ziel soll es sein, sich gegenseitig zu unterstützen, gemeinsam an Projekten zu arbeiten und Ideen zu verwirklichen

Von Jacqueline Lang, Dachau

"Bürogemeinschaft" hätte man früher einfach gesagt und wahrscheinlich nicht viel Aufhebens darum gemacht. Heute spricht man stattdessen von "Co-Working Space", und es klingt nach einer kleinen Revolution. Es sieht sogar ganz so aus, als hätte diese Revolution jetzt auch Dachau erreicht. Die Firma PointPro Solutions von Peggy und Jan Boltz, die sich auf Informationstechnik (IT) spezialisiert hat, sucht in der Dachauer Altstadt nach Kreativen. Sie sollten Lust haben, dort auch - zumindest temporär - ihr Lager aufzuschlagen und gemeinsam mit ihnen an Projekten zu arbeiten. Gemeinsames Schaffen auf Zeit, so lautet die Idee, die unter dem Namen Co-Working Space bereits in anderen Städten umgesetzt wird.

Neben zwölf Arbeitsplätzen befindet sich in dem Großraumbüro eine Gemeinschaftsküche mit dem für Kreativbüros obligatorischen Kicker. Ein Besprechungsraum ist ebenso vorhanden wie ein Schulungs- und Veranstaltungsraum. Bis Ende Januar, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind, möchte das Ehepaar Boltz seinen Co-Workern im oberen Stockwerk noch eine kleine Sauna, eine Dusche und einen Fitnessraum anbieten. Telefonzellen, in denen man ungestört telefonieren kann, sind ebenfalls geplant. All dies ist Dachaus erste Coworking Space und nennt sich Spa8ce.

Co-Working-Office

Noch sitzen Peggy und Jan Boltz (von links) ziemlich alleine in ihrem Großraumbüro, doch dass soll sich bald ändern.

(Foto: Niels P. Joergensen)

"Die Idee hatten wir schon vor drei Jahren", sagt Peggy Boltz, eine zierliche Frau mit Kurzhaarschnitt und randloser Brille. Doch die Suche nach den passenden Räumlichkeiten habe sich etwas länger hingezogen. Und dann ging am Ende alles doch ganz schnell, sagt Peggy Boltz. Erst im Oktober vergangenen Jahres fanden sie und ihr Mann den passenden Ort für ihre Idee. Knapp drei Monate später ist zwar noch nicht alles an seinem Platz, aber auf jedem Schreibtisch steht zumindest ein Computer und es gibt Internet. Mehr braucht der Arbeitsnomade von heute ja eigentlich auch nicht.

Auf der Homepage ist zu lesen, dass man sich einen Arbeitsplatz stundenweise, tagesweise oder monatsweise anmieten kann. "Der Stundentarif ist zum Beispiel für den Fall, dass jemand gerade in der Stadt ist und die Zeit zwischen zwei Terminen überbrücken will", sagt Peggy Boltz. Insgesamt lebt der Coworking Space von der Idee, dass der "Arbeitsplatz kein fester Ort" mehr sei, sagt Jan Boltz. Es gehe deshalb darum, Menschen branchenübergreifend zu vernetzen, Stichwort Community. Ziel dieser Gemeinschaft soll es sein, sich gegenseitig zu unterstützen, gemeinsam an Projekten zu arbeiten und Ideen zu verwirklichen. Zusätzlich will das Ehepaar Boltz auch Schulungen im Bereich IT anbieten oder Hardware-Programme zum Ausprobieren bereit stellen. Firmen soll so der Zugang erleichtert und Angst vor der häufig kompliziert erscheinenenden Bedienung abgebaut werden. Auch für das Ehepaar und seine Firma könnten sich, so die unausgesprochene Hoffnung, in Zukunft neue Aufträge ergeben. In erster Linie stehe aber nicht der Gewinn im Fokus, sondern eben besagte Community, wie Jan Boltz sagt. Komischerweise kauft man es dem Mann, der sein blondes Haar unauffällig kurz und dazu eine schwarze Fleecejacke und ausgebeulte Jeans trägt, ab, dass es ihm nicht allein um Profit geht. "Meist kann man sich als Start-Up oder junger Freiberufler solch ein Equipment nicht leisten. Bei uns bekommt man daher alles aus einer Hand", sagt Jan Boltz. Umsonst wird aber auch das wohl nicht sein. Und ist obendrein noch Zukunftsmusik: Nur vier von den zwölf Arbeitsplätzen sind aktuell belegt. Dort sitzen Peggy und Jan Boltz sowie zwei ihrer Angestellten. Bei der Firma PointPro Solutions ist das Prinzip mobiler Arbeitsplatz längst Realität. Von ihren insgesamt acht Mitarbeitern, die über Deutschland und Tschechien verteilt sind, arbeitet mehr als die Hälfte von Zuhause aus. Ein paar Mal im Jahr treffen sie sich alle in Dachau oder in Pilsen. Auch für solche Events soll der Spa8ce Platz bieten.

Co-Working-Office

Peggy und Jan Boltz sind die Gründer des ersten Co-Working Space in Dachau und wollen Freelancern und Kreativen einen Arbeitsplatz bieten, der stunden-, tage- oder monatsweise angemietet werden kann.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

"Es gibt bereits einige Interessenten", sagt Peggy Boltz bei der Frage nach weiteren Co-Workern. Weil die Bauarbeiten aber noch nicht abgeschlossen seien, plane man eine offizielle Einweihung erst für Anfang März. Bis dahin sollen die Plätze zumindest zeitweise vergeben sein. An Kreative, Freischaffende und kleinere Firmen. Alles kann, nichts muss, so das Motto. Wie das in Dachau ankommt, wird sich wohl erst noch zeigen.

An den Donnerstagen, 4. und 11. Januar, und danach jeden ersten Donnerstag im Monat ist das Spa8ce in der Konrad-Adenauer-Straße 23 in Dachau für alle Interessierten von 17 bis 18 Uhr geöffnet.

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