Süddeutsche Zeitung

Neues Gutachten:Nordumfahrung verlagert Probleme

Im Verkehrsausschuss wird über mögliche Verbesserungen der Verkehrslage in und um Dachau debattiert.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Das Gewerbegebiet Dachau-Ost sollte nur erweitert werden, wenn Umgehungsstraßen gebaut werden. Zu diesem Schluss kommt ein neues Gutachten des Ingenieurbüros Gevas Humberg und Partner. Die Lösung aller Probleme allerdings wäre die Umgehung nicht. Unumwunden erklärt Christoph Hessel von Gevas: "Eine verträgliche Verkehrsmittelwahl ist die einzige Lösung, um die boomende Region am Leben zu erhalten."

Vom Auto umsteigen auf andere Verkehrsmittel ist also unabdingbar. Eine allzu große Entlastung durch die Umgehungsstraßen sehen die Gutachter nicht. Vor allem auf der Schleißheimer Straße und an der Kreuzung mit der Alten Römerstraße bleibt es eng. Auch für den innerstädtischen Verkehr bringen die Umfahrungen keinerlei Entlastung.

Die CSU erhofft sich weiterhin viel vom dem Straßenbauprojekt

Im Verkehrsausschuss am Mittwoch haben die Stadträte erklärt, dass aus Sicht der Stadt Dachau einer Nordumfahrung nichts entgegen steht. Verkehrsreferent Volker C. Koch (SPD) erklärte allerdings, er werde die Eröffnung der Straße ohnehin nicht mehr erleben. Lediglich die CSU erhofft sich weiterhin viel vom dem Straßenbauprojekt und misst ihm höchste Bedeutung bei.

Das Landratsamt hatte im Frühjahr eine verkürzte Variante der Nordumfahrung ins Spiel gebracht. Diese sei schneller und günstiger zu verwirklichen und störe weniger Anwohner. Die Straße würde kurz vor Webling beginnen, die Pellheimer Ziegelei südlich umfahren und zwischen Prittlbach und Etzenhausen auf die Freisinger Straße beziehungsweise Staatsstraße 2338 treffen. Sinnvoll ist die Nordumfahrung nur in Verbindung mit einer Ostumfahrung Dachaus und Südumfahrung Hebertshausens. Landrat Stefan Löwl (CSU) versprach sich davon erhebliche Entlastungen für Dachau-Etzenhausen und Dachau-Ost.

Diese sind nun ganz so erheblich nicht. Für die Bajuwarenstraße ergibt sich laut Gutachten gar keine Verbesserung. Zudem hängt ein Straßenbauprojekt am anderen. So soll die Bundesstraße 471 Richtung Oberschleißheim vierspurig ausgebaut werden. Die Autobahnzufahrt soll zu einem sogenannten Vollkleeblatt erweitert werden. Eine Maßnahme hängt an der anderen. Würden zunächst nur die Umfahrungen fertig, stünden die Autofahrer letztlich nur schneller im Stau auf der B 471. Abhängig sind Stadt und Landkreis bei den Großprojekten von Bund und Freistaat, der Zeithorizont für die Planungen beträgt locker 20 Jahre.

Für Bernhard Sturm vom Bündnis ist die Umfahrung "ein Luftballon"

Das erklärt die gewisse Ruhe einiger erklärter Gegner der Umgehungsstraßen. "Ich glaube nicht an eine Nordumfahrung", sagte Volker C. Koch. "Das ist eine Illusion." Für Autofahrer aus Richtung Schwabhausen und Markt Indersdorf wäre sie ein Umweg. "Wir brauchen nur eine Westumfahrung." Für Bernhard Sturm vom Bündnis ist die Umfahrung "ein Luftballon", den man den Wählern vor die Nase halte. "Das ist keine Lösung für innerstädtische Verkehrsprobleme", sagte er und erklärte, Straßen generierten Verkehr.

Dem stimmte Ingenieur Christoph Hessel im Wesentlichen zu. Es komme zu einer Verkehrsverlagerung und dadurch zu Problemen an anderer Stelle. Unerlässlich sei, so Hessel, den öffentlichen Nahverkehr und den Radverkehr zu stärken. Dem stimmte Peter Strauch von der CSU zwar zu, erklärte aber, man müsse "an allen Fronten kämpfen" und die Nordumfahrung sei ein wichtiger Baustein zur Lösung der Verkehrsprobleme und "extrem wichtig". Die ÜB sieht das genauso.

Die Stadt Dachau wird ihre positive Stellungnahme an das Landratsamt weiterreichen. In der Sitzung des Kreisausschusses am Freitag in einer Woche wird die Nordumfahrung ebenfalls auf der Tagesordnung stehen.

Die Stadt sucht eine Lösung für die Kreuzung Schleißheimer/Alte-Römerstraße

Vorerst versucht die Stadt, weiterhin selbst eine Lösung für die viel befahrene Kreuzung Schleißheimer/Alte-Römerstraße zu finden. Noch in diesem Jahr soll das Steuergerät für die Ampelanlage ausgetauscht werden. Damit soll eine "Verbesserung der Verkehrsqualität" um zehn Prozent erreicht werden, hieß es im Ausschuss. Zumindest ein bisschen flüssiger würde der Verkehr also wohl werden. "Das löst aber das Problem nicht", sagte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Eine spürbare Entlastung sei demnach wohl nur durch eine Veränderung der Kreuzung zu erreichen. Etwa einen Kreisverkehr. Allerdings ist nicht klar, ob dafür die Flächen ausreichen. Ingenieur Hessel gab zu Bedenken, dass auf zweispurigen Kreisverkehren relativ viele Unfälle geschehen, weshalb mancherorts die zwei Spuren wieder in eine zurückverwandelt wurden. Zudem müssten bei einem zweispurigen Kreisverkehr Fuß- und Radwege über oder unter dem Autoverkehr hinweg geführt werden.

Das Bauamt soll nun Lösungen für die Kreuzung erarbeiten. Einfach wird das nicht. So muss vermieden werden, dass Autofahrer ins Wohngebiet Marienburger Straße und Paula-Wimmer-Straße ausweichen. Deutlich wurde auch in dieser Sitzung: Verbesserungen im Nah- und Radverkehr lassen sich deutlich schneller umsetzen. So wurde beschlossen, im gesamten Stadtgebiet MVG-Mietradstationen aufzustellen und Busfahrzeiten in allen Stadtgebieten auszudehnen.

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Quelle:
SZ vom 21.09.2018
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