Neues Cafe in der Altstadt:"Zwei Espresso für Caspar!"

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Johannes und Antje Zauner beleben die Altstadt mit einem Tagescafé, in welchem sie nicht nur im Haus gerösteten Kaffee anbieten, sondern mit der Einrichtung auch an die ehemalige Nutzung als Druckerei erinnern.

Von Johannes Vogel

Manchmal gibt es Situationen im Leben, da scheint sich einfach alles zu fügen. So ist mehreren Zufällen zu verdanken, dass nun im Zaunerhaus im Herzen der Dachauer Altstadt ein neues Tagescafé öffnete. Wo Antje Zauner heute Gäste mit im Hause geröstetem Kaffee und Gerichten aus selbst angebautem Gemüse verwöhnt, waren in den vergangenen Jahrhunderten verschiedene Gewerbe ansässig.

Bereits 1624 wurde das Anwesen erwähnt. Ein Geschichtsschreiber bewohnte damals das Haus, später beherbergte es eine Brauerei. Nach einem Brand neu errichtet, diente das Gebäude erst als Waschhaus, dann als Druckerei. 1909 erwarb Hans Zauner, Urgroßvater des heutigen Cafébesitzers, das Anwesen. Er übernahm den Druckereibetrieb und führte ihn unter eigenem Namen fort. In den folgenden Jahrzehnten erweiterte die Familie den Betrieb um eine Buchbinderei. Die Enkelin von Hans Zauner gründete einen Verlag, um die im Hause gedruckten und gebundenen Bücher zu veröffentlichen. Doch als ihr Sohn Johannes 17 Jahre alt war, starb sie. Die Familie Bechtold übernahm den Betrieb und lagerte ihn schließlich nach Dachau-Ost aus, wo er inzwischen schließen musste. Die freien Räumlichkeiten im Hause Zauner wurden fortan als Büro genutzt. In der ehemaligen Werkstatt wirkte über Jahre der Künstler Heiko Klohn.

Mit den Jahren wurde die Sanierung der alten Bausubstanz unerlässlich. Dabei musste auch die ineffiziente Elektroheizung des Hauses ersetzt werden. Johannes Zauner gehört das hintere Gebäude, während der Vorderteil im Besitz seines Onkels ist. Die oberen Stockwerke vermietet die Familie als Wohnungen. Die Renovierung warf die Frage nach der Zukunft der Räumlichkeiten im Erdgeschoss auf. Die Lage in der Augsburger Straße 9 ist einzigartig. Johannes Zauner sah für die Nutzung ein größeres Potenzial als profane Büroräume. "Man könnte die Räume der Öffentlichkeit zugänglich machen", dachte er sich. Die Antwort lieferte seine Frau Antje. Sie hat bei Dallmayr die Ausbildung zur Köchin gemacht und unter anderem auch in dem berühmten Feinkostgeschäft gearbeitet. So hatte das junge Paar die Idee, ein Café einzurichten - mit Antje Zauner als Chefin.

Die Gestaltung des Cafés übernahm Johannes Zauner, gelernter Innenarchitekt, selbst und verwandelte die zuvor düsteren Büroräume in einen freundlichen und einladenden Ort. Der Raum wirkt wegen der offenen Form, des Interieurs und der vielen Fenster sehr hell. Sitzmöbel, Boden und Wandverkleidungen aus Holz verleihen dem Café eine warme Atmosphäre.

Im Detail zeigt sich besonderer Einfallsreichtum. So hat jeder Tisch einen Namen. Wer bestellen oder bezahlen will, braucht einfach nur "Zwei Espresso für Caspar!" zu rufen. Der Name steht auf hölzernen Druckblöcken, die früher in der Druckerei zum Einsatz kamen. Die Idee kommt bei den Gästen anscheinend gut an: Das Namensschild des "Emil" ist schon gestohlen worden. Eine weitere Hommage an die frühere Nutzung als Druckerei sind die Reliefs von Buchstaben verschiedener Schriftarten an der Wand. Wie auf einem Druckblock stehen die Zeichen spiegelverkehrt. Auch das Bücherregal ist ein historischer Wink. "Bücher machen einen Raum heimelig", sagt Zauner. Natürlich dürfen auch Bücher des ehemaligen Hausverlags nicht fehlen. Der Hof war früher wegen seiner Hanglage kaum zu nutzen. Zauner ließ ihn einebnen und gestaltete einen gemütlichen Außenbereich fürs Café. Von außen kaum einsehbar, bildet er im Kontrast zur viel befahrenen Straße eine grünen Ort der Ruhe.

In der Küche zaubert die Hausherrin täglich wechselnde Mittagsgerichte. Der Schwerpunkt liegt auf Kuchen und Snacks wie Panini sowie einer großen Auswahl an teils ungewöhnlichen Getränken. Die regionale Herkunft der Produkte ist der Köchin sehr wichtig. "Wir haben nicht nur Bio-Sachen, denn die kommen oft von weit her", sagt Zauner. Dafür sind viele Lieferanten in wenigen Kilometern Umkreis. Kräuter und Gemüse baut sie im Garten selber an.

Die Familie Zauner möchte mit ihrem Konzept Menschen aller Generationen ansprechen und "kein Szenecafé" etablieren. Besonders auf Gäste mit Kindern geht das Café ein. Eine Ecke lädt kleine Gäste zum Verweilen ein: Vor den Blicken der Erwachsenen verborgen, können sie sich unter einem Baldachin auf eine Matratze fläzen, Radio hören, Bilderbücher ansehen oder mit Holzdrucklettern als Bauklötzchen spielen. Die drei Kinder des Hausherrn selbst finden das Café super. Auch für Johannes Zauner und seine Frau ist Zeit für die Familie sehr wichtig. Deshalb öffnet das Café weder abends noch sonntags. Allerdings richtet das Ehepaar auf Anfrage Partys am Abend aus.

Eine unerwartete Entwicklung nahm die Suche nach einem regionalen Kaffeeröster. Auf Nachfrage verwiesen viele Cafés immer wieder auf einen gewissen Johannes Bayer aus Schwabhausen. Beim Kennenlernen sagte Bayer nicht nur zu, das Café Zauner zu beliefern. Er suchte für seinen Betrieb auch neue, größere Räumlichkeiten. Was bot sich eher an als die leer stehende Werkstatt im hinteren Teil des Hauses Zauner? Das Café ist für alle ein Gewinn. Vor allem aber profitiert die Dachauer Altstadt, die nach dem Schließen manch anderer Cafés nun von einem ganz besonderen geschmückt wird.

© SZ vom 18.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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