Neuer Ausstellungsort :Ein Schaufenster für die Kunst

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Lochners neues Kunstdomizil ist in der Konrad-Adenauer-Straße 7. (Foto: Niels P. Joergensen)

Der Dachauer Galerist Josef Lochner übernimmt das Bürgerbüro des ehemaligen Landtagsabgeordneten Martin Güll in der Altstadt. Dort sollen alle zwei Monate Werke von zum Teil weltberühmten Künstlern ausgestellt werden.

Von Gregor Schiegl, Dachau

"Die drei Grazien" sind schon da: Die handsignierte Aktgrafik des Neo-Expressionisten Markus Lüpertz steht auf einer Staffelei im Schaufenster. Daneben verkündet ein Schild: "Bald zieht die Kunst ein." Die Politik ist schon draußen aus der Konrad Adenauer-Straße 7. Mit dem Absturz der Sozialdemokraten bei der Landtagswahl hat der Dachauer SPD-Abgeordnete Martin Güll quasi über Nacht sein Mandat verloren. Das Bürgerbüro in der Dachauer Altstadt brauchte er nicht mehr, das hat nun der Dachauer Galerist Josef Lochner übernommen, um daraus einen neuen Glanzpunkt der Kunst mit überregionaler Strahlkraft zu schaffen. "Dieser Ort soll ein Kunsttreff werden", erklärt der neue Mieter. "Ein Ort, an dem man sich austauscht und Kontakte knüpfen kann."

Kunstwerke soll man hier natürlich auch zu sehen bekommen. Geplant sind wechselnde Ausstellungen im Turnus von zwei Monaten. Josef Lochner lockt mit weltberühmten Namen: Juan Miró. Salvador Dalí. Markus Lüpertz. Armin Müller-Stahl. Letztgenannter war bis zum Ende einer Filmkarriere 2006 ein international erfolgreicher Schauspieler, hat sich aber auch als Künstler, insbesondere als Zeichner, einen Namen gemacht. Es ist nicht so, dass Lochner sich nicht für die Maler der Region begeistern könnte - in seine Privatsammlung finden sich allein mehr als 100 Werke des Dachauer Landschaftsmalers Ludwig Dill - aber an seiner neuen Adresse spart er die Dachauer Kunst bewusst aus. "Ich will keine Konkurrenz zur örtlichen Kunstszene in Dachau schaffen", sagt er. "Es soll eine Bereicherung sein."

Die erste Ausstellung im Januar zeigt ganz neue Arbeiten des Künstlers Markus Lüpertz. Bereits im Frühjahr hatte Lochner eine Lüpertz-Ausstellung organisiert. (Foto: Toni Heigl)

Die erste Ausstellung in der Konrad-Adenauer-Straße 7 ist bereits in Planung, und wie es die "drei Grazien" im Schaufenster schon ahnen lassen, wird es eine Lüpertz-Ausstellung sein. Unterstützt von seiner "kunstverrückten Rentner-Crew", Gerhard Niedermair und Dieter Rothe vom Förderverein Wasserturm, hat Lochner bereits im Frühjahr das leer stehende Untergeschoss des Kaufhauses Rübsamen in eine Interimsgalerie verwandelt und dem staunenden Dachauer Publikum Skulpturen und Grafiken des berühmten Künstlers präsentiert. Es war der zweite Streich, nachdem er dort unmittelbar zuvor die erste Beuys-Ausstellung in der Geschichte der Stadt Dachau organisiert hatte mit zum Teil noch nie gezeigten Arbeiten und das auch noch bei freiem Eintritt. Was von den begeisterten Besuchern, angelehnt an den Namen der Eigentümer des Hauses, schon scherzhaft als "Kunsthalle Scherm" bezeichnet wurde, findet nun rund 200 Meter weiter seine Fortsetzung. Und gleich wieder mit Lüpertz: "nigelnagelneue" Arbeiten des großen Malerfürsten zum Thema Sternzeichen. Aus lizenzrechtlichen Gründen dürfen vorab allerdings noch keine Fotos davon veröffentlicht werden.

"Ich wollte schon immer ein Schaufenster für die Kunst in der Altstadt", bekennt Lochner, und besser als in dem alten Haus aus dem 19. Jahrhundert, unter dessen Giebel noch der Rest eines alten Flaschenzugs aus der Fassade ragt, hätte er es kaum treffen können. Genutzt wurde der Raum im Erdgeschoss schon für vielerlei Zwecke, unter anderem als Maklerbüro, auch ein Whirlpool-Verkäufer hatte hier sein Geschäft. Aus dieser Zeit stammt noch der geflieste Boden und die antik stilisierten Säulenreliefe an der Wand.

Geöffnet sein soll die kleine Galerie zwei Tage in der Woche, arbeitnehmerfreundlich am Samstagvormittag und an einem Wochentag am Abend, sowie nach Rücksprache mit Lochner. Mit Rücksicht auf die begrenzten Platzverhältnisse will Josef Lochner keine Vernissagen machen, was aber nicht heißt, dass der Kunst- und Weinkenner dort nicht auch mal einen guten Tropfen kredenzt. Es gibt eine Küche und bald auch einen Kühlschrank.

Fast fertig: Josef Lochner installiert Deckenstrahler. (Foto: Niels P. Joergensen)

Für die Immobilie in bester Altstadtlage hatte Vermieter Rudi Trinkl viele Anfragen, fünf davon seien von "seriösen, solventer Interessenten" gekommen, erzählt er. Trotzdem sei ihm die Wahl nicht schwer gefallen. "Ich finde es gut, wenn wieder mehr Leben in die Altstadt kommt." Das war ihm wichtiger als dicke Business-Pläne. Profit abwerfen wird die Galerie ohnehin kaum, es ist eine Liebhaberei: Lochner hat durchgerechnet, ob er sich die Immobilie auch leisten könnte, sollte er in den drei Jahren, die der Mietvertrag läuft, nicht ein einziges Kunstwerk verkaufen. Lochner kann. Und ergänzt: "Man muss aber auch sagen, dass die Miete, die verlangt wird, sehr fair ist."

Ganz so einfach wie es klingt, ist die Unternehmung allerdings nicht. "Ich musste erst drei Hürden nehmen", sagt Lochner. "Meine Frau, meinen Steuerberater und meine Versicherung." Sowohl Lochners Frau Ursula als auch der Steuerberater hatten keinerlei Bedenken, doch an der Versicherung wären seine Pläne beinahe gescheitert. Werke namhafter Künstler sind teuer. In der kleinen Galerie können schon mal Werte bis zu 300 000 Euro zusammenkommen, die müssen mit entsprechend guten Alarmsystemen gesichert sein. Aber auch diese Aufgabe konnte Lochner mittlerweile lösen. Am vergangenen Mittwoch hat er den Mietvertrag unterschrieben.

Martin Güll kommt im neuen Jahr bestimmt auch mal wieder vorbei. In Josef Lochners Nachrichtenverteiler hat er sich jedenfalls schon mal eintragen lassen.

© SZ vom 27.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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